- Kolonisten und Einheimische - Warengesellschaft 11 - Wal Buchenberg, 25.07.2002, 07:40
Kolonisten und Einheimische - Warengesellschaft 11
Griechen 11
5.5. Kolonisten und Einheimische
Dass die griechische Kolonisationsbewegung in der Regel nicht mit friedliche Mitteln betrieben werden konnte, geht sowohl aus Ablauf und Organisation eines solchen Auszugs hervor, wie aus Berichten von Kämpfen mit der einheimischen Vorbevölkerung. Darüber hinaus zeigen archäologische Funde, dass viele vorgriechische Siedlungen in griechisch kontrollierten Gebieten zerstört wurden. (Murray, S. 150f.)
Trotzdem herrschen bei heutigen Historikern über das Verhältnis der griechischen Kolonisten zur ansässigen Bevölkerung zum Teil recht idyllische Vorstellungen: „Als im Kielwasser der Kundschafter Kolonisten eintrafen, war es natürlich, dass sich die eingeborene Bevölkerung in ihre Gemeinden und teilweise ins Binnenland zurückzog und mit den Neuankömmlingen zu beiderseitigem Vorteil Handel trieb." (Hopper, S. 33) Da ist es ganz „natürlich“ und wohl „zum beiderseitigen Vorteil“, dass sich die eingeborene Bevölkerung „ins Binnenland“ zurückzog, und ihre Reichtümer und Äcker den Eindringlingen überließ - das Binnenland bestand aber entweder aus Steppe oder aus Bergland. Anschließend treiben die Beraubten mit den Räubern friedlichen Handel - womit eigentlich?
5.51 Tötung oder Vertreibung der Einheimischen
In einigen wenigen Fällen wie zum Beispiel bei Pithekussai, wo mehr oder minder unfruchtbare Inseln besiedelt wurden, darf man annehmen, dass die griechischen Kolonisten auf keine Vorbevölkerung trafen. Überall, wo es fruchtbares Land gab, muss man zumindest mit schwacher Besiedlung rechnen.
Schon bei der älteren, ionischen Kolonisation in Kleinasien ist die literarische Tradition „voll von Hinweisen auf anatolische Völker, auf die die Griechen stießen und die sie verdrängten.“ (Boardman, S. 34)
So wird von einem Bund der wichtigeren ionischen Kolonien aus dem neunten Jahrhundert berichtet, der darauf hinweist, dass die einzelnen Kolonien nicht auf sich gestellt in der Lage waren, ihre Existenz gegenüber den einheimischen Karern zu sichern. Da die Karer und andere Völker in Kleinasien keine Seefahrer waren, kann man annehmen, dass die Küstenstreifen von ihnen nur dünn besiedelt waren. Eine Verdrängung dieser einheimischen Bevölkerung aus den Küstengebieten war für eine Landmacht keine Existenzbedrohung. In Einzelfällen gab es auch eine Unterordnung früher griechischer Städte unter einen lykischen König. (Herodot, Stelle?)
Der Küstenstreifen von Nordafrika ist klimatisch weniger begünstigt als die Ägäis. Dennoch betont Herodot ausdrücklich, dass die Kolonisten dort auf eine einheimische Bevölkerung trafen: „Die Libyer und die Äthiopier sind Einheimische; jene bewohnen den nördlichen, diese den südlichen Teil. Die Phönizier und Griechen sind fremde Einwanderer.“ (Herodot 4, 197) Von der griechischen Kolonie Kyrene schreibt Herodot: „Es hat aber auch das kyrenäische Land, welches in dem Teil Libyens, den die Nomaden innehaben... drei bewundernswerte Gegenden;“ (Herodot 4,198)
Die militärische Umsicht, mit der die Kolonisten bei der Auswahl eines Zielortes vorgingen, beweist schon, dass sie mit bewaffnetem Widerstand der Einheimischen rechneten. „Die frühesten Gründungen in einem Gebiet waren meist mit besonderer Rücksicht auf Verteidigungs- und Seeverbindungsmöglichkeiten angelegt; dies gilt z. B. für Naxos auf Sizilien oder auch die Kolonien in der Nordägäis, wo die Chalkidike und Thasos vor den Bewohnern des Festlandes geschützt liegen.“ (Murray, S. 137)
Vor der Gründung von Syrakus hatten die Kolonisten sich auf der kleinen und nur einige hundert Meter vorgelagerten Insel Ortygia verschanzt, die erst nach der Vertreibung der ansässigen Sizilier durch einen Dammweg mit der Sizilischen Hauptinsel verbunden wurde.
