- Wofür Kolonien? - Warengesellschaft 10 - Wal Buchenberg, 24.07.2002, 07:41
Wofür Kolonien? - Warengesellschaft 10
5.1.1. Sonderfälle erzwungener Koloniegründung
Für einen erzwungenen Auszug und die Gründung einer neuen Stadt gab es drei allgemeine Gründe: Einmal die Flucht einer ganzen Stadt mit Frauen und Kindern vor drohenden Feinden. Die älteste, halb märchenhafte Erzählung über eine solche Fluchtkolonie findet sich bei Homer, der von den sagenumwobenen Phäaken erzählt, dass sie zunächst „nahe bei den Kyklopen“ wohnten, „den übermütigen Männern, welche sie immer beraubten und mächtiger waren und stärker.“ Bis sie unter Führung ihres Königs Nausithoos, sich eine neue Siedlung in Übersee suchten: „Aber sie führte von dannen Nausithoos... brachte nach Scheria sie, fern von den erfindsamen Menschen, und umringte mit Mauern die Stadt und richtete Häuser, baute Tempel der Götter und teilte dem Volke die Äcker.“ (Odyssee, 6, 5 ff.)
Historisch verbürgt ist, dass die Phokäer mit der gesamten Einwohnerschaft über das Meer flüchteten, als sie von der Landseite aus von den Persern belagert wurden (Boardman, S. 193).
Zum zweiten konnten mehrere Missernten mit nachfolgender Hungersnot eine längere Phase des Wohlstands und des Bevölkerungswachstums unterbrechen. In diesem Fall verließ ein Teil der Bevölkerung die Stadt, meist nur kriegstüchtige Männer. Chalkis sandte bei einer akuten Hungersnot ein Zehntel der Bevölkerung aus, um Rhegion zu gründen. Eine entsprechende Schilderung eines lydischen Kolonisationszuges liest man bei Herodot: Mit Blick auf die griechischen Bräuche schreibt er: „Die Lyder haben fast die gleichen Gewohnheiten wie die Griechen... Zu den Zeiten des Königs Atys... sei eine große Hungersnot in Lydien entstanden.... Weil aber die Not nicht nachließ, sondern immer zunahm, teilte ihr König Lydien in zwei Teile und machte durch das Los aus, welcher Bewohner bleiben und welcher aus dem Land ziehen sollte... Diese andere Partei zog also aus dem Land... und baute Schiffe, auf welche sie alles, was zur Reise nötig war, brachten und dann sich einschifften, Unterhalt und Land zu suchen....“ (Herodot, I, 86.) Obwohl hier eine Hungersnot als Grund für die Ausschiffung angegeben wird, besaßen die Lyder doch genügend Lebensmittel und Ressourcen, um Schiffe zu bauen und sie für eine mehrmonatige Expedition auszurüsten.
Ein dritter Grund für eine erzwungene Koloniegründung waren befürchtete oder tatsächliche politische Unruhen in einer Stadt, was die herrschende Mehrheit dazu bewegte, die unzufriedene Minderheit fortzuschicken oder die chancenlose Minderheit dazu brachte, die Stadt mit ihren Anhänger zu verlassen, so etwa die Messenier, die in Rhegion zu den Chalkidiern stießen.
Wie gesagt, Berichte über aus der Not geborene Koloniegründungen hatten für die Griechen einen hohen Unterhaltungswert. Koloniegründungen waren jedoch eine risikoreiche Angelegenheit, die ein hohes Maß an wirtschaftlicher Planung und militärischer Organisation voraussetzte.
In späterer hellenistischer Zeit gab es in vielen griechischen Gebieten große Hungersnöte, aber Koloniegründungen folgten daraus nicht, weil sich das militärische Risiko in dem Maße erhöhte, wie die wirtschaftlichen Randzonen sich entwickelten und der technische und militärischen Vorsprung, den mögliche griechische Kolonisten vor den Bewohnern eines potentiellen Kolonialgebietes hatten, zusammenschmolz.
Zunehmend stießen Neugründungen auch auf den erbitterten Widerstand bestehender griechischer Kolonien in der Nachbarschaft.
