- @Ghandi: Es regnet....Deshalb nochmals meine Argumente bzgl. Geldentstehung! - Galiani, 08.08.2002, 22:11
- Re: Beweislast liegt bei Ihnen - Bringschuld! - dottore, 08.08.2002, 23:02
- Habe weiter oben geantwortet! (mL) - Galiani, 09.08.2002, 09:47
- Re: @Ghandi: Es regnet....Deshalb nochmals meine Argumente bzgl. Geldentstehung! - Jacques, 08.08.2002, 23:02
- Zinserhebung willkürlich bzw. eine Glaubensfrage? - Ivan, 09.08.2002, 02:08
- @Jacques: Ja natürlich gibt es einen 'Zusammenhang' zw. Geld und Macht - Galiani, 09.08.2002, 11:18
- Re: Zusammenhang' zw. Geld und Macht - Mal poetisch geantwortet - André, 09.08.2002, 12:35
- Re: Beweislast liegt bei Ihnen - Bringschuld! - dottore, 08.08.2002, 23:02
@Ghandi: Es regnet....Deshalb nochmals meine Argumente bzgl. Geldentstehung!
Hallo Ghandi
Keine Frage, sowohl der arbeitsteilig Tätige kann gezwungen sein, Kontrakte zu erfüllen, wie auch der nur seinen Eigenbedarf Deckende (Mammutfleisch als Gegenleistung für die Feuerleihe). Aber grundsätzlich und fundamental scheint mir, daß Arbeitsteiligkeit und Kontrakte nicht in einer logischen Beziehung zueinander stehen.
Und noch einmal: Ich bestreite auch in keiner Weise, daß sich die Krakenarme der Macht sofort um alle Verhältnisse in jeder Gesellschaft schlingen; - auch ums Geld. Aber natürlich auch um BMW und deren Arbeiter, wie Du richtig schreibst!
Was mir aber nicht einleuchtet, ist, daß die Macht das Geld auch primär geschaffen haben sollte. Ich kann da einfach die Logik nicht erkennen. Wieso sollte der Herrscher, so frage ich, dem Bürger etwas in Form von Abgaben abverlangen, was es noch gar nicht gibt; - nämlich Geld! Geld ist seinem Zweck nach zunächst einmal"Tauschvermittler"; und zwar auch für den Inhaber der Macht. Ist es nicht logisch anzunehmen, daß es auch in genau dieser Funktion, also als"Tauschvermittler", in die Welt getreten ist und erst danach vom Herrscher als zweckmäßig erkannt wurde. Aber wie gesagt, das ist normative Logik und durch Tatsachen oder Sätze der Aussagenlogik überhaupt nicht zu beweisen.
Dennoch sprechen meiner Meinung nach eine ganze Reihe von Argumenten gegen die Auffassung, daß die Macht das Geld erfunden habe:
Erstens ist"die Erfindung des Geldes" ein höchst kreativer Akt. Die Macht ist im allgemeinen aber nicht kreativ.
Zweitens gab sich die Macht bis in allerjüngste Zeit, bis ins 19. Jahrhundert, sehr häufig - und in gewissen Zeiten sogar überwiegend - mit Natural-Abgaben zufrieden (z. B. Zehent). Wenn das Geld wirklich von der Macht erfunden worden wäre, so hätte sich dieser Brauch der Natural-Abgaben meiner Ansicht nach nicht so lange halten können. Dann wären schon in der Frühzeit sämtliche Abgaben auch wirklich in Gold und Silber eingefordert worden. Das war aber nicht der Fall. Dies scheint mir gegen die These von dottore zu sprechen, daß zur Standardisierung der Abgaben das Geld erfunden wurde.
Ich glaube, wie schon mehrfach gesagt, vielmehr, daß das Geld schon vor der Abgabenpflicht da gewesen sein muß! Hierzu drittens, mein schon mehrfach vorgebrachtes Argument, auf das aber niemand wirklich eingeht: Erst, wenn die Menschen arbeitsteilig zu produzieren anfangen (d.h. wenn sie über ihren Eigenbedarf hinaus produzieren) und ihr Produkt auch verkaufen, entsteht ein besteuerbares Sozialprodukt, ein"Steuersubstrat", von dem überhaupt Abgaben erhoben werden können (davor mag die Macht erzwungen haben, daß sich jeder, der sich dem Herrscher nähert
15-mal auf den Boden werfen mußte; aber in Form von Abgaben abschöpfen ließ sich vor der arbeitsteiligen Produktionsweise nichts.
Viertens: Es erscheint mir also logisch, daß das arbeitsteilige Wirtschaften dem Abgabenzwang vorhergegangen sein muß. Wenn das zutrifft, dann hat es auch schon vor dem Abgabenzwang Geld gegeben. Denn die über den Eigenbedarf hinausgehend erzeugten Waren mußten ja nicht nur produziert, sondern auch verkauft werden, um ein ein Sozial-Produkt und damit ein"Steuersubstrat" überhaupt erst entstehen zu lassen, von dem Abgaben überhaupt abgeschöpft werden konnten. Und das geht nicht ohne Geld.
