- Ein Gedanken-Austausch am Samstag-Abend - Emerald, 13.07.2002, 21:54
- 6. Kondratieff - Praxedis, 13.07.2002, 23:22
- Re: 6. Kondratieff Frage: Wo von lebst du? Antwort: Von (Licht) Luft und Liebe - Hörbi, 13.07.2002, 23:30
- Re: 6. Kondratieff - Amanito, 14.07.2002, 00:02
- Amanito - Dein Eintrag zählt nicht mehr - es ist schon Sonntag morgen:-) - Praxedis, 14.07.2002, 00:14
- @Amanito - QuertreiBär, 14.07.2002, 11:48
- Re: @Amanito - Amanito, 14.07.2002, 15:56
- Re: @Amanito - --- ELLI ---, 14.07.2002, 16:58
- Re: @Amanito - Amanito, 14.07.2002, 20:30
- Re: @Amanito - --- ELLI ---, 14.07.2002, 16:58
- Re: @Amanito - Amanito, 14.07.2002, 15:56
- Re: 6. Kondratieff - Campo, 14.07.2002, 07:13
- Re: 6. Kondratieff - YIHI, 14.07.2002, 13:40
- Re: 6. Kondratieff - Rezession und Marktbereinigung - Campo, 14.07.2002, 17:53
- Guter Beitrag! - YIHI, 14.07.2002, 20:16
- Re: 6. Kondratieff - Rezession und Marktbereinigung - Campo, 14.07.2002, 17:53
- Re: 6. Kondratieff - YIHI, 14.07.2002, 13:40
- Re: Ein Gedanken-Austausch am Samstag-Abend - Euklid, 14.07.2002, 10:31
- @euklid - daxput, 14.07.2002, 10:51
- Re: @daxput - QuertreiBär, 14.07.2002, 11:43
- Re: @quertreibär... - daxput, 14.07.2002, 12:08
- Re: @euklid / @daxput - --- ELLI ---, 14.07.2002, 16:47
- Re: @daxput - QuertreiBär, 14.07.2002, 11:43
- @euklid - daxput, 14.07.2002, 10:51
- Re: Ein Gedanken-Austausch am Samstag-Abend - --- ELLI ---, 14.07.2002, 16:34
- 6. Kondratieff - Praxedis, 13.07.2002, 23:22
Re: 6. Kondratieff - Rezession und Marktbereinigung
>>die Rezession und Depression mit"Marktbereinigung" zu umschreiben, erinnert unwillkürlich daran, den Ort, wo der strahlende Atommüll verbuddelt wird, mit Entsorgungspark zu benamsen. In dieser Art der Wortschöpfungskreativität waren die Deutschen immer schon gut. Vielleicht kann diese Unart auch mal irgendwie"abgewickelt" werden.
>Dann erkläre uns mal, wie es zu einer Rezession kommt. Eine Rezession IST eine Marktbereinigung, schau doch nur mal, wie's jetzt in den USA aussieht. Alles kommt raus, von Insidertrading bis Bilanzfälschung, fantastische Firmen gehen pleite...
Marktbereinigung klingt positiv. Erscheint als etwas unvermeidbares, Notwendiges. Wie der Frühjahrsputz. Ist lästig, anstrengend und zuweilen quälend, aber muß sein. Reinigen ist gut.
Diesen Begriff im Zusammenhang mit Rezession, gar Depression zu verwenden, hat für mich eine durchaus auch zynische Note, was ich mit meinem Posting zum Ausdruck geben wollte.
In einer Rezession gehen reihenweise Unternehmen pleite, was für die Angestellten oftmals tragisch ist, besonders für die Älteren. Wenn es eine unvermeidbare"Marktbereinigung" ist, weil zum Beispiel das hergestellte Produkt keinen Umsatz mehr findet, weil es nicht mehr gebraucht wird, aus der Mode gekommen ist oder es niemand mehr haben will - dann sind es schmerzliche Prozesse, aber unvermeidliche.