Als der spartanische Heerführer Xenophon ein vor Babylon geschlagenes griechisches Söldnerheer um 400 v. Chr. quer durch Kleinasien bis zur Küste des schwarzen Meeres geführt hatte, kamen ihm folgende Gedanken: „dass Schwerbewaffnete in seinem Heer vorhanden waren, ebenso wie viele Leichtbewaffnete, dazu Bogenschützen, Schleuderer und auch Reiter, und zwar infolge der ständigen Übung alle bereits sehr tüchtig, und dass diese sich im Gebiet am Pontos befanden, wo man für wenig Geld eine so bedeutende Heeresmacht nicht hätte aufstellen können; dabei kam ihm der Gedanke, dass es schön wäre, durch Gründung einer Kolonialstadt dem griechischen Vaterlande Gebiet und Macht hinzuzuerwerben. Er glaubte auch, dass diese Stadt groß werden könnte, wenn er ihre eigene große Zahl und die um den Pontos wohnenden Griechen in Erwägung zog.... Als die Soldaten dies hörten, meinten die einen, es sei das beste hier zubleiben, die meisten waren aber völlig dagegen.“ (Xenophon, Anabasis, 5,6.) Die günstige Zeit der erfolgreichen Koloniegründungen war um das Jahr 400 vorbei.
5.2. Teilnehmer der Kolonisationszüge
Die Organisation solcher expansiven Koloniegründungen ging in der Regel von einer einzelnen Stadt aus, die als Mutterstadt („Metropolis“) das Unternehmen leitete, manchmal ergriff sogar ein einzelner Aristokrat die Initiative, aber fast immer werden dann andere Städte und Landesteile dazu aufgerufen, weitere Teilnehmer für diese Koloniegründung zu schicken. Dennoch erreichte jede dieser ausziehenden Gruppen nur eine relativ kleine Zahl. Sonst wäre es nicht denkbar gewesen, dass eine Stadt vier oder fünf Koloniegründungen in einer Generation losschicken konnte. Auch war auf einer Inschrifttafel aus dem 4. Jahrhundert v. Chr., die die Gründungsmitglieder einer neuen Kolonie namentlich aufführte, „nur für 150 bis höchstens 300 Namen Platz.“ (Murray S. 147.) Ein einziges griechisches Schiff konnte zur Not diese Anzahl aufnehmen.
Sobald sich diese Erstsiedler in dem okkupierten Gebiet festgesetzt hatten, waren sie als Stadtgründer in einer privilegierten Stellung. Sie verteilten unter sich das Land, schufen sich eine Verfassung und verteilten die ersten Ämter unter sich. Viele Kolonien in Süditalien wurden von einem Rat der Tausend regiert, die ihre Abstammung auf die Erstsiedler zurückführten. Die Aristokratie von Syrakus nannte sich „gamoroi“: ‚die sich das Land aufgeteilt haben‘. (Murray, S. 149)
Der Erfolg einer Kolonie zog aber auch „Nachzügler“ an, die sich, wenn sie einzeln kamen, nicht unbedingt in einer günstigeren Lage befanden als in ihrer Heimat. Archilochos nennt solche Leute einmal den „Abschaum von ganz Hellas“. (zit. n. Murray S. 152.) Bessere Bedingungen konnten ausgehandelt werden, wenn eine geschlossene Gruppe aus der Mutterstadt oder einer anderen Stadt, mit der die Kolonie gute Beziehungen unterhielt, von der Kolonie aufgenommen wurde. Der bei der Gründung verteilte Boden blieb dabei unangetastet, aber die Nachzügler erhielten Neuland in der umliegenden Gegend.
Bei Kolonien wie Syrakus, Tarent und Gela ist auffällig, dass die Hauptebene, wo die Erstsiedler ihre Äcker aufgeteilt hatten, keine Siedlungsspuren aufweist. Die Erstsiedler lebten also alle hinter den Stadtmauern. Rings herum entstanden aber griechische Dörfer, wo offenbar die Nachzügler angesiedelt wurden. (Murray, S. 149.)
5.3. Zielorte und Zwecke der Koloniesuche
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5.3.1. Ackerbaukolonien
Die Suche nach fruchtbarem Ackerland müssen wir als Haupttriebfeder der Kolonisationsbewegung annehmen, was den zeitgenössischen Quellen so selbstverständlich schien, dass es nicht berichtenswert war. Immerhin bildet bei Homers Geschichte von den Phäaken die Verteilung des Ackerlandes den Abschluss und Endpunkt der Neugründung. In Süditalien hat man bei Metapontion parallel verlaufende Felder aus antiker Zeit auf einer Länge von fast zehn Kilometern entdeckt, die jeweils durch einen schmalen Graben im Abstand von 210 bis 240 Metern abgetrennt waren. (Murray, S. 148f.)
