- Geld, Schmutz, Blut - Taktiker, 19.07.2002, 22:48
Geld, Schmutz, Blut
Gastkommentar zu Bankskandal, Telekom Scharping etc.
Die Verschuldung des Staats ist das direkte Interesse der durch das Parlament herrschenden und gesetzgebenden Bourgeoisfraktion. Das Staatsdefizit, es ist eben der eigentliche Gegenstand ihrer Spekulation und die Hauptquelle ihrer Bereicherung. Jede neue Anleihe bzw. Privatisierung bietet der Finanzaristokratie neue Gelegenheit, den künstlich in der Schwebe des Bankerotts gehaltenen Staat zu prellen - er muß unter den ungünstigsten Bedingungen mit den Bankiers kontrahieren. Jede neue Anleihe oder Privatisierung gibt eine zweite Gelegenheit, das Publikum, das seine Kapitalien in Staatsrente anlegt, durch Börsenoperationen zu plündern, in deren Geheimnis Regierung und Parlamentsmehrheit eingeweiht sind. Überhaupt bietet der schwankende Stand des Staatskredits und der Besitz der Staatsgeheimnisse den Bankiers wie ihren Affiliierten im Parlament die Möglichkeit, außerordentliche, plötzliche Schwankungen im Kurse der Staatspapiere hervorzurufen, deren stetes Resultat der Ruin einer Masse kleinerer Kapitalisten sein muß und die fabelhaft schnelle Bereicherung der großen Spieler. Die enormen Summen, die so durch die Hände des Staates fließen, geben überdem Gelegenheit zu gaunerischen Lieferungskontrakten, Bestechungen, Unterschleifen, Spitzbübereien aller Art. Die Übervorteilung des Staates, wie sie durch die Anleihen im Großen geschieht, wiederholt sich bei den Staatsarbeiten im Detail. Dem Staat wälzt das Parlament die Hauptlasten zu, und der spekulierenden Finanzaristokratie die goldenen Früchte. Die kleinste finanzielle Reform scheitert dagegen an dem Einflusse der Bankiers. So z. B. die Postreform.
Indem die Finanzaristokratie die Gesetze gibt, die Staatsverwaltung leitet, über sämtliche organisierte öffentliche Gewalten verfügt, die öffentliche Meinung durch die Tatsachen und durch die Presse beherrscht, wiederholt sich in allen Sphären dieselbe Prostitution, derselbe schamlose Betrug, dieselbe Sucht, sich zu bereichern, nicht durch die Produktion, sondern durch die Eskamotage schon vorhandenen fremden Reichtums, bricht namentlich an den Spitzen der bürgerlichen Gesellschaft die schrankenlose, mit den bürgerlichen Gesetzen selbst kollidierende Geltendmachung der ungesunden und liederlichen Gelüste aus, wo Geld, Schmutz und Blut zusammenfließen. Die Finanzaristokratie, in ihrer Erwerbsweise wie in ihren Genüssen, ist nichts als die Wiedergeburt des Lumpenproletariats auf den Höhen der bürgerlichen Gesellschaft.
Karl Marx
(Der Text, den unser Autor 1850 unter dem Titel »Die Klassenkämpfe in Frankreich 1848 bis 1850« verfaßte, wurde leicht aktualisiert und ins Präsens gesetzt)
{zu finden heute in - na wo wohl? - Junge Welt}
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