- Der Militärschlag gegen den Irak gewinnt an Konturen - Seher, 16.08.2002, 13:13
- Re: Der Militärschlag gegen den Irak gewinnt an Konturen - leibovitz, 16.08.2002, 14:27
- Re: Der Militärschlag gegen den Irak..- der Waffenbastler und der Bürgermeister - nereus, 16.08.2002, 14:41
Der Militärschlag gegen den Irak gewinnt an Konturen
-->Editorial: Der Militärschlag gegen den Irak gewinnt an Konturen (16.08.2002)
Es gibt Phasen, in denen sich die Finanzmärkte, zunächst kaum bemerkt, auf politische Ereignisse mit gravierenden wirtschaftlichen Folgen einzustellen beginnen. Wenn man die breite Palette dieser Märkte, zu denen auch die Rohstoffe zählen, genauer betrachtet, kann man gelegentlich sehr früh erkennen, dass etwas im Busch ist. Diesmal geht um Rohöl und um den seit vielen Monaten immer wieder öffentlich diskutierten militärischen Schlag gegen den Irak. Es ist so viel zu diesem Thema geredet worden, dass die Wertpapiermärkte es derzeit offenbar nicht mehr so ernst nehmen. Jedenfalls drückt sich nirgends, vielleicht mit Ausnahme der Ã-laktien, aus, dass ein solcher Schlag in greifbare Nähe gerückt ist. Doch das scheint sich zu wandeln.
Wir haben wiederholt erörtert, dass eine militärische Aktion gegen den Irak frühestens im Herbst möglich wäre. Dann nämlich werden die Temperaturen weit genug gesunken sein, um Menschen und Material mit Aussicht auf Erfolg einsetzen zu können, und ohne massive Bodentruppen wird es diesmal nicht gehen. Der Ã-lmarkt weiß das. Schon seit dem zurückliegenden Winter hat er immer wieder einmal eine Kriegsprämie in den Preis eingebaut, um sie später wenigstens zum Teil wieder aufzugeben. Jetzt scheint er die Entwicklung jedoch ernst zu werden, denn am Donnerstag sind die Notierungen charttechnisch klar nach oben ausgebrochen. Es wird zwar behauptet, das Auslaufen der Optionen auf den September-Kontrakt in New York habe diesen Preissprung ausgelöst, doch ist dies wohl nur ein kleiner Teil der Wahrscheit. Vielmehr haben die Käufer und die ihre Positionen abdeckenden Baissiers die inzwischen bestätigte Nachricht im Auge, dass die US-Marine Schiffe chartert, um militärisches Gerät in die Golfregion zu transportieren.
Die Märkte sind nicht moralisch oder amoralisch. Daher kümmern sie sich letztlich nicht um die sehr kontrovers geführte Diskussion über den offenbar nahenden militärischen Schlag gegen den Irak. Sie würden aber, wenn auch zunächst verdeckt oder verhalten, reagieren, wenn dieser Schlag ausbliebe. Den Märkten ist es gleichgültig, ob das Leben Tausender Soldaten und vielleicht Zehntausender Irakis auf dem Spiel steht oder nicht, wie die Gegner einer Aktion so eindringlich darzulegen versuchen. Für die Märkte zählt das Ergebnis, und das heißt nüchtern: Eine mittel- und schon gar langfristig von Saddam Hussein und seinem Regime ausgehende Gefahr muss so früh wie möglich beseitigt werden, um später Drohendes, wesentlich Schlimmeres zu verhindern.
Man stelle sich vor, man lebt in einer Ortschaft, in der es einen notorisch bekannten und einschlägig aufgefallenen Waffenbastler gibt. Er hat einen Nachbarn früher bereits nicht nur bedroht, sondern überfallen, ganz abgesehen davon, dass er im eigenen Haus Unheil gestiftet hat. Die Polizei ist schon bei dieser Gelegenheit tätig geworden, hat ihn aber aus taktischen Gründen laufen gelassen. Sie hat ihm einen Teil seiner Waffen genommen, aber er bastelt weiter. Und man hat immer wieder mit ihm gesprochen, um ihn von seinem Tun abzuhalten, doch er ließ sich davon nicht wirklich beeindrucken.
Lässt man ihn nun gewähren, weil der neuerliche Einsatz der Polizei zu gefährlich wäre? Oder wird in der Erkenntnis eingeschritten, dass er immer wirksamere Waffen entwickelt, die später das Leben einer Unzahl von Nachbarn und Polizisten gefährden würde?
Soviel zu Saddam Hussein, zum Iran, den Kurden und Kuweit, ganz abgesehen von den meisten Irakis. Niemand würde unter den bekannten Umständen vernünftigerweise auch nur im Ansatz erwägen, auf der polizeilichen Ebene stillzuhalten. Und rechtlich wäre die Polizei mehr als gedeckt, denn zu ihren Aufgaben zählt auch die Gefahrenprävention. Nun wird aber behauptet, es mangele an Beweisen und damit an rechtlichen Gründen, militärisch etwas gegen Saddam Hussein zu unternehmen. Dabei wird übersehen, dass sich die Aufgaben von Polizei und Militär bei der Prävention schon immer gedeckt haben, auch wenn das Militär in der Geschichte meist zu anderen Zwecken missbraucht wurde.
Die Märkte jedenfalls würden es auf Dauer nicht verzeihen, wenn es zum wohl letztmöglichen Zeitpunkt unterlassen würde, das Problem Saddam Hussein militärisch zu lösen. Und die Märkte wissen sehr genau, dass die Gefahren einer Aktion jetzt noch kalkulierbar, in wenigen Jahren aber völlig unberechenbar, gewiss aber um ein Vielfaches größer sind.
Arnd Hildebrandt
Herausgeber
(1993)
<ul> ~ http://www.terminmarktwelt.de/tauros/freiartikel.php3?bereich=haus&artikel=6</ul>

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