- Prima Klima - Nachschlag mit Sauerstoff - Herbi, dem Bremser, 18.08.2002, 19:19
- prima, hab viel gelernt. Danke! (owT) - SchlauFuchs, 18.08.2002, 19:47
- Re: prima, hab viel gelernt. Danke! *** Dank zurück: Dänische Untersuchungen - Herbi, dem Bremser, 18.08.2002, 23:41
- Wissen & Macht... - Zardoz, 19.08.2002, 01:18
- Wenn die 'Macht'... - silvereagle, 19.08.2002, 13:07
- Re: Wenn die 'Macht'... - Zardoz, 19.08.2002, 13:37
- Re: Wenn die 'Macht'... - Saint-Just, 19.08.2002, 19:39
- Re: Wenn die 'Macht'... - Zardoz, 19.08.2002, 13:37
- Wenn die 'Macht'... - silvereagle, 19.08.2002, 13:07
- Wissen & Macht... - Zardoz, 19.08.2002, 01:18
- Re: prima, hab viel gelernt. Danke! *** Dank zurück: Dänische Untersuchungen - Herbi, dem Bremser, 18.08.2002, 23:41
- Re: Autor - Cosa, 19.08.2002, 10:05
- Re: Autor **Simon Lamb & David Sington.. - Herbi, dem Bremser, 19.08.2002, 13:09
- Re: Autor ** ISBN bei www.buch.de funzt wunnebar.. - Herbi, dem Bremser, 19.08.2002, 13:27
- Re: Autor - Bravo - Saint-Just, 19.08.2002, 16:35
- Re: Autor **Simon Lamb & David Sington.. - Herbi, dem Bremser, 19.08.2002, 13:09
- prima, hab viel gelernt. Danke! (owT) - SchlauFuchs, 18.08.2002, 19:47
Prima Klima - Nachschlag mit Sauerstoff
-->Fortsetzung der drei Beiträge zum Thema:
Warum es neulich auf unserer Erde kalt war, wir mitten in einer Eiszeit stecken und bald wieder wärmere Temperaturen zu erwarten haben
4. Beitrag.
Ich hatte diesen Abschnitt neulich nicht aufgenommen wegen der Isotopen des Sauerstoffs.
Vor diesem Text steht der Beitrag des Posting zum Eiszeitalter Nr. 119680
Nun also einiges über den Sauerstoff und seine Isotopen -16 und -18.
EINE GESCHICHTE DER ABKÜHLUNG
Die Belege für ehemalige Eiszeiten treten nur vereinzelt und bruchstückhaft auf. Inzwischen sind wir jedoch in der Lage, die Abfolge von Ereignissen zu rekonstruieren, die die jüngste Eiszeit einleiteten - die, in der wir selbst leben. Die dramatische Klimaverschiebung hatte Auswirkungen auf das Leben auf der ganzen Erde. Da sich Lebewesen ihrer Umwelt anpassen, haben Veränderungen der Umwelt gravierende Auswirkungen auf Tiere und Pflanzen. Wie bereits in Kapitel 5 erwähnt, wird etwa die Form der Blätter einer Pflanze zum Teil von der Temperatur bestimmt, der die Pflanze ausgesetzt ist - so konnten Geologen versteinerte Blätter zur Bestimmung der mittleren Jahrestemperatur vergangener Zeiten verwenden. Die in Sedimenten erhaltenen fossilisierten Samen oder Pollen zeigen die Art der Vegetation in einer bestimmten Gegend. Damit geben sie auch indirekt Hinweise auf die herrschenden klimatischen Bedingungen. So gut diese Indikatoren auch sind - sie haben sich leider nur in Ausnahmefällen gut erhalten. Wenn zum Beispiel ein Sumpf durch Materialeintrag verlandete, sind diese Indikatoren meist verschwunden.
Doch lebende Organismen liefern auch auf andere Weise erstaunlich detaillierte Informationen über die klimatischen Veränderungen der vergangenen etwa 100 Millionen Jahre - also die Zeit, in der die gegenwärtige Eiszeit begann. Der Schlüssel hierfür ist der Sauerstoff, der in Fossilien gebunden ist. Fossile Schalen bestehen häufig aus Kalziumkarbonat, dessen Moleküle auch Sauerstoff enthalten. Sauerstoff kommt in der Natur in mehreren Formen vor. Das häufigste Isotop ist Sauerstoff-16, das nächsthäufige der schwerere Sauerstoff-18. Im Laufe seines Lebens entzog das Lebewesen, das die Schale bewohnte, dem Wasser Sauerstoff, um seine Schale zu bilden. Experimente zeigten, daß das Verhältnis von Sauerstoff-16 zu Sauerstoff-18 in der Schale von der Temperatur abhängt - und damit auf die Wassertemperatur verweist, in der das Tier lebte.