Bei der Verteilung des Landes wurde nicht nur auf Feldbau, sondern auch auf Gartenbau geachtet. Von der Insel Curzola in der Adria ist bekannt, dass bei einer späten Gründung im 3. oder 2. Jahrhundert neben Ackerland auch rund 3000 qm Weinberge zur Verteilung kamen. (Finley, Antike; S. 113.)
Eine solche Ackerbaukolonie, deren Zahl unter den Koloniegründungen bei weitem überwog, wurde „apoika“ oder „Tochtersiedlung“ genannt. Im Grunde sind alle Ansiedlungen an der kleinasiatischen Küste und auf den meisten Ägäisinseln sowie die Polis-Gründungen in Griechenland als Ackerbaukolonie zu verstehen. Sie sind das wirtschaftliche Fundament, von dem aus je nach Bedarf und Möglichkeiten die Versorgung mit zusätzlichen landwirtschaftlichen und nichtlandwirtschaftlichen Produkten wie Metallen oder Holz und schließlich auch Sklaven in Angriff genommen wurde. Aber auch die Mehrzahl der Kolonien im achten und siebten Jahrhundert wurden wohl hauptsächlich auf der Suche nach Land gegründet.
5.3.2. Versorgungskolonien
Ausgehend von der unhaltbaren Annahme, dass die Griechen im 8. und 7. Jahrhundert „nicht aktiv Handel betrieben” hätten (Heichelheim I., S. 239), erklärt Heichelheim einige Gründungen, die an Orten angelegt wurden, wo es kein oder fast kein fruchtbares Land gab, als „Piratennester” und „Bergwerkstationen”. “The Greek polis colonization of the 8th and 7th centuries B.C. developed nevertheless in no way from active trade yet. Rather did it begin, as we can establish with great certainty, from agrarian settlements, fishing stations, the castles of political overlords, the strongholds of pirates, or from mining outposts.” (Heichelheim I., S. 239.) Und: “Many early Greek colonies were founded in the sheltered places most favourable for piracy on the high sea and not near the most suitable harbours for foreign trade.” (Heichelheim I., S. 240)
Auf das Piratentum als kriegerischer Vorläufer und Zwillingsbruder des friedlichen Handels wurde schon eingegangen. Wer ein Piratennest anlegt, hat offenbar den Handel im Auge, wenn auch fremden Handel, und nicht Ackerbau.
Anders lagen die Verhältnisse in der Kolonie von Pithekussai auf Ischia, deren griechische Funde bis in die Zeit von 770 v. Chr. zurückgehen. Der Boden der vulkanischen Insel ist nur für Weinanbau geeignet, nicht für Getreideanbau. In den alten griechischen Siedlungen wurde Metallschlacke, Puddelluppe und die Mundstücke von Blasebälgen gefunden. Auf der Insel selber gab es jedoch keine Eisenvorkommen und das Eisen wurde, wie chemische Analysen vermuten lassen, von Elba herbeigeschifft. (Boardman, S. 199 und Murray S. 97) Auch bei Pithekussai wäre es mindestens missverständlich, von einer „Handelskolonie“ zu sprechen. Aber dass bei dieser Koloniegründung die Versorgung mindestens der Mutterstädte Chalkis und Eretria auf Euböa und ihres Einflussgebietes mit Eisen im Vordergrund stand, ist offensichtlich.
