- Der Sinn des Lebens - Arbeiten bis zum Umfallen - Erwin, 17.09.2000, 11:48
- Re: Arbeiten bis zum Umfallen - ja, Karoshi weltweit! - dottore, 17.09.2000, 12:59
- Tipp für dottores Sohn:... mkT - igelei, 17.09.2000, 13:20
- Re: Tipp für dottores Sohn:...Danke! - dottore, 17.09.2000, 13:43
- Re: Arbeiten bis zum Umfallen - ja, Karoshi weltweit! - Neutra, 17.09.2000, 13:41
- Tipp für dottores Sohn:... mkT - igelei, 17.09.2000, 13:20
- Re: Arbeiten bis zum Umfallen - ja, Karoshi weltweit! - dottore, 17.09.2000, 12:59
Re: Arbeiten bis zum Umfallen - ja, Karoshi weltweit!
Spitzentext, lieber Erwin,
genau so ist es.
Mein großer Sohn schließt gerade sein Medizinstudium drüben ab. Da ich gut verdiene, konnte ich es ihm finanzieren. Und falls es jemanden interessiert, das Studium kostete ca. 300.000 US-$ und musste aus in Deutschland voll versteuertem Einkommen bezahlt werden.
Das ist aber nicht das Problem. Mein Sohn wird im nächsten Jahr seine erste Stelle als Arzt antreten und da er gute Referenzen hat, hoffentlich bei einer Spitzenklinik drüben. Er wird dann genau 30.000 US-$ p.a. verdienen, vor Steuern (z.B. Sloan-Kettering, Mayo, Mt. Sinai). Will er in einer Großstadt arbeiten, muss er allein für Miete zwischen 18.000 und 24.000 (N.Y.) US-$ p.a. aufbringen. Damit ist er einverstanden, denn er ist Arzt aus Berufung.
Ich frage ihn:"Aber mit dem Rest kommst du doch nicht aus?""Kaum", sagt er,"ich werde moonlighten gehen, wie alle anderen jungen Ärzte auch." Moonlight-Arbeit ist ein Zweitjob, und der kommt zur 60- bis 70-Stunden-Woche im Krankenhaus on top.
Aber auch das ist noch nicht das Problem. Denn Autowaschen schändet nicht.
Das Problem sind seine Mitstudenten, die sich das Geld für ihr Studium nicht beim gut verdienenden Papa holen konnten, sondern die es sich borgen mussten - die berühmten Student Loan Programs.
Je nach Tilgungsplan muss der junge Arzt in den USA im Jahr zwischen 5000 und 20.000 US-$ abdrücken, um nicht in Konkurs zu fallen. Da wird der Zwang zum Moonlighting schon sehr deutlich sichtbar.
Irgendwann wird der junge US-Arzt, übermüdet wie er ist, einen Kunstfehler begehen. Dagegen gibt es Versicherungen. Die kosten natürlich auch Geld. Denn die USA sind bei Schadensersatz nicht zimperlich.
Aber schließlich gibt es auch die vielen anderen jungen Leute, die als Junior Partner bei Goldman Sachs dann eine Millionen p.a. abstauben. Dafür müssen sie nur schön brav bei Kursen schnippeln oder die Klienten immer wieder rein und raus schicken (sog. churning") oder gar Top-Manager vom IQ eines Jürgen Schrempp einen weiteren Mega-Deal einreden. Der geht dann zwar in die Hose, aber das ist wieder eine andere Geschichte.
Das"sudden death"-Syndrom in Japan ("karoshi") breitet sich aus über die Welt wie ein Flächenbrand. Nichts wird ihn stoppen, so lange nicht das Urübel beseitigt ist: die gesamtgesellschaftliche Überschuldung und das zu den seit nunmehr 35 Jahren (schaut euch Dieter Charts von gestern an!) höchsten Zinsen, die die Weltgeschichte über einen so langen Zeitraum je gesehen hat.
Wann wir alle umfallen, ist wirklich nur noch eine Frage der Zeit. Und je mehr schon umfallen, um so mehr steigen die Kosten für Behandlungen, Valium und Rehas und die müssen dann die aufbringen, die noch nicht umgefallen sind - damit sie dann noch ein bisschen schneller umfallen als eigentlich abzusehen war.
Nochmals Danke für den Denk- und Diskussionsanstoß.
d.
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