Wissenschaftler können die Wassertemperaturen der einstigen Ozeane feststellen, indem sie das Verhältnis der Sauerstoffisotopen in den Schalen der Ozeanbewohner bestimmen. Die Methode ist in der Theorie einfach, in der Praxis aber sehr aufwendig. Die Schalen haben sich Schicht für Schicht und Jahr für Jahr auf dem Ozeanboden aufgebaut. Einige gehörten zu planktonischen Fossilien, die in den oberen 50 Metern des Ozeans lebten. Nach dem Absterben sanken die Lebewesen auf den Grund und wurden neben den sogenannten benthonischen Fossilien auf dem Ozeanboden abgelagert. Durch Bohrungen mit Zylindern erhält man Proben, die einen Ausschnitt dieser Ansammlung toter Lebewesen enthalten - Tausende solcher Proben wurden in der Zwischenzeit gesammelt.
Danach beginnt die langwierige Arbeit der Bestimmung der Schichten und der Sortierung der verschiedenen planktonischen und benthonischen Arten. Die Schalen werden auf ihren Gehalt an Sauerstoffisotopen untersucht, und mit Hilfe des Verhältnisses von schwerem zu leichten Sauerstoff können konkrete Aussagen gemacht werden - die periodischen Umkehrungen des magnetischen Erdfeldes, die in der Magnetisierung der Sedimentschichten dokumentiert sind, helfen bei der Datierung. Schließlich werden die Meßdaten statistisch erfaßt.
Auf diesem Wege konnte man die Meerestemperaturen der letzten mehreren zig Millionen Jahre errechnen. Die Temperaturen des Oberflächenwassers erwiesen sich dabei im allgemeinen als konstant, auch wenn sie von Ozean zu Ozean variieren - das oberflächennahe Wasser ist am Äquator wärmer als in polnäheren Breiten.
Aber die Temperaturen der Tiefsee unterlagen einer bemerkenswerten Veränderung. Vor etwa 100 Millionen Jahren, als in der Kreidezeit Dinosaurier die Kontinente beherrschten, war das Wasser am Ozeanboden cirka 20 Grad wärmer als heute. Derzeit liegt die Durchschnittstemperatur des Wassers am Ozeanboden bei fast 0 Grad. Das Absinken der Temperaturen in den Ozeanen ist ein Anzeichen für eine Klimaveränderung.
Andere Indikatoren geben Aufschluß über die Temperaturen auf dem Festland. Aufgrund pflanzlicher Fossilien weiß man, daß zum Beispiel in der Kreidezeit praktisch überall auf dem Festland wesentlich höhere Temperaturen herrschten als heute - weder Arktis noch Antarktis waren eisbedeckt, dafür gab es dort ausgedehnte Waldregionen.
Seither sind die Temperaturen überall schrittweise gesunken. Vor ungefähr 35 Millionen Jahren gab es eine deutliche Abkühlung des Tiefseewassers. Das geht einher mit den ersten Anzeichen glazialer Ablagerungen in den Tiefseesedimenten der Antarktis, die nahe legten, daß sich an Land eine Eisdecke auszubreiten begann. Diese Erscheinungen zeigen die frühen Anfänge der gegenwärtigen Eiszeit. Vor rund 15 Millionen Jahren gab es einen weiteren Abfall der Temperaturen des Tiefseewassers, während sich gleichzeitig die Eisdecke der Antarktis fast bis zu ihrer gegenwärtigen Größe aufbaute. Bis jetzt gibt es jedoch noch keine Hinweise für eine Eisdecke in der nördlichen Hemisphäre.
DER PULSSCHLAG DER VERÄNDERUNG
Die Auswertung der Sauerstoffisotope ergab, daß sich vor 15 Millionen Jahren etwas Seltsames ereignete. Bei Fossilien aus tiefen und seichten Regionen der Ozeane wurden starke Schwankungen im Verhältnis der Sauerstoffisotope festgestellt, die kaum mit der Veränderung der Wassertemperatur zu erklären sind, da Oberflächen- und Tiefseewasser ihre Temperatur gewöhnlich nicht gleichzeitig ändern. Die Lösung dieses Rätsels lieferte gleichzeitig eine neue Interpretation der Isotopenwerte, die von den Ozeanen auf die Eisdecken an Land schließen lassen. Um dies nachvollziehen zu können, muß man die Verteilung des Wassers auf der Erde kennen.
