- Pensionsrückstellungen - daxput, 08.08.2002, 16:58
Pensionsrückstellungen
US-Unternehmen mit markanten Defiziten bei Pensionsrückstellungen!
Im Zuge der Diskussion über die Aussagefähigkeit amerikanischer Unternehmensdaten und insbesondere der Aussagekraft der
ausgewiesenen Gewinne im Rahmen der US-Bilanzierungsmethode GAAP kommt der Bilanzierung der Pensionsrückstellungen
eine wesentliche Bedeutung zu. Diese Pensionsrückstellungen haben nichts mit den 401k Verträgen zu tun, bei denen die
Mitarbeiter selbst für den Anlagemix und damit auch für den Erfolg verantwortlich sind. Hier handelt es sich um Betriebspensionen,
für die die Firmen selbst und im Insolvenzfall der Steuerzahler über die „Pension Benefit Guaranty Corporation“ haftet.
Die Problematik unterproportionaler Rückstellungen für die Pensionen der Mitarbeiter seitens der US-Unternehmen, die in der
Gewinnermittlung der US-Unternehmen unberücksichtigt bleibt, wird zunehmend augenfälliger und bedarf daher der Quantifizierung.
Wie die „Pension Benefit Guaranty Corporation“ mitteilte, belief sich das Defizit per Ende 2001 auf 111 Milliarden USD. Im
Vorjahr stand das Defizit lediglich bei 26 Milliarden USD. Damit ergab sich ein Anstieg um 425 % innerhalb des letzten Jahres.
Mehr als ein Drittel der untersuchten Unternehmen hatte Rückstellungsdefizite von mehr als 20 %, die nach Definition der
„Pension Benefit Guaranty Corporation“ als gefährlich gelten.
Dabei fanden Rückstellungsdefizite der Unternehmen keine Berücksichtigung, deren Gesamtdefizit weniger als 50 Millionen
USD ausmachte. Mithin dürfen wir davon ausgehen, dass diese 111 Milliarden USD einer konservativen Berechnung entsprechen
und die tatsächliche Defizitquote bei den Pensionsrückstellungen höher ausfällt.
Um diesen Wert in einen sachlichen Zusammenhang zu stellen, bedarf es des Vergleichs mit den Gesamtgewinnen der USUnternehmen
im Jahre 2001. Dazu bedienen wir uns der Daten des Bureau of Economic Analysis. Die Gesamtgewinne beliefen
sich auf 452 Milliarden USD (annualisierter Wert per Ende des 4. Quartals). Alleine die Zunahme der Defizite der Pensionsrückstellungen
von 26 Milliarden auf 111 Milliarden verringert die Gewinne der US-Unternehmen real um knapp 19 % und
ist in den offiziellen Daten unberücksichtigt. Damit sind sie auch in der Bewertung der Kurs/Gewinnverhältnisse der Indices
nicht inkludiert.
Die gegenwärtige Situation ist voraussichtlich wesentlich dramatischer, da seit dem 31.12.2001 die US-Aktienmärkte weiteren
Boden verloren haben und darüber hinaus Unternehmensanleihen über die Ausweitung der Risikoprämien unter Druck stehen.
Um auch hier eine Aussage treffen zu können, stellen wir die Stände der Indices per Ultimo 2000, dem Jahresende 2001 und
dem aktuellen Stand gegenüber.
Ultimo 2000 Ultimo 2001 Differenz (00-01) Stand 29.07.2002 Differenz(01-02)
Dow Jones 10.786,85 10.021,50 -765,35 8.711,88 -1.309,62
S&P 500 1.335,92 1.158,34 -177,58 888,00 -270,34
Defizit
Rückstellungen 26 Mrd. USD 111 Mrd. USD +85 Mrd. USD? USD? USD
Aus dieser Entwicklung lässt sich unschwer ableiten, dass sich die Bewertung der unterhaltenen Aktiva bei den Pensionsrückstellungen
voraussichtlich weiter negativ entwickelt hat und höhere Zuwachsraten bei den Defiziten im Vergleich zur Vorjahresperiode
angefallen sein dürften.
Im Hinblick auf die Diskussion, ob amerikanische Aktienmärkte attraktiv bewertet sind, greife ich hier erneut auf die
Kurs/Gewinnverhältnisse zurück, die ein langjähriges Mittel bei einem Stand von 14,5 aufweisen. Wir bedienen uns der aktuellen
Gewinne, da die prognostizierten Gewinne empirisch nachweislich über den Verlauf der letzten 24 Monate kontinuierlich
zu optimistisch ausfielen.
Derzeit stellt sich der Dow Jones auf ein KGV von 24,2 bei aktuellen Gewinnen, der S&P 500 bringt es gar auf ein KGV von
31,8.
Es sei darauf verwiesen, dass obige KGV-Werte sowohl die Problematik der Pensionsrückstellungen als auch das Problem der
Angestelltenoptionen unverändert unberücksichtigt lassen. Ob unter diesen Aspekten eine Vergleichbarkeit mit beispielsweise
deutschen Indices und deren KGV sinnvoll oder zulässig ist, sei dahingestellt. Zum Vergleich hat der DAX bei einem aktuellen
Stand von 3.821 ein KGV in Höhe von 23,0.
Aus diesen Erkenntnissen lässt sich nach meiner Meinung nicht ableiten, dass die US-Aktienmärkte attraktiv bewertet sind. Im
Gegenteil ist trotz der „beschönigenden“ Bilanzierungsvorschriften in den USA beispielsweise im DAX eine marginal konservativere
Be wertung anzutreffen als im Dow Jones. Kapitalallokationen auf Basis der breiten Indices erscheinen darüber hinaus
auch im Hinblick auf das Währungsrisiko wenig empfehlenswert. Ausgenommen bleiben attraktive US-Einzelwerte, die eine
konservative Bewertung aufweisen und deren Geschäftsmodelle sich bewähren und damit überproportionale Chancen auch in
einem insgesamt unverändert ungünstigen Umfeld eröffnen.
Herausgeber: Bremer Landesbank Kreditanstalt Oldenburg: Treasury Aktuell
Für den Inhalt verantwortlich:
Folker Hellmeyer
Chefanalyst
Financial Markets
0421 332 2690
folker.hellmeyer@bremerlandesbank.de
Neben Aktienoptionen eine weitere Bombe im US-Finanzsystem ;) aber das ist ja nichts neues;)
gruß daxput
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