- Der Euro! Gründe für und gegen ihn und die bisherigen Folgen des Euroverfalls - Sascha, 12.09.2000, 15:22
- Re: Der Euro! Gründe für und gegen ihn und die bisherigen Folgen des Euroverfalls - JüKü, 12.09.2000, 15:35
- Re: Der Euro! - PeMo, 12.09.2000, 15:59
Der Euro! Gründe für und gegen ihn und die bisherigen Folgen des Euroverfalls
Hi!
Ich habe viele Gründe für den Euro gehört, die meistgenannten waren:
- Der Euro vermeidet Wechselkursgebühren (Richtig! Aber dieses Argument ist ein Witz. Hier geht's um Summen die sind einfach für den einzelnen fast als lächerlich zu bezeichnen! Da spart man vielleicht 30 DM bis 50 DM Wechselgebühr pro Urlaub wenn's hoch kommt. Wenn ich aber momentan nur einmal Urlaub z.B. in den USA machen will zahle ich 25% (soviel ist der Euro seit der Einführung gefallen) mehr für meinen gesamten Urlaub! Das ist dann schon eine ganz andere Summe)
- Der Euro verbindet Europa (Bisher habe ich nur dauernd gegenseitige Schuldzuweisungen, also eher das Gegenteil gesehen wer denn am Euro-Verfall Schuld sei. Einmal war's der Schröder mit der Holzmann-Aktion und dem inkompententen Satz von Anfang letzter Woche ("der Fall des Euro sei mehr ein Anlaß zur Freude als zur Sorge") und ein andermal waren es die Boykotte in Frankreich und dann mal wieder die instabile italienische Regierung oder die Sondergenehmigung für Italien mehr Schulden machen zu dürfen. Von den Zankgesprächen bei der Wahl des EZB-Chefs will ich mal gar nicht sprechen. Alle Staaten bis auf Frankreich waren dafür, daß Wim Duisenberg nicht nach der halben Amtszeit"freiwillig" abtritt. Trotzdem setzte sich Frankreich gegen alle anderen durch. Bisher ist dieses Argument also auch nicht gerade übezeugend.
- Der Euro schafft einen gemeinsamen Binnenmarkt (Argument lasse ich im Großen und Ganzen gelten, der Binnenmarkt hat gewisse Vorteile, allerdings sollte man das nicht rosarot ausmalen. Diesen Binnenmarkt Europa gab es eigentlich auch schon vor dem Euro.
- Der Euro ist leichter mit Devisen zu verteidigen da man zusammen größere Reserven hat(Stimmt! Aber dreimal dürft ihr raten welche Nationalbank mit Abstand am meisten Geld zur EZB verfrachtet hat? Für Italien & Co ist das ein großer Vorteil für Deutschland eher wenig. Die deutsche Bundesbank hatte selbst sehr hohe Devisenreserven und das Image der Mark tat seinen Rest das Spekulanten praktisch nie gegen die Mark spekuliert haben.
- Der Euro kurbelt den Export an (ist richtig! Im ersten Moment könnte man durchaus denken, daß damit ein schwacher Euro bzw. allgemein eine schwache Währung besser ist als ein starker Euro bzw. eine allgemein starke Währung). Man vergißt bei dieser Rechnung aber daß die Importpreise ebenso anziehen und mit einer zeitlichen Verzögerung auch die Produzenten- und schließlich Verbraucherpreise steigen lassen. Daraus ergibt sich eine importierte Inflation. Es kommt zur Preiserhöhungen. Um nur einige Beispiele zu nennen. Preiserhöhungen gab es dadurch v.a. bei Mikrochips, Prozessoren, Hardware allgemein, HiFi-Geräten, Kakao, Kaffee, Ã-l (!!) und praktisch allen anderen Rohstoffen (fast alle werden in US-$ gehandelt). Inflation bedeutet Zinserhöhungen. Was Zinserhöhungen allgemein für die Gesamtwirtschaft bedeuten weiß jeder!
- Die Wechselkursschwankungen gegenüber"Außenwährungen" würden geringer werden (Falsch: Das Gegenteil ist der Fall. Man schaue sich die hohen Volatilitäten gegenüber Yen und US-$ an manchen Tagen nur mal an)
Nun mögen einige sagen, die DM wäre genauso gefallen mit dem Argument, der US-$ sei bei Euro-Einführung bereits von rund 1,34 DM auf rund 1,70 DM gefallen. Natürlich stimmt das. Aber mit der Einführung einer neuen Währung änderte sich erstens die Psychologie und zweitens traten sofort nach Einführung Spekulanten auf,"die es wissen wollten", was die neue Währung so aushält. (bei der DM wären die nicht so plötzlich auf einmal alle aufgetaucht). Mittlerweile sagt man ja schon, die Spekulanten wollen testen, wo die EZB ihre Schmerzgrenze hat und interveniert!
Nun! Oben nannte ich einige Argumente für den Euro und es gibt wohl noch ein paar mehr, aber ganz so überzeugend sind sie alle nicht, wenn man sich folgende Frage stellt:"Warum wird eine Weltwährung (neben US-$, Yen, Schweizer Franken und Pfund) wie die DM auf's Spiel gesetzt!? War die DM etwa schlecht? Die DM galt als Symbol für den Wohlstand. Mit ihrer Einführung 1948 (Währungsreform) begann sozusagen das deutsche Wirtschaftswunder. Klar hat die DM im Inneren Wert über die Jahre auch verloren und die Preise sind in den rund 50 Jahren auch kräftig angestiegen, aber vergleicht man die DM mit allen anderen Weltwährungen so war sie eine der STABILSTEN überhaupt.