Im Falle von Akragas, das 580 von Gela aus gegründet wurde, lässt eine Massenbestattung aus dem siebten Jahrhundert den Schluss zu, dass durch einen Vortrupp der eigentlichen Kolonisten eine Siedlung eingeborener Sizilier vernichtet wurde. (vgl. Boardman, S. 221)
Die ersten griechischen Kolonisten aus Megara in Sizilien wurden dort zunächst von den Siziliern vertrieben, und wichen nach einem zweiten vergeblichen Landungsversuch bei Leontinoi auf die steinige Halbinsel Thapsos aus. Dort wurden sie nach einigen Monaten vom Sizilierkönig Hyblon aufgefordert, einen Platz an der Küste einzunehmen, den sie Megara Hyblaia nannten und der zwangsläufig von der gut fünfzehn Kilometer südlich gelegenen größeren Stadt Syrakus beherrscht wurde. Im Jahre 438 v. Chr. wurde die Stadt dann durch Syrakus zerstört. (Boardman, S. 206f )
5.52 Versklavung der Einheimischen
Verschiedentlich gibt es Anzeichen für getrennte Gräberfelder für die griechischen Kolonisten und für eine arme und nur halb hellenisierte Bevölkerung. „Doch lassen sich nur zwei sicher bezeugte Fälle für die Existenz einer Klasse von Leibeigenen in den frühen Kolonien anführen: In Syrakus wurden die Güter der Aristokraten von einer Gruppe von Männern namens Killyrioi (Eselsmänner?) bewirtschaftet, die Aristoteles (Frg. 586 Rose) mit anderen versklavten Völkern vergleicht... Der zweite Fall ist anders gelagert: In Herakleia an der Südküste des Schwarzen Meeres hatten sich die Mariandynoi, ein lokaler Stamm, angeblich freiwillig, den griechischen Kolonisten ausgeliefert und arbeiteten nun auf deren Feldern;..... es war ausdrücklich vereinbart, dass kein solcher Ackerknecht nach auswärts verkauft werden durfte.“ (Murray, S. 150f )
Das entsprach ganz den Gewohnheiten, mit denen die Spartaner in der Lakedaimonischen Heimat ihre unterworfenen Heloten behandelten. Die Dorer, die später als andere Griechen nach Griechenland einwanderten, waren anders als die Ionier gewohnt, sich die einheimische Vorbevölkerung zu unterwerfen, um von deren landwirtschaftlicher Arbeit zu leben.
Bei Kolonisierungen unter dorischer Führung wie in Syrakus, in Herakleia am Pontos, in Byzanz, wohl auch sonst um das Schwarze Meer können wir davon ausgehen, dass sich diese dorischen Griechen gerade gut besiedelte und kultivierte Gebiete für ihre Landnahme suchten, um sich die einheimische Bevölkerung zu unterwerfen und botmäßig zu machen, auch wenn die Quellen darüber wenige Aussagen machen.