Wasser gibt es in vielen Teilen der Erde: gebunden in Gesteinen in großen Tiefen, knapp unter und an der Oberfläche in flüssigem Zustand, gefroren als Eis und Schnee oder gasförmig in der Atmosphäre. Heute enthalten die Ozeane rund 97% des Oberflächenwassers. Fast 3% sind in Gletschern als Eis gebunden, und nur ein kleiner Bruchteil findet sich in Flüssen, Seen und Böden, in der Atmosphäre sowie in lebenden Organismen. Gegenwärtig wachsen die Eisdecken in Grönland und in der Antarktis durch die Akkumulation von Schnee in hohen Breiten. Schnee bildet sich während der Wintermonate, wenn die Feuchtigkeit in der Atmosphäre gefriert. Der größte Teil der Feuchtigkeit stammt aus der Verdunstung des Wassers in den Ozeanen. Das Anwachsen der Eisdecken und Gletscher basiert auf dem Übergang von Wasser aus den Ozeanen zum Land.
Wenn mehr Wasser durch Verdunstung an die Atmosphäre abgegeben wird, als Flüsse und geschmolzenes Eis eintragen, nimmt das Volumen der Ozeane ab, der Meeresspiegel fällt, und die Eismassen an Land nehmen zu. Wenn, wie es heute der Fall zu sein scheint, mehr Wasser in die Ozeane fließt, als durch Verdunstung abgegeben wird, dann nimmt das Volumen der Ozeane zu, der Meeresspiegel steigt, und Eisdecken und Gletscher schrumpfen. Wasser (H2O) besteht aus Wasserstoff und Sauerstoff, und das Vorrücken und Rückschmelzen der Eisdecken beeinflußt das Verhältnis der Sauerstoffisotope in den Ozeanen. Dies liegt daran, daß aus leichtem Sauerstoff bestehende Wassermoleküle wesentlich leichter verdunsten als Wassermoleküle aus schwerem Sauerstoff. Deshalb nimmt der leichte Sauerstoff in den Ozeanen ab, wenn die Eisdecken an Land zunehmen. Schrumpfen die Eisdecken, gelangt das Schmelzwasser in die Ozeane, und der Gehalt an leichtem Sauerstoff in den Weltmeeren steigt wieder an. Daher entsprechen die Volumenänderungen in den Eisdecken den Schwankungen im Verhältnis von leichtem und schwerem Sauerstoff des Meerwassers; dies zeigt sich im Verhältnis der Sauerstoffisotope in den fossilen Schalen der Organismen sowohl im tiefen als auch im seichten Wasser.
Ist die Erde nur von geringen Eismassen bedeckt, hat dies kaum Auswirkungen. Aber es scheint, daß die Eisdecken vor 15 Millionen Jahren groß genug waren, um die aus den Änderungen der Wassertemperaturen resultierenden Folgen zu übertreffen. Also weisen die Verhältnisse der Sauerstoffisotope innerhalb dieser Periode auf eine Veränderung des Eisvolumens, nicht der Temperatur hin. Dies ist vor allem für die letzten 6 Millionen Jahre gesichert - es gab Zeiträume, in denen viel mehr Wasser in Eis gebunden und der Meeresspiegel entsprechend niedrig war.
Diese Phasen wechselten mit Zeiten, in denen das Eisvolumen gering und der Meeresspiegel hoch war. Vor etwa 2,5 Millionen Jahren begann das Eisvolumen an Land stark zu wachsen. Tiefseesedimente im Nordatlantik enthielten erstmals Spuren von Eisdecken auf der Nordhalbkugel - isolierte Steine, die sich von Eisbergen gelöst hatten. Damit Eisberge Gestein mit sich führen können, müssen sie, bevor sie abbrechen und in das Meer hinaustreiben, Teil einer kontinentalen Eisdecke gewesen sein. Die sich damals ausdehnenden Eisdecken hinterließen das Geschiebe, die Art von Ablagerungen, durch die Geologen erstmals erkannten, daß es Eiszeiten gab. In den vergangenen Millionen Jahren traten auf der Nordhalbkugel einige Phasen wesentlicher Vergrößerung der Eisdecken auf, die von Zeiträumen der Schmelze abgelöst wurden; dieses Vorrücken und Rückschmelzen ist im Geschiebe dokumentiert.
PORTRÄT EINER EISZEIT
Die Sedimentkerne geben sehr genaue Hinweise auf das periodische Vorrücken und Rückschmelzen der Eisdecken auf der ganzen Welt über einen Zeitraum von etwa 2,5 Millionen Jahren. Überraschenderweise entdeckten Wissenschaftler noch exaktere Belege für die klimatischen Veränderungen, die die Klimageschichte der vergangenen Jahrhunderttausende nahezu Jahr für Jahr rekonstruierbar machen. Allsommerlich treffen sich Wissenschaftler aus der ganzen Welt auf der grönländischen Eiskappe. Hier, 3000 Meter über dem Meeresspiegel und Tausende von Kilometern von jedem bewohnten Ort entfernt, machen sie Bohrungen im Eis.
