- First Writing - Popeye, 10.08.2002, 10:18
- Re: Hier bestens bekannt, siehe x Postings u. Vortrag - dottore, 10.08.2002, 21:27
- Re: Hier bestens bekannt, siehe x Postings u. Vortrag - netrader, 10.08.2002, 22:42
- Re: Hier bestens bekannt, siehe x Postings u. Vortrag - dottore, 11.08.2002, 10:56
- Re: Hier bestens bekannt, siehe x Postings u. Vortrag - netrader, 10.08.2002, 22:42
- Re: Hier bestens bekannt, siehe x Postings u. Vortrag - dottore, 10.08.2002, 21:27
Re: Hier bestens bekannt, siehe x Postings u. Vortrag
<font size="4"><font color="006600">Verehrter dottore,
das Kapselproblem interessiert mich. Eine Idee dazu im Kommentar.
</font>
Geschrieben von dottore am 10. August 2002 21:27:40:
Als Antwort auf: First Writing geschrieben von Popeye am 10. August 2002 10:18:33:
>FIRST WRITING MAY HAVE BEEN THREE-DIMENSIONAL
> Archeologists have long been puzzled by large numbers of small, fired-clay objects
> found in the Middle East. Denise Schmandt-Besserat, University of Texas at Austin,
> believes that these small geometrical shapes (cones, spheres, disks, etc.) were
> actually symbols used in commerce
Habe Schmandt-Besserat in voller Länge. Und schon in Friedrichroda in extensis vorgestellt (selbst solche"bullae" in der Sammlung / Ausstellung). Und hier im Forum auch.
Die Frage ist nun nach dem"use"?
Waren es"token", stellvertretend für Produktion. Dann allerdings: Wozu?
Waren diese"token" Geld? Also Ansprüche auf irgend etwas? Dazu sind sie selbst zu wenig spezifiziert (Zahl, Ware, Sache, Leistung, Termin).
>to indicate numbers and types of commodities
> (sheep, oil, etc.). Generally less than an inch in size, the clay objects were
> apparently sealed in hollow clay spheres
Hier beginnt das Problem. Warum kursierten sie in Kapseln (clay spheres) und nicht direkt? Die Kapseln sind grundsätzlich mit Text und/oder Siegel überliefert. Text bezieht sich auf Warenmengen. Siegel zeigt immer Herrscher bzw. dessen Symbol.
Ich vermute (einer meiner Kapsel wurde publiziert, Prof. Gronewald, Archäol. Institut HH), es waren so etwas wie Lieferscheine.
Die Datierung (8000 BC) halte ich inzwischen für obsolet. Die Kapseln wurden offenbar erbrochen, um Inhalt des Lieferscheins mit der tatsächlich abgelieferten Ware (Abgabe) zu checken.
<font size="4"><font color="006600">Leider kann ich den Bedarf und Sinn dieses Prüfungsverfahrens nicht recht nachvollziehen.</font>
Die"token" waren danach uninteressant und wurden z. T. in der Gegend verstreut, wo sie inzwischen gefunden wurden.
>to make bills of lading as early as 8,500
> B.C. This is 5,000 years before two-dimensional clay tablets were introduced for
> writing.
Es gibt (siehe Institut Berlin, Nissen et. al. S. 48) auch Kapseln ohne Schrift, allerdings keine ohne Siegel.
Ich vermute, die Kapseln (bullae, clay spheres) waren die Begleitpapiere für die tatsächlich erfolgte Lieferung an den Abgabenforderer.
Zunächst - vor der Schrift - wurden die Abgabenmengen garantiert bzw. dann, nach Erbrechen der bullae gecheckt.
Wozu denn sonst das Siegel?
Es muss also etwas bestätigt worden sein.
<font size="4"><font color="006600">In der Sachaussage gehen die vorstehenden Spekulationen schon sehr weit. Immerhin läßt sich aus dem Vorgang folgern, dass ein Umstand mit Sicherheit bestätigt worden ist, nämlich die Identität des Boten, der zB mündlich eine Botschaft überlieferte. Es war nur derjenige der richtige Bote, der den Inhalt der Kapsel kannte. Möglicherweise dokumentierte der Kapselinhalt auch ein bestimmtes Charakteristikum des Boten. Damit war dann auch die Identität des Absenders klar. Der Vorgang ähnelt heutigen Internetsicherungssystemen für Texte mit öffentlichen und privaten Schlüsseln.
Weiterhin war schon in antiken Personalhaftungs- und -vollstreckungssystemen wichtig, dass der Empfänger der richtigen Person habhaft wurde, zB eines Sohnes, den ein Schuldner als"Pfandobjekt" zum Gläubiger schickte. Auch hier waren die Kapseln hilfreich, weil die Versiegelung den Absender erkennen ließ und der Kapselinhalt evtl. ein Charakteristikum (dh. einen Komplementärschlüssel) des Gesandten.
Siedelt man den Vorgang in einem Abgabensystem an, werden vorstehende Identitätsfragen natürlich um so wichtiger, je standardisierter die übersandte Ware ist, dh. insbesondere bei Geldmitteln im heutigen Sinne.
Es musste aus Empfängersicht verhindert werden, dass als Bote, der evtl eine Gegenleistung in Empfang nehmen durfte, eine falsche Person auftrat, oder dass ein Gesandter, dem nichts Gutes bevorstand, einen anderen an seiner Stelle vorschickte.
</font>
Bei privaten Käufen (Tauschvorgängen) wäre das nicht erforderlich, weil beim Tausch der Augenschein entscheidet ("Trau, schau, wem").
Der Kaufmann der frühen Antike (siehe auch Kommenda-Vorschriften) hatte seine Ware stets in persona begleitet. Der ihm immer zeitlich voran gegangene Tributar nicht. Der war ortsgebunden, siehe das"Aufseher"-Phänomen. Der"Aufseher" konnte seinen Beritt nicht verlassen, ohne Gefahr zu laufen, nach Wiederkehr niemand mehr vorzufinden.
> (Anonymous;"From Reckoning to Writing," Scientific American, p. 58, August
> 1977.)
> Comment. These clay symbols might be related to the painted pebbles and small
> carved stone balls found in Europe.
Viele Gruesse
netrader
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