- Nur mit Bilanz-Eiden verjagt man keinen Bärenmarkt - Seher, 15.08.2002, 15:11
Nur mit Bilanz-Eiden verjagt man keinen Bärenmarkt
-->Vertrauenskrise
Nur mit Bilanz-Eiden verjagt man keinen Bärenmarkt
13. Aug. 2002 Auch nach über zweieinhalb Jahren im Bärenmarkt werden die Anleger nicht müde, nach Rettungsankern zu suchen. Einer der Steigbügel, an den sich aktuell einige Beobachter klammern, ist mit einem Datum, nämlich dem 14. August, verbunden.
An diesem Mittwoch müssen bekanntlich 947 börsennotierte Unternehmen mit einem Umsatz von über 1,2 Milliarden Dollar ihre neuesten Bilanzzahlen der US-Börsenaufsicht SEC vorgelegt haben. Und nicht nur dass: Die Unternehmensbosse und Finanzvorstände müssen die Richtigkeit der Zahlen eidesstattlich versichert haben. Diese am 27. Juni erlassene Vorschrift sieht bei Falschaussagen eine Gefängnisstrafe von bis zu 20 Jahren und Geldstrafen von bis zu fünf Millionen Dollar vor.
Hoffen auf mehr Vertrauen
Die Optimisten glauben, dass wenn alle Verantwortlichen fleißig Eide ablegen und dabei keine neuen Bilanzskandale aufgedeckt werden, wieder mehr Vertrauen an die Aktienmärkte zurückkehrt. Denn schließlich wird die durch Skandale wie Enron und Worldcom ausgelöste Vertrauenskrise mitverantwortlich gemacht für die fallenden Notierungen.
Thomas Meier, Fondsmanager bei Union Investment, hofft jedenfalls: „Das könnte so etwas wie ein moralischer Wendepunkt sein.“ Unterstützung erhält er von Mary Porter, Fondsmanagerin des GAM Star USA Fund, denn sie glaubt: „Dieses Ereignis kann für die Bodenbildung des Dow enorm wichtig sein, da man bisher ja nicht weiß, wer unterschreibt und wer nicht.“
Bilanzskandale nicht der einzige Grund für fallende Kurse
Bleibt abzuwarten, ob sich diese Hoffnungen nicht wie viele andere zuvor wieder in Luft auflösen. So sind beeidete Bilanzen zwar sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung. Aber aus der Reserve locken lassen werden sich dadurch wohl nur die wenigsten Anleger.
Zumal die Vertrauenskrise auch nur eine Begründung für die Kursmisere ist. Entscheidend mitverursacht wurden die Kursverluste darüber hinaus nämlich von zu hohen Bewertungen sowie von einer schwachen Konjunktur und dadurch bedingt wenig berauschenden Unternehmensergebnissen. David Blitzer, Marktstratege bei Standard & PoorŽs misst dem Datum deswegen nur geringe Bedeutung zu. „Die Aktienkurse konzentrieren sich schon wieder auf die Unternehmensgewinne und die Konjunktur“, lautet sein Fazit.
Viele Erklärungen fehlen noch
Spannend wird es allerdings dann, wenn sich nicht alle Unternehmen in der Lage sehen, für die Richtigkeit ihrer Ergebnisse gerade zu stehen. Noch rechnet zwar kaum jemand mit einem neuen negativen Paukenschlag. Fakt ist aber, dass am Dienstagnachmittag, also einen Tag vor Ablauf der Frist, erst rund 250 Unternehmen (welche Firmen das sind finden Sie hier: SEC-Link) ihre Erklärung abgegeben haben. Insgesamt müssen im ersten Anlauf jedoch 740 Gesellschafte den Eid ablegen. Es sei denn, sie erwirken eine Ausnahmegenehmigung.
Gut 200 weitere Firmen haben ohnehin noch bis September Zeit. Ihnen gewährt die Tatsache noch etwas Aufschub, dass ihre Geschäftsjahre nicht mit dem Kalenderjahr beginnen. Man darf gespannt sein, ob die Nachzügler noch auf den letzten Drücker eintrudeln oder ob das zögerliche Abgabeverhalten das erste Anzeichen für neue Hiobsbotschaften ist.
Text: @JüB
Bildmaterial: AP
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