5.3.3. Handelsplätze (Emporion)
Bei Al Mina an der Orontesmündung in Nordsyrien hat man bei Ausgrabungen griechische Keramik aus dem letzten Viertel des achten Jahrhunderts v. Chr. gefunden, die auf eine zahlenmäßig nicht kleine griechische Ansiedlung verweisen. Ruinen aus der Zeit der Zerstörung von Tarsos haben vielleicht einen Zusammenhang. Wahrscheinlich kamen die Euböer über Zypern an diesen Handelsort und brachten wohl dorthin Sklaven, die sie erbeutet und Metalle, die sie selber gefördert hatten. Euböa verfügte über lokale Metallverkommen und hatte als erstes die Gusstechnik der östlichen Bronzekulturen übernommen. In Lefkandi auf Euböa waren Gussformen aus der Zeit um das Jahr 900 gefunden worden. (Boardman, S. 45f.) In Al Mina lebten die Griechen wahrscheinlich als fremde Minderheit in einem geschlossenen Wohnviertel neben Kyprioten und Phöniziern. Sicherlich war Al Mina ein wichtiger Stützpunkt für den Güteraustausch mit dem Osten, aber es wurde keine selbständige griechische Kolonie.
Ähnlich lag der Fall bei Naukratis in Ägypten. Zur der Zeit als die griechische Kolonisation an der Nordküste des Schwarzen Meeres einsetzte, die vielleicht mit einem wachsenden Getreidemangel in den großen griechischen Städten zusammenhängt, erfahren wir von der einzigen Ausländersiedlung in Ägypten.
Pharao Amasis, der mit Hilfe griechischer Söldner die Macht erobert hatte, gab diesen nach seiner Thronbesteigung „die Stadt Naukratis zu bewohnen“, die es also damals schon gegeben hat. (Herodot 2, 178.) Dass die Siedlung nicht erst zu diesem Zeitpunkt gegründet wurde, beweisen auch attische Vasenfunde aus der Zeit zwischen 620 und 600 v. Chr. „Denen aber, welche sich nicht daselbst wohnhaft niederlassen wollten, sondern nur Schifffahrt dahin trieben, gab er Plätze, Altäre und Heiligtümer für ihre Götter.“ (Herodot 2, 178.)
Naukratis wird vor allem als Exportgut ägyptisches Getreide umgeschlagen haben, das wohl mit griechischem Silber bezahlt wurde. Ägypten hatte sonst keinen Zugang zu Silber, war aber bekannt für seine Getreideüberschüsse. Der gesamte Außenhandel auch für Ã-l, Wein und Handwerksprodukte wie Amulette war vom ägyptischen Königshaus monopolisiert und die Existenz von Naukratis hing von der Gnade des Pharao ab.
Auch wenn wir davon nichts näheres wissen, muss es noch mehr Orte gegeben haben, wo Griechen nicht als kriegerische Kolonistenexpedition einen Ort besetzten, sondern als Kauffahrer sich einem bestehenden einheimischen Handelsplatz angeschlossen haben und allmählich ein griechisches Wohnviertel mit eigenem Warenumschlagplatz, ein sogenanntes „Emporion“ bildeten. Solche Orte standen nicht unter griechischer Souveränität. Ihr Gründungsdatum wurde daher nicht von griechischen Quellen vermerkt.
Für Marseille gibt es zwar ein Gründungsdatum um 600 v. Chr. (Boardman, S. 256), aber es ist dort von einer zahlreichen einheimischen Bevölkerung die Rede, was sonst für griechische Kolonien ungewöhnlich ist. Nach Marseille wurde das Zinn aus dem Norden entlang der Rhone ans Mittelmeer transportiert wurde, und von dort ins östliche Mittelmeer verschifft.
Bei Naukratis, Al Mina und Marseille muss man davon ausgehen, dass die Griechen dort Waren bezogen, für die sie im Austausch zahlen mussten. Aber selbst in diesen Fällen ist es nicht korrekt zu sagen, dass Marseille „in erster Linie als Hafen für den Handel mit Gallien gegründet“ (Boardman, S. 192) worden sei. Es ging den frühen Griechen nicht um „Handelsgebiete“ oder eine Handelsbilanz, sondern vor allem um ihre Selbstversorgung mit Gebrauchsgütern, über die Griechenland nicht oder nicht genügend verfügte.
5.4 Ablauf einer Koloniegründung
In der Regel wurde vor einer Koloniegründung das Orakel in Delphi befragt. Und die Priester dieses Heiligtums erklärten, ob eine Koloniegründung erwünscht sei, und was der passenden Ort und die passende Ausfahrtzeit sei. Mit diesen Weisungen war das Orakel so erfolgreich, dass Herodot andeutete, dass es für das Scheitern eines Kolonisationszug verantwortlich war, dass der Führer des Unternehmens „weder das Delphische Orakel um Rat frage, in welchem Land er sie ansiedeln sollte, noch die anderen üblichen Gebräuche beobachtete.“ (Herodot 5, 42.)