Es ist sehr verärgerlich was alles mit der Einführung des Euro gelaufen ist. Die Einberechnung der unbekannten Schwarzarbeit ins BIP im Falle Italien ist ja nur eine einzige unter allen diesen Sauerein. Mit dem klaren Bruch der Maastrichter-Kriterien schließlich wurde der Euro dann schließlich doch"überall" eingeführt und dann auch Deutschland aufgedrückt. Alle durften darüber abstimmen, selbst die Häuptlinge auf den ehemaligen französischen Inselkolonien. Klar mag der ein oder andere Politiker zurecht behaupten, daß Volksabstimmungen auch Nachteile haben, da die Bürger hier nur mit Ja und Nein abstimmen können und vielleicht von Vorurteilen geprägt dadurch eine eigentlich gute Sache verhindern. Aber die möglichen Vor- und Nachteile wurden vor der Einführung des Euro dauerhaft diskutiert und gezeigt. Es ist also keineswegs so, daß sich der Bürger hierüber keine eigene Meinung bilden konnte. Die Zahl der Euro-Gegner war größer als die der Euro-Befürworter. Letztendlich gab es eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht, welches hier nur die Zuständigkeit abstritt und sich nicht richtig mit der Sache beschäftigte. Dann kam der Euro schließlich und die Zahl der Euro-Gegner fiel kurz darauf drastisch als die Börsen am 04. Januar 1999 regelrecht explodierten und man den Euro feierte. Viele Gegner des Euro haben auch eine neutrale Position eingenommen nach dem Motto"zu Verhindern ist es ja sowieso nicht mehr also warten wir halt erst mal ab". Irgendwie nur logisch, daß gerade diese Leute jetzt wieder laut werden.
<font color="#FF0000"> Es hieß ja vor der Einführung des Euro immer: Der Euro wird steigen auf mindestens 1,30 USD/EUR bis 1,35 USD/EUR. Welcher Experte sah ihn eigentlich nicht steigen? Heute sagen die gleichen Leute auf einmal:"Der Euro sei zu seiner Einführung überbewertet gewesen". SoSo - auf einmal war er jetzt überbewertet. </font>
Nach den Poltikern konnte der Euro ja NUR VORTEILE haben. Ich hoffe immer noch, daß der Euro als ein Erfolg in die Geschichtsbücher eingehen wird, aber die Chancen schwinden und schwinden.
Nun aber mal zu einigen konkreten Nachteilen des Euroverfalls, die wir schon heute spüren:
- Der Euroverfall verursacht eine importierte Inflation. Die Importpreise steigen und später auch die Produzenten - und Verbraucherpreise. Vor allem Mikrochips, Rohstoffe (werden ja fast alle in US-$ gehandelt, hierbei denke man vor allem an das Ã-l und die derzeitigen Benzinpreise), HiFi-Geräte usw.
Darauf folgen schließlich dann auch konjunkturabschwächende Zinserhöhungen zur Bekämpfung der Inflation (und zur Stärkung der Währung). Die Folgen kann sich jeder ausmalen.
- Die Wechselkursschwankungen gegenüber"Außenwährungen" sind größer geworden
- Spekulanten treiben ihr Unwesen
- Der Euro ist politisch sehr sensibel
- Urlaubsreisen wurden z.T. sehr viel teurer
- Europäisches Vermögen (im Euroraum) wird billiger. Erstes Opfer: Mannesmann. Vodafone hat viele viele Milliarden gespart durch den gefallenen Euro.
Ich hoffe darauf, daß die Politiker endlich Klartext reden und die Wahrheit (auch wenn sie noch so schwer ist) zugeben und etwas dagegen unternehmen. Sich hinstellen und bei einem Kurs von 1,05 USD/EUR und dann bei 0,98 USD/EUR und schließlich bei eine Kurs von 0,89 USD/EUR zu sagen:"Der derzeitige Eurokurs ist nicht schön, aber er sollte sich bald erholen und man sollte es nicht überdramatisieren" bringt nichts. Wenn etwas nicht schön ist sollte man auch was dagegen machen!!!
Bleibt für den Euro nur zu hoffen, daß die Dänen nicht tatsächlich gegen den Euro stimmen und die Schweden am Ende noch dessen Einführung verschieben.
Mit einer sich verlangsamenden US-Wirtschaft und Einbrüchen am US-Aktienmarkt sehe ich für den Euro gute Chancen für einen vorerst deutlichen (!) Anstieg.
Allerdings bleibt eine Bedrohung in der Zukunft:
- Wehe wenn Polen, Tschechien, Litauen, Ungarn & Co und später vielleicht noch Türkei, Bulgarien und Rumänien in die EU kommen! Was passiert dann? EU-Ziel ist u.a. die Schaffung relativ gleicher Lebensverhältnisse in allen Gebieten. Was meint ihr wer das bezahlt? Die Folgen dieses für die Währung sind wohl jedem klar! Aber gut, soweit ist es ja noch nicht!
Auch bleibt folgende Frage offen:
- Viele Staaten mit unterschiedlicher Poltik und unterschiedlich starker Konjunktur und unterschiedlichen Wirtschaftsdaten aber ein einziger Zinssatz für alle? Für die armen Regionen die gleichen Zinsen wie führ die boomenden reichen Regionen? Dies ruft Spannungen hervor. Man denke an die gegenteilige These der Politiker -"Der Euro verbindet Europa". Aber auch falls es die eigentlich verbotenen Transferzahlungen über irgendwelche Tricks dann doch gibt, ist die Unzufriedenheit dann bei denen am größten, die die Sauerei bezahlen. Hoffen wir das diese Spannungen dann nicht Ursache für das Scheitern des gesamten Projektes werden.
[b] <font color="#0000FF"> Sascha </font>
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