- Verändertes Sparverhalten lässt Wachstum stärker schwanken - Seher, 14.08.2002, 14:08
Verändertes Sparverhalten lässt Wachstum stärker schwanken
-->Aus der FTD vom 15.8.2002
Verändertes Sparverhalten lässt Wachstum stärker schwanken
Von Doris Grass, Frankfurt
In den vergangenen zehn Jahren hat sich unter Führung der USA eine Revolution im weltweiten Sparverhalten abgespielt, die sich nachhaltig auf das Wirtschaftswachstum auswirken könnte.
Nach einer Studie der Investmentbank UBS Warburg haben die Anleger ihr Erspartes zunehmend in Aktien und Immobilien investiert und damit in Vermögensklassen, die besonders anfällig für wirtschaftliche Zyklen sind.
Vor allem die steigende private Altersvorsorge hat dazu geführt, dass die Privatanleger in Aktien tendenziell überinvestiert und damit auch größeren zyklischen Risiken ausgesetzt sind. Viele Investoren hätten fälschlicherweise die Kursgewinne der Aktien in den vergangenen Jahrzehnten bei ihrer Planung für den Ruhestand in die Zukunft fortgeschrieben. Nun führt die Baisse dazu, dass diese Berechnungen nicht mehr aufgehen und sich die Sparquoten als unzureichend erweisen.
Kreditkartennutzung senkt Sparquote
Hinzu kommt nach Ansicht der UBS die wachsende Nutzung von Kreditkarten, die die Sparquote senkt, weil niemand mehr für größere Anschaffungen spart. Gleichzeitig ist die Kreditkartenverschuldung der Verbraucher eine Gefahr, weil jede Zinserhöhung der Notenbanken die Belastung der Konsumenten in die Höhe treibt. Und schließlich haben Preisentwicklung und Kreditvergabe am Immobilienmarkt das Anlegerverhalten stark verändert. Der Anteil des Ersparten beim Hauskauf ist zu Gunsten von Hypothekenkrediten gesunken, was die Zahlungsfähigkeit der Verbraucher bei steigenden Zinsen schwächt.
Das Ergebnis ist ein deutlicher Anstieg der Volatilität in den weltweiten Sparquoten gegenüber den vorangegangenen 30 Jahren. Diese Schwankungen werden sich daher künftig entweder in einer höheren Volatilität des Wachstums niederschlagen oder Notenbanken und Politiker zu mehr Flexibilität zwingen, um die Auswirkungen der Umschwünge im Spar- und Ausgabenverhalten der Verbraucher zu mildern, schreibt die UBS.
Geldpolitik zur Stützung der Aktienkurse
Dabei könnte es angezeigt sein, dass die Politik sich andere Parameter für ihre Entscheidungen aussuchen muss. So gebe es durchaus zu rechtfertigende Gründe, warum die Geldpolitik zur Stützung der Aktienkurse herangezogen werden könnte. Die Politik muss künftig stärker auf die Bewertung der Anlageklassen achten, weil ihre Auswirkungen auf die Wirtschaftsaktivität zunehmen. Deshalb müsse die Geldpolitik künftig möglicherweise nicht nur die Inflation, sondern auch eine Verteuerung der Vermögenswerte (Asset Price Inflation) berücksichtigen.
Ähnlich argumentiert ein Arbeitspapier der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ). Danach fördert zwar eine niedrige Inflation die Stabilität an den Finanzmärkten. Sie erhöht aber auch die Wahrscheinlichkeit, dass starker Nachfragedruck sich eher in den Vermögenspreisen und an den Kreditmärkten als in der Teuerungsrate niederschlägt."Entsprechend kann in manchen Situationen eine Reaktion der Geldpolitik hierauf angemessen sein, um die Finanz- und Währungsstabilität sicherzustellen", schreiben die Autoren Claudio Borio und Philip Lowe.
© 2002 Financial Times Deutschland
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