- EuroTower/Vorsicht Börsenfalle! - Seher, 12.08.2002, 21:52
EuroTower/Vorsicht Börsenfalle!
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- von vwd Finanzkorrespondent Hans Hutter -
Frankfurt (vwd) - Eine glaubwürdige Geldpolitik sollte die Märkte führen und nicht von deren Spekulationen getrieben werden. Das ist leichter gesagt als getan in Zeiten wie heute, wo nervöse Aktienmärkte vor der FOMC-Sitzung Zinssenkungshoffnungen platziert haben, nun aber unsicher werden. Kein Wunder: Das Risiko ist der Fed vorgeführt worden durch die Bank of Japan (BoJ), die nach geplatzten Börsenblasen und bei Nullzinsen ratlos ist. Die Europäische Zentralbank (EZB) will die Geldmärkte mit ihrer Zinspolitik führen, nicht jedoch die Aktienkurse.
Stephan Lewis von Monument Securities in London erinnert an den BoJ-Governor Yasushi Mieno, der nach dem Platzen der Börsenblasen im Dezember 1993 und der BoJ-Diskontzinssenkung auf 1,75 Prozent gesagt hatte, es sei genug gegen die Deflationsangst getan worden. Doch man weiß, die BoJ ging mit dem Diskont bis auf 0,15 Prozent herunter, ohne die japanische Wirtschaft vor Rezession und Deflation bewahrt zu haben. Nun steht auch Alan Greenspan bei einem Leitzins von 1,75 Prozent, und Wall Street - wohl auch die US-Regierung - wollen weitere Zinsschritte gegen die Deflationsangst. Folgt die Fed den Märkten?
Die Frage wird am Vortag der FOMC-Sitzung auch in London und Frankfurt diskutiert. Ã-konomen sinnieren vor dem Hintergrund einer kürzlich veröffentlichten Fed-Studie ("Preventing Deflation: Lessons from Japan's Experiences in the 1990s") über die nächste US-Zinsentscheidung. Stephen Lewis meint, die Fed wollte mit dieser Studie gegen aufkommenden Zinssenkungswünsche und für ein Beibehalten der schon sehr niedrigen Funds Rate plädieren. Inzwischen aber nähren die Sorgen vor Crash und Credit Crunch die Zinssenkungshoffnungen, die Märkte preisten sie zunächst sogar flott ein. Ist die Fed nun erst recht in der Börsenfalle?
Wie Ulrich Beckmann (Deutsche Bank Research Büro Frankfurt) die Studie der Fed interpretiert, sagte er im Gespräch mit vwd: Die Fed wollte an sich nur zum Ausdruck bringen, dass wenn Zinssenkungsspielraum zur Abwehr von Rezession und Deflation gegeben sei, man diesen Spielraum eher früher als zu spät und zu wenig nutzen sollte. Die Fed habe Zinssenkungsspielraum. Wann und wie weit sie diesen Spielraum nutzen wird, hängt laut Beckmann maßgeblich von den Aktienkursen an Wall Street ab.
Weniger positiv sieht das Lewis: Wenn die Fed am Dienstag nicht senkt und die Kurse fallen, müsste sie wohl ohne FOMC einen"inter-meeting rate cut" nachliefern. Was hieße das für die EZB? Beckmann sieht dann die EZB, die erst vor Tagen Zinssenkungserwartungen aus den Märkten gedrängt hatte, im Sog der Fed. Da sind sich Lewis und auch Michael Dicks von Lehman Brothers nicht so sicher. Die EZB werde sich nicht von der Aktienbaisse treiben lassen, zudem werde diese Baisse wohl im Herbst (Lehman Brothers) enden und dem Dollar eine Erholung am Devisenmarkt bringen.
Der Grundsatz der EZB lautet (Monatsbericht Februar):"Aktienkurse sind kein geeignetes Ziel der Geldpolitik, doch kann eine glaubwürdige, auf die Gewährleistung von Preisstabilität ausgerichtete Geldpolitik durchaus einen wichtigen Beitrag zum effizienten Funktionieren des Aktienmarkts leisten." Die Lektion der EZB zur Fed-Studie lautet demnach: Besser Aktienblasen monetär erst gar nicht nähren, um dann deren Schäden nochmals monetär zu behandeln.
vwd/12.8.2002/hu/ptr
12. August 2002, 17:30

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