Ist es nun eher Blauäugigkeit oder blanker Zynismus, wenn ein Wissenschaftler aus der Tatsache, dass Ausgrabungen in einer griechischen Kolonie das Fortbestehen vorgriechischer Bestattungsbräuche und Keramikfunde beweisen, auf eine „friedliche Integration“ dieser Bevölkerung schließt? Boardman schreibt: „Wenn vorgriechische Keramikformen, Sprache und religiöse Bräuche fortbestanden, so zeigt das, dass die Einheimischen von den griechischen Eindringlingen auf friedliche Weise integriert wurden...“ (Boardman, S. 98)
Die kriegerisch-aristokratische Lebensweise der Spartaner war nicht möglich ohne die Ausbeutung einer unterworfenen Landbevölkerung. In der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts, also in der hohen Zeit der griechischen Kolonisation, versuchten die Spartaner auch ihre griechischen Nachbarn auf der Peloponnesischen Halbinsel zu unterwerfen. diese Messener widersetzten sich zwanzig Kriegsjahre lang gegen eine „friedliche Integration“ durch die Spartaner und auch nach ihrer „Integration“ hatten ihnen die Spartaner jährlich neu den Krieg erklärt, um jeden neu aufkommenden Widerstand zu ersticken. Jugendliche Spartaner gingen straflos auf Menschenjagd, um ihren Mut durch Morde an den Heloten unter Beweis zu stellen.
Kann man mit Recht annehmen, dass diese Spartaner oder andere Dorer bei einer Koloniegründung mit einer fremden Vorbevölkerung freundlicher umgegangen sind, als sie es bei ihren griechischen Nachbarn gewohnt waren?
Von langjährigen Kriegen der Kolonisten mit Einheimischen zeugen die Dichtungen des Archilochos. Dessen Vater hatte im ersten Viertel des siebten Jahrhunderts von Paros aus die Kolonie Thasos gegründet. Die archäologischen Funde legen nahe, dass die Siedlung schon zu einem gewissen Wohlstand gekommen war, als der junge Archilochos aus der Heimat in die Kolonie seines Vaters kam.
Archilochos verdiente dort Lebensunterhalt als Söldner mit dem militärischen Schutz der griechischen Kolonisten: „Diener des Ares bin ich, des Herrschers im Schlachtengetümmel“(Archilochos 1 W = 1 D. zit. n. Murray, S. 138) und: „Gerstenbrot und ismarischen Wein verschafft mir die Lanze, trinke ich, stehe ich auch fest auf die Lanze gestützt.“ (Archilochos 2 W = 2 D. zit. n. Murray, S. 138)
Er hinterließ Lieder, die vom erbittertem Widerstand der einheimischen „Thraker, diese Hunde“ (Archilochos 93a W = 51 D. zit. n. Murray, S. 138) zeugen: „Irgendein Saier (Thraker) brüstet sich jetzt mit dem prächtigen Schilde, den ich im Dickicht verlor - wahrlich, das wollte ich nicht! Aber ich selbst entkam! Was soll mich der Schutzschild noch kümmern? Fort! Ich schaffe mir bald einen noch besseren an.“ (Archilochos 5 W = 6 D. zit. n. Murray, S. 138)
Von seinen griechischen Mitkolonisten und seiner neuen Heimat spricht Archilochos allerdings nicht freundlicher: „Abschaum von ganz Hellas, so kamen wir auf Thasos zusammen.“ (Archilochos 102 W = 54 D. zit. n. Murray, S. 138) „Und wie ein Eselsrücken, so starrt die Insel durchweg von dem wilden Wald... Das ist kein schöner Platz, gar nicht begehrenswert und gar nicht lieblich...“ Thasos war auch nicht wegen seiner Naturschönheiten begehrt, sondern wegen Goldvorkommen.
5.53 Frauen- und Lebensmittelraub
Mit Ausnahme vielleicht der Führerschaft, die ihre Familien mitnehmen konnten, zogen bei einer freiwilligen Koloniegründung nur kriegstaugliche Männer ohne Frauen und Familien aus. Sie konnten erwarten, dass sie an ihrem neuen Zielort nicht nur Land für ihren Lebensunterhalt, sondern auch Frauen für ihre Fortpflanzung vorfinden würden. Der Frauenraub war als alter Brauch weder für die raubenden Männer, noch für die geraubten Frauen ehrenrührig. Gewisse Hochzeitsbräuche in verschiedenen Kulturen deuten ja darauf hin, dass der Frauenraub älter als die mit Einwilligung der Eltern gestiftete Heirat war. Für die Bräute wird das eine wie das andere auf ein und dasselbe hinausgelaufen sein: Die Einwilligung der Braut war bei der gestifteten Eheschließung ebenso wenig erforderlich wie beim Raub.