Einige Kolonien, die ohne Orakelspruch gegründet worden waren, ließen daher zur Legitimation nachträglich ein Gründungsorakel fälschen. (Vgl. Murray S. 146f.) Bei der bekannten Bestechlichkeit des delphischen Orakels - Herodot spricht davon, dass Seherin des Heiligtums „mit Geschenken beeinflusst werden“ konnte (Herodot 5, 62) und bald nach 490 v. Chr. wurde eine solche Seherin oder Pythia, wegen Bestechlichkeit verjagt - kann man davon ausgehen, dass der Spruch des Orakels um so günstiger wie der Erfolg des Kolonisationszugs um so sicherer war, je reicher und freigiebiger die Mutterstadt war. In seiner Anfangszeit scheint das Delphische Orakel von der Außenpolitik der Korinthischen Führung beeinflusst gewesen zu sein. Darauf deuten jedenfalls die ältesten erhaltenen Orakelsprüche hin. Auch wenn die Koloniegründer dieser Zeit nicht mit dem Segen der Götter rechnen konnten, so hatten sie doch den Segen Korinths.
Der Leiter eines Kolonisationszuges war in der Regel ein einflussreicher Aristokrat der Mutterstadt, der nach erfolgreicher Gründung auch nach seinem Tod in der neuen Siedlung als Stadtgründer und Held verehrt wurde, aber nur selten eine erbliche Monarchie errichten konnte. Nur im Fall von Kyrene ist es belegt, dass der Stadtgründer seine Herrschaft auf seinen Sohn weitergibt. (vgl. Murray, S. 146) Dem Koloniegründer wurde entweder per Losentscheid eine Mannschaft zugeteilt, die er nach eigenem Einfluss und Gutdünken ergänzen konnte, oder er konnte bei einem freiwilligen Auszug sich seine Mannschaft nach Belieben zusammenstellen.
Es werden wohl kaum mehr als 200 - 300 kriegsfähige Männer für einen freiwilligen Auszug zusammengekommen sein. Die Kolonisten bauten sich ein oder zwei Schiffe und nahmen Lebensmittel für mehrere Monate mit. Sie landeten am Zielort meist auf einer, dem Festland vorgelagerten Insel oder einer Landzunge, die sich gegen die einheimische Bevölkerung gut verteidigen ließ. Als erstes wurde ein Altar auf dem neuen Boden errichtet und das heilige Feuer entzündet, das man aus der Mutterstadt mitgebracht hatte. Der Stützpunkt wurde befestigt und die Kolonisten haben sich wohl in der Folgezeit ihre Lebensmittel zusammengeraubt. Sie konnten sich kaum ein Jahr lang bis zur nächsten Ernte aus ihren eigenen Vorräten ernährt haben.
Sobald die Kolonisten ihre Vorherrschaft in dem Gebiet gesichert hatten, zogen sie von ihrem Stützpunkt auf das gegenüberliegende Festland und verteilten das fruchtbare Land unter sich. Auch in Fällen, wo der erste Stützpunkt eine landwirtschaftliche Nutzfläche bot, wurde nach einiger Zeit die Landnahme auf das gegenüberliegende Festland ausgedehnt. Die Griechen in Methyma auf Lesbos gründeten, wahrscheinlich gegen Ende des achten Jahrhunderts, auf diese Weise Assos.
Solche „Peraia“, „gegenüberliegendes Land“, genannte Gebiete gründeten Chias auf der erythräischen Halbinsel, Samos auf Mykale, Ephesos besetzte Magnesia, auch Knidos besetzte den Küstenstreifen des Festlandes (Boardman, S. 100).
Viele Kolonien erreichten in kurzer Zeit einen größeren Wohlstand als ihre Heimatstadt. In diesen Fällen müssen die Kolonisten von einer einheimischen Bevölkerung kultiviertes Land und kein unbebautes Neuland unter den Pflug genommen haben. Das hätte nicht in so kurzer Zeit so reiche Ernten gebracht.
Herausbildung der Warengesellschaft in Griechenland (Bisheriger Text)
Wird fortgesetzt, Wal Buchenberg
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