Nur ein Beispiel hierfür ist, dass in den letzten ca 7 Jahren der Beruf des technischen Zeichners (des handwerklichen!) fast ausgestorben ist. Seit CAD und CARD hat dieser Arbeitsmarkt und mit ihm alle diesen zuliefernden Branchen gewaltige Einbrüche erleben müssen. Nur noch Künstler und Kinder colorieren, oder kennt noch jemand ein Ingenieurbüro, welches Bunt- und Filzstifte braucht.
In meiner letzten Firma gingen die gesammelten Reste kartonweise zu Kindergärten, die jetzt als Kunden auch noch ausfielen.
Dies ist ein Beispiel von einem marktbereinigenden Prozess, der, so schmerzlich für die Betroffenen, unvermeidlich ist. Da sowas regelmäßig in einer Wirtschaft vorkommt, mal die Branche, mal die andere, müssen solche Prozesse nicht gleich Rezessionen sein.
Was ist aber, wenn es sich um ein Produkt handelt, welches man gerne in Anspruch nehmen wollte, es aber aus Zukunftsangst bleiben läßt? Zum Beispiel eine große Reise, den Ausbau seiner Wohnung. Eine Ausgabe also, die ein Bürger gerne machen würde, es aber bleiben läßt,"weil die Zeiten ja so schlecht sind"."Ich könnte ja arbeitslos werden und sollte mir lieber etwas zurücklegen" oder"Blos jetzt keinen noch so kleinen Kredit aufnehmen - wer weiß was kommt" sagt sich der Bürger und verzichtet. Und weil er verzichtet, fehlen den Betrieben die Umsätze, und weil die Umsätze fehlen, ist auch bald der Arbeitsplatz u.U. gerade unseres verzichtenden Bürgers weg. Und vermutlich fühlt er sich dann noch ob seines richtigen Handelns bestätigt, obwohl er Teil der Ursache seines Arbeitsplatzverlustes war.
Und so etwas empfinde ich als tragisch: Es ist wie ein kollektiver self-fulfilling-prophecy - Prozess. In ein und derselben Person vereinigt sich die Fähigkeit zu Arbeiten und der Wunsch, sich etwas zu leisten - und trotzdem ist er zur Untätigkeit gezwungen.
Und da stimmt etwas ökonomisch-organisatorisches nicht. Marktbereinigung im Sinne des erstgenannten Beispieles, kann ich dies nicht mehr nennen.
Drittes Beispiel: Da ist ein Unternehmen, welches Pleite geht, weil es nicht rentabel ist, obwohl es lohnend ist. Die Umsätze reichen voll und ganz aus, um alle Löhne (incl. des"Unternehmerlohnes") zu bezahlen und auch um den Kredit Stück für Stück zu tilgen, aber es reicht nicht für die Renditen des investierten Kapitals. Für mich ist sowas durchaus noch ein"gesundes" Unternehmen, aber es ist nun mal - nach der kapitalistischen Terminologie - nicht rentabel, gehört daher marktbereinigt. Auch sowas empfinde ich als tragisch, und es ist der Ausgangspunkt, wo man sich schon mal die Systemfrage stellt.
Was als"Marktbereinigung" in einer Rezession daherkommt, und sich vom Begriff her mit"natürlichen" marktbereinigenden Prozessen (im Sinne der ersten Beispieles) tarnt, ist bei näherem Hinsehen ein Reinigungsprozess nur des Kapitalmarktes, wo die Rendite einen bestimmten % Satz nicht unterschreiten darf. Sollte die Renditenrate gefährlich nahe an diesen % Satz kommen, erfolgt die"Reinigung" - mit stahlhartem Besen.
Gruß
Campo
PS: Dass im Zuge der Rezession Bilanzierungsfälschereien u.ä. ans Tageslicht kommen, ist m.E. nur eine (wenngleich positive) Begleiterscheinung in einer Rezession, aber nicht systemimmanent für diesen Prozess. Aber zugegeben: In einer Rezession wird so manches verschnarchte Unternehmen (besonders die, die von öffl. Aufträgen leben) richtig aktiv und kreativ.
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