Der Frauenraub war in der antiken Welt so sehr üblich, dass er zu Herodots Zeiten nicht mehr als Kriegsgrund galt: „Bisher war nichts weiter geschehen, als dass von beiden Seiten Weiber entführt worden waren.... Weiber entführen sei eine Ungerechtigkeit; wegen der Entführten auf Rache zu denken, eine Torheit; sich um die Entführten nicht weiter bekümmern eine Klugheit....“ (Herodot, 1, 4)
Berichtenswert war der Frauenraub in der griechischen Literatur nur, wenn sich daraus ungewöhnliche, erzählenswerte Folgerungen ergeben haben.
Über die Gründer von Milet berichtete Herodot: „Diejenigen aber unter ihnen, welche aus dem Prytaneum der Athener ausgezogen sind und sich für die edelsten unter den Ioniern hielten, nahmen keine Weiber mit in die neue Pflanzstadt, sondern heirateten Frauen aus Karia, deren Eltern sie umgebracht hatten. Um dieses Mordes willen machten diese Weiber ein Gesetz und verbanden sich selbst durch einen Eid zu demselben, befahlen auch dasselbe ihren Töchtern an, niemals mit ihren Männern zu speisen, niemals ihren Mann bei seinem Namen zu rufen, darum, dass sie ihre Väter, Männer und Kinder erwürgt und nach dieser Tat sie zum Beischlaf gebraucht hätten. Dieses aber war zu Milet geschehen.“ (Herodot 1, 136)
In späteren Zeiten, die der Kolonisation folgten, galten einheimische Frauen den Griechen der Kolonialstädte nicht mehr als ebenbürtig. Dennoch wiesen dann immer noch alteingesessene Kolonisten-Familien, wie in Thasos, stolz auf thrakische Vornamen in ihrer Genealogie hin, was auf ganz frühe Verbindungen mit einheimischen Frauen und damit auf „Gründeradel“ schließen ließ. (Murray, S. 149)
Auch in Halikarnass und Knidos, den ältesten griechischen Städten in Kleinasien lassen sich fremde Bevölkerungsteile durch karische Vornahmen noch in klassischer Zeit nachweisen. Im nordafrikanischen Kyrene hielten sich noch in Herodots Zeit die Frauen an gewisse nichtgriechische Ernährungsvorschriften: „Von Kühen zu essen halten auch die kyrenäischen Weiber nicht für erlaubt wegen der Isis in Ägypten, welcher zu Ehren sie Fast- und Festtage halten.“ (Herodot 4, 186)
Ernster als die Entführung von Frauen muss der Raub von Lebensmitteln gegolten haben. Wie aber sollen ausfahrende Kolonisten sich ohne Lebensmittelraub ein Jahr lang ernährt haben, bis sie frühestens auf eine Ernte im neuen Land hoffen konnten?
5.54 Friedliches Miteinander als Ausnahmen
Die - relativ späte - Gründung von Marseille scheint mit Billigung und Einwilligung der einheimischen Bevölkerung geschehen zu sein. Von dort wird jedenfalls ausdrücklich berichtet, dass es ein gutes Verhältnis zwischen griechischen Kolonisten und den Bewohnern des Landes gegeben hat.
Iustin berichtet, dass die Einheimischen von den Griechen daran gewöhnt wurden, „nach Gesetzen und nicht bloß mit Waffengewalt zu leben, auch Reben zu beschneiden und Ã-lbäume anzupflanzen; und bald war es um Menschen und Dinge so glanzvoll bestellt, dass nicht Griechenland nach Gallien ausgewandert, sondern Gallien nach Griechenland versetzt zu sein schien.“ (Iustin 43, 3-4. zit. n. Murray, S. 141f.)