Fünftens schließlich fällt es mir schwer zu glauben, daß erst die Macht die Menschen dazu gebracht haben sollte, arbeitsteilig zu produzieren. Wie sollte sie das geschafft haben? Das wäre ja außerdem neuerlich ein höchst kreativer Akt. Und die Macht ist, wie gesagt, nie besonders kreativ. Außerdem gibt es, worauf ich ebenfalls schon hingewiesen habe, Produktionszweige, wie die Landwirtschaft, die sich im Grunde gar nicht anders betreiben lassen, als indem über den Eigenbedarf hinaus produziert wird, wobei das Ergebnis dann auch verteilt, also mithilfe des"Tauschvermittlers" Geld verkauft werden mußte. Ich kann nicht erkennen, wie die"Macht" die Menschen von der Eigenbedarfsdeckungswirtschaft zu Überschüsse (über den Eigenverbrauch) produzierenden Landwirten verwandelt haben sollte.
Ich kann es nicht beweisen, aber ich denke, daß es vor allem der Wunsch der Menschen war, ihre Lebensbedingungen zu verbessern, der sie dazu bewog, sich zu spezialisieren und die Produkte zu vermarkten, die sie über ihren Eigenbedarf hinaus erzeugten. Auch die Dokumente, die Popeye hier gepostet hat, scheinen darauf hinzudeuten, daß es sehr wohl sehr frühzeitig einen privaten Handel gab.
Der Mann aus dem Similaun-Eis,"Ã-tzi" genannt, hatte ein kunstvoll gearbeitetes kupfernes Randleistenbeil bei sich, das er sicherlich nicht selbst hergestellt hatte; ein vollkommen gleiches Beil wurde nämlich 300 Kilometer westlich, in der Schweiz, gefunden. Und"Ã-tzi" war auch gewiss kein Nobler, sondern ein Hirte; er verkörperte nicht die"Macht". Also hat er sein Beil von irgendeinem Handwerker gekauft, der sich auf die Herstellung von derartigen Beilen spezialisiert hatte. Und dazu mußte er über irgendeine Art von Geld, über ein Tauschmittel, verfügen. Wo bitte ergibt sich bei diesem Beispiel die Notwendigkeit, die"Macht" als Erfinder und Schöpfer des Geldes anzunehmen und ins Spiel zu bringen?
So scheint es mir gerechtfertigt, anzunehmen, daß sich das Geld - ziemlich gleichzeitig mit und auf gleiche Weise wie die arbeitsteilige Produktionsweise - sehr frühzeitig kultur-evolutorisch (möglicherweise aus dem"Schmuck") jedenfalls aber aus dem Motiv heraus entwickelt hat, besser zu leben, z. B. ein Werkzeug zu besitzen, das einem"Ã-tzi" das Leben leichter macht; und nicht anzunehmen, die Entstehung des Geldes sei durch die Macht erzwungen worden!
Noch etwas, als sechstes Argument: Die Erfahrung lehrt, daß Produktivität, Arbeitsteiligkeit,"Reichtum" und Steuersubstrat in dem Maße wachsen, in dem die Bürger in einem Land individuelle Freiheit genießen, also Freiheit von Zwang. Und die aufgezählten Kennzeichen schrumpfen und verschwinden, wenn die Bürger von der"Macht" mehr und mehr unterjocht werden (z.B. Nordkorea). Dies deutet meiner Meinung nach ebenfalls daraufhin, daß sich die Arbeitsteiligkeit als Voraussetzung der Abgabenpflicht entwickelt hat und daß die"Macht" ihre Fangarme erst danach um diese arbeitsteilige, produktive Wirtschaft legte, als diese und mit ihr das Geld schon existierte.
Ein letztes, ein siebentes Argument schließlich (das schon von ricardo im Board in ähnlicher Form in die Diskussion geworfen worden ist):
Die"Macht", die zwar alle gesellschaftlichen Verhältnisse durchdringt, ist ja selbst ein kultur-evolutorisch entstandenes und keineswegs destruktives, sondern - zumindest, solange sie nicht degeneriert, - ein für die Gesellschaft überaus nützliches Phänomen. Wenn die"Macht" auf kultur-evolutorischem Weg entstanden ist, weshalb dann nicht auch das Geld? Wieso bedarf es des (nützlichen) Phänomens"Macht", um ein anderes, gesellschaftlich überaus nützliches Phänomen hervorzubringen, nämlich das Geld? Liegt es nicht näher,"Geld" und"Macht" als zwei disjunkte, unabhängig voneinander entstandene Erscheinungen anzusehen?
Beweisen läßt sich das alles - aus den von mir dargelegten Gründen - nicht! Aber dottore kann auch das Gegenteil nicht beweisen; aus den nämlichen Gründen.
Gruß
G.
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