- @silverwagle, auf 9:1-Posting. - Taktiker, 30.07.2002, 00:13
- @Taktiker: Die Macht und ihre Tribute - silvereagle, 31.07.2002, 00:51
- Re: @silvereagle - ---- ELLI ----, 31.07.2002, 01:02
- Geht klar! owT - silvereagle, 31.07.2002, 01:12
- Re: @silvereagle - ---- ELLI ----, 31.07.2002, 01:02
- @Taktiker: Die Macht und ihre Tribute - silvereagle, 31.07.2002, 00:51
@silverwagle, auf 9:1-Posting.
Hallo Adler,
Antwort auf Posting unten:
also das wird mir jetzt zu filigran.
Nur soviel: Steuer ist keine Enteignung, sondern ein Tribut. Tribut hat es immer gegeben und wo viel geradezurücken ist, muß man besonders hart eintreiben. Der Mensch gibt nunmal nicht gerne ab, und das trifft eben meistens auf die am meisten zu, die am meisten geben könnten. Auch schon beobachtet?
Und da ein freiwilliges Donationssystem aus oben genannten Gründen nicht funkt, muß es halt geregelt werden. Da die Reichen ihre Kohle freiwillig nicht rausrücken, muß eben ein Gesetz her.
Mit Spenden kriegst Du heute -bedenke auch die komplexen,anonymen städtischen Strukturen- kein Wohlfahrtssystem gebacken.
Sowas geht eng begrenzt, aber nicht in einer so komplexen Gesellschaft. Hätten wir alte dörfliche bzw. großfamiliäre Strukturen, bräuchte man sicher kein derart aufwändiges System. Aber die Wirtschaft hat die Gesellschaft, das Zusammenleben gewandelt. Leute migrieren viel stärker, ändern ihr Umfeld, ihren Arbeitgeber, die Branche, ja sogar ihre Familie (->Scheidungsrate).
In einer Großfamilie hat niemand sofort gemurrt, wenn man den Jüngsten mal unterstützen mußte. Das war selbstverständlich. Natürlich hat man ihm auch schneller in den Arsch getreten, wenn er dauerfaul wurde. Das alles jibbets so heute nicht mehr und die Familie bildet heute (größer, natürlich auch unpersönlicher) die sogenannte Solidargemeinschaft. Dass da viel größere Differenzen möglich sind, ist doch klar.
Wenn Du mich fragst: Liebend gerne würde ich zu einer regionalisierten Wirtschaft zurückkehren, mit kleinen Strukturen. Dann bräuchten wir den ganzen Käse nicht: Rentensystem, Aloversicherung, komplizierte Krankenversicherungen, Pflegeversicherungen. Dann bräuchten wir noch nicht mal den ollen Marx.
Aber wir müssen die wirtschaftliche Entwicklung eben so meistern, wie sie uns entgegenschlägt. Und das heißt auch, sich endlich die Begriffe Verantwortung und Toleranz ernsthaft beizubringen. Verantwortung heißt, auch Schwächere mitzutragen, auch wenn sie klar weniger leistungsstark sind. Toleranz heißt, nicht nur Leistung als zentrale menschliche Qualität zu definieren, sondern auch Menschlichkeit zu würdigen. Viele ultracoole, fett bezahlte Manager haben heute keinen Funken sozialer Intelligenz oder Menschlichkeit mehr. Die könnten viel von den einfachsten Bauern lernen, aber das nennt man ja nur"Soft Skills", also Fähigkeiten mit dem offiziellen Geldwert einer Dose Hundefutter.
Das Problem: Wir stehen gerade inmitten einer Periode ungeheurer Spekulation und womöglich am Abschluß eines sehr langen Aufwärtstrends. Sehr viele Mitspieler haben schon viel wirtschaftliche Potenz eingebüßt und befinden sich auf dem absteigenden Ast. Zudem gilt nach einer solchen Überhitztzungsphase wirtschaflicher Mißerfolg als großer persönlicher Malus und paßt nicht zum offiziellen Schönheitsideal des immer erfolgreichen Akteurs. Es ist natürlich, dass sich diese Enttäuschung derart Bahn bricht, dass man auf die Tieferstehenden einschlägt und diese für die eigene Misere verantwortlich macht.
Schließlich definierte man Erfolg ja immer das gewisse MEHR von dem, was die da unten WENIGER haben. Warum fährt Joe Rich gern nen Jaguar? Weil er so schön ist, oder weil ihn sich nicht jeder kaufen kann? Jetzt muß Joe Rich seinen Jaguar verhökern und was unterscheidet ihn nun noch von Peter Poor? Peter Poor ist das zwar egal, aber für Joe Rich bricht die Welt zusammen, denn was ihn ausmachte, war ja immer sein Jaguar, seine tolle Uhr und all der andere Tinnef. Peter Poor ist bestimmt nicht schuld am Untergang des Joe Rich, aber plötzlich fängt letztgenannter mit dem Stänkern an.
Es ist also kein Zufall, dass die ganze Sozialklimbim-Debatte just aufkommt, als der ganze Laden bereits in sich zusammensackt. Alos haben wir in der BeeErrDee schon lange und länger, aber nie wurde derart bissig auf sie eingedroschen. Und das, wo man jeden Tag von neuen Tausenderblöcken gewaltsam, willkürlich und würdelos auf die Straße gesetzten Beschäftigten lesen kann.
DAS ist der wahre Sozialneid, nämlich der der verbliebenen Stützenden gegen die wachsende Zahl der Gestützten. Dabei sind sich viele Stützer von heute klar, dass sie morgen schon selbst zu den Handaufhaltenden gehören können, ganz unfreiwillig. Das gilt natürlich weniger für die Älteren hier, weswegen die auch mit einer gewissen Buddhahaftigkeit reagieren und eigentlich nur ihr Zeugs zusammenhalten wollen. Seh' ich ja bei meinem Vater.
Dabei sollten die Leute zusammenhalten, anstelle sich gegeneinander aufhetzen zu lassen. Das nützt nämlich nur den Melkjungens da oben.
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