Auch bei Torre Galli in Süditalien sieht es aus, als hätten dort Griechen in einer Siedlung zusammen mit Einheimischen gelebt. ( Boardman, S. 22)
Es wird verschiedentlich davon berichtet, dass einheimische Herrscher eine Koloniegründung geduldet oder unterstützt haben, wie der lydische König Gyges, der den Miletern erlaubte, Siedler an den Hellespont nach Abydos zu schicken. (nach Strabon, vgl. Boardman, S. 110) Aber das muss keineswegs mit Einwilligung der dort ansässigen Bevölkerung geschehen sein. Es sind Fälle bekannt, wo Koloniegründungen im feindlichen Gebiet unterstützt werden, um einen Gegner zu schwächen. (vgl. Murray, S. 136) An der Nordküste des Pontos z. B. scheinen die lokalen skythischen Anführer mit den griechischen Kolonien zusammengearbeitet haben: Die skythischen Fürsten lieferten Getreide und ihre eigenen Untertanen als Sklaven, die Griechen tauschten dafür Luxusgegenstände aus Metall, die sich in großer Zahl in skythischen Fürstengräbern gefunden haben. (Murray, S. 141)
Wie so häufig erfahren wir auch bei der Kolonisation von Kyrene aus den Quellen zunächst nichts von militärischen Zusammenstößen. Nachdem sich die Kolonisten schon sechs Jahre an der Küste festgesetzt hatten, einigten sich die Anwohner der Kyrenaika mit den Griechen auf eine Teilung des Landes zwischen Kolonisten und Einheimischen. Dass es sich bei dieser Gebietsteilung aber nicht um eine Freundesgabe gehandelt hatte, können wir zwischen den Zeilen des Herodot lesen: „Die Libyer führten die Kolonisten also weg, traten aber die Reise erst gegen Abend an; damit nämlich die Griechen die schönste unter allen Gegenden im Durchzug nicht sehen möchten, hatten sie die Stunde des Tages so abgepasst, dass sie des Nachts vorbeizogen... Als sie die Griechen an eine Quelle... gebracht hatten, sagten sie: Ihr Griechen, hier ist es euch vorteilhaft, zu wohnen;“ (Herodot 4, 149) Die Griechen waren offenbar militärisch so stark, dass sie sich „die schönste unter allen Gegenden“ sich mit Gewalt hätten aneignen können, wenn sie nur davon Kenntnis gehabt hätten. Die ersten sechs Jahre an der Kyrenaischen Küste hatte sich also kein Grieche einen Tagmarsch tief ins Landesinnere gewagt.
Diese Landzuteilung stellte jedoch die griechischen Kolonisten nicht auf Dauer zufrieden und als die aufblühende Kolonie weitere Nachzügler anzog, okkupierten die Kolonisten weiteres Land ohne Einwilligung der Libyer. Herodot erzählt weiter: „Die im Land wohnenden Libyer und ihr König Adikran, welche ihres Landes beraubt waren und von den Kyrenäern viel Mutwillen erleiden mussten, schickten nach Ägypten und baten den König in Ägypten, Apries um Hilfe.“ (Herodot 4, 150) Trotz dieser „gütlichen“ Einigung kam es zu weiteren Schlachten. Im verlustreichsten Kampf verloren die Kyrenaiker einmal 7.000 Schwerbewaffnete.
Ob nun die einheimische Bevölkerung von den griechischen Kolonisten vertrieben, verdrängt, unterworfen oder getötet wurde, die Kolonisation konnte nur in den wenigsten Fällen mit friedlichen Mitteln durchgeführt werden. Selbst wenn kein Widerstand mehr von Einheimischen zu befürchten war, stießen bald die Interessen benachbarter Kolonien aufeinander und die griechischen Kolonien führten dann untereinander Krieg.
5.6. Resultate der griechischen Kolonisation
Herodot beginnt seine Geschichtsschreibung mit den Worten, er habe sie geschrieben, um „die großen und bewundernswürdigen Taten der Griechen und der Fremden gebührend“ zu preisen. (Herodot 1,1) Zu Beginn hatte er mehr bewunderungswürdige Taten von den Nichtgriechen als von den Griechen zu berichten. Erst zu späterer Zeit, als die Griechen ihren kulturellen Rückstand gegenüber den asiatischen Fremden aufgeholt hatten, wurde dem Herodot sein positives Fremdenbild zum Vorwurf gemacht.
Durch die Kolonisation des östlichen Mittelmeerraumes kamen die Griechen in direkten und dauerhaften Kontakt mit den alten Hochkulturen des Ostens in Kleinasien, Syrien, Ägypten und Mesopotamien und deren kulturellen technischen und wirtschaftlichen Errungenschaften. Die lernbereiten Griechen passten die Errungenschaften der alten östlichen Hochkulturen an ihre indogermanischen Verhältnisse und Gewohnheiten an und verbreiteten sie - teils direkt, teils durch spätere Vermittlung über die Römer - allmählich in ganz West- und Nordeuropa. Dazu zählte die Mathematik, die Schrift, die Astrologie, die Medizin, die Eisentechnologie, die Steinarchitektur.
Die frühe griechische Philosophie von Thales bis Heraklit war eine landwirtschaftlich geprägte, ganzheitliche Naturphilosophie, die auch östliche Einflusse aufgenommen hatte. Die klassische griechische Philosophie eines Platon und Aristoteles war dagegen eine Eigenschöpfung der ersten überwiegend Waren produzierenden Gesellschaft der Menschheitsgeschichte mit einem Handwerkergott im Zentrum allen Geschehens und dem handwerklichen Arbeitsprozess mit Ideal (Zweck), Mittel (Werkzeug und tätiges Sein) und ruhendes Sein (Produkt/Wirklichkeit) als den zentralen Denkkategorien, von denen aus alle Wirklichkeit erklärt wurde. Diese handwerklich geprägte Denkweise der Griechen legte die Grundlagen des christlichen Abendlandes.
Die Mannigfaltigkeit der Naturbedingungen, der landwirtschaftlichen und handwerklichen Produkte, der gesellschaftlichen und politischen Zustände, mit denen die Griechen durch ihre Kolonisation in engen und ständigen Kontakt kamen, bildeten einen mächtigen Ansporn für die Vermehrung ihrer Kenntnisse und Interessen, die Vermannigfachung ihrer materiellen und geistigen Bedürfnisse, die Ausbildung ihrer Fähigkeiten und die Herausbildung einer verstärkten Arbeitsteilung.
Ein wachsender Teil der lebensnotwendigen Güter wurde in den großen griechischen Städten nicht mehr zur Selbstversorgung produziert, sondern für einen Markt. Dieser Markt lebensnotwendiger Güter war in Transportzeiten gerechnet ebenso weit gespannt wie unser heutiger Weltmarkt. Über die Hälfte des athenischen Getreideverbrauchs wurde in klassischer Zeit von Ägypten und vom Schwarzen Meer in einer Transportzeit von mehreren Wochen und ungünstigen Fällen von mehreren Monaten herangeschifft.
Militärisch erreichte das Netzwerk griechischer Siedlungen mit seinen zerstreuten Machtzentren mit relativ geringem Einsatz an Waffen und aktiven Kriegern eine Lebensfähigkeit, die es ihm erlaubte, in den Perserkriegen den Angriffen der damaligen einzigen Supermacht erfolgreich Widerstand zu leisten.
Die Siege gegen die Perser leiteten die kurze Blütezeit der griechischen Klassik ein.
Herausbildung der Warengesellschaft in Griechenland (Bisheriger Text)
Wird fortgesetzt, Wal Buchenberg
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