Das Verhältnis der leichten und schweren Sauerstoffisotope im Schnee spiegelt die Durchschnittstemperatur in der Atmosphäre wider, als die Schneekristalle sich bildeten. Also gibt das Verhältnis der Sauerstoffisotope auch Aufschluß über die einst herrschenden Lufttemperaturen. Jahr für Jahr sammeln sich frische Lagen von Schnee an und werden allmählich zu Eis. Wenn man nun die Bohrkerne untersucht, müssen die einzelnen Eisschichten ausgemacht werden. Danach ist es einfach, das Eis zu datieren, indem man die jährlichen Schichten zählt. Dabei wirken im Eis eingeschlossene Ablagerungen von Vulkanausbrüchen als Zeitmarken.
Die Eiskerne zeigen, daß die mittlere Jahrestemperatur in Grönland starken Schwankungen unterlag. Stellt man diese Temperaturunterschiede in einem Profil dar, erscheinen sie als Wellenlinien. während der letzten 10 000 Jahre - diese Epoche bezeichnet man als Holozän - schwankte die Temperatur zwar häufig, änderte sich aber nicht wesentlich; die Wellenfrequenz ist entsprechend schwach.
Aber vor dem Beginn des Holozäns zeigt sich ein anderer Verlauf. Alle paar tausend Jahre gab es rasche, bis zu 10 Grad starke Schwankungen im Temperaturverlauf. Die niedrigsten Temperaturen lagen weit unter den niedrigsten des Holozäns. Vor mehr als 100 000 Jahren entsprachen die Temperaturen denen des Holozäns oder waren sogar noch höher. Nimmt man nun die Beweise von Tiefsee- und Eisbohrkernen zusammen, ergibt sich ein Bild des Wachstums und der Rückbildung gewaltiger Eisdecken. Die Messung der Sauerstoffisotope in der Tiefsee ergibt ein gezähntes Muster, das als glazialer Zyklus bezeichnet wird.
Zum besseren Verständnis ist es hilfreich, von der heutigen Situation auszugehen. Derzeit befinden wir uns in einem sogenannten Interglazial; die Eisdecken der Nordhalbkugel nehmen nur verhältnismäßig kleine Flächen ein, der Meeresspiegel liegt hoch, und die Temperaturen in den Polargebieten sind relativ mild. Im vorangegangenen Interglazial herrschten zeitweise höhere Temperaturen als heute; das erklärt die Funde von Nilpferd- und Elefantenknochen in Hertfordshire. Diese Periode endete vor 115 000 Jahren, und es folgte eine glaziale Periode.
In den hohen Breiten sanken die Temperaturen, die Eisdecken auf der Nordhalbkugel und in Südamerika dehnten sich aus, und der Meeresspiegel sank. In der Antarktis hatte das Wachstum der Eisdecken früher begonnen. Diese allgemeine Tendenz wurde von einigen kurzen Phasen der Erwärmung in den sogenannten Interstadialen abgelöst, als sich die Eisdecken zurückzogen und der Meeresspiegellangsam anstieg.
Vor etwa 18 000 Jahren kam es zur maximalen Vereisung: Die Eisdecken hatten ihre größte Ausdehnung, und der Meeresspiegel war am niedrigsten. Bald danach, als das Klima sich wieder erwärmte, schrumpften die Eisdecken rasch, und der Meeresspiegel stieg auf seine ursprüngliche Höhe. Geht man vom bisherigen Rhythmus aus, liegt der Beginn der Abkühlung, der in die nächste glaziale Periode führt, nur einige 10 000 Jahre in der Zukunft.
Im Rahmen des internationalen Projekts CLIMAP wurden detaillierte Bilder der Erde aus dem Monat Juli während des letzten glazialen Maximums vor 18 000 Jahren publiziert; die Arbeit beinhaltete eine Vielfalt geologischer Informationen. Der Monat Juli wurde gewählt, da die Lebensdauer einer Eisdecke auf der Nordhalbkugel sehr empfindlich auf die Temperaturen in den Sommermonaten reagiert. Bei den heutigen Sommertemperaturen schmelzen die Schneeansammlungen des Winters weiträumig, das Eisvolumen bleibt entweder stabil oder schrumpft. Die Meßwerte der Sauerstoffisotope legen nahe, daß die mittleren Oberflächentemperaturen vor 18 000 Jahren überall niedriger waren, das heißt, die Temperaturen lagen weltweit um einige Grade unter den heutigen Werten. Vor allem über den gewaltigen Eisdecken, die einen großen Teil der Nordhalbkugel bedeckten, herrschten tiefe Temperaturen, und der im Winter gefallene Schnee schmolz während der kalten Sommermonate nicht ab.
Im Gegensatz dazu lagen die Oberflächentemperaturen nahe des Äquators in Afrika nur geringfügig unter den heutigen (ungefähr 2 bis 3 Grad), wie Studien an versteinerten Pflanzenpollen ergaben. Auch damals gab es nahe des Äquators tropische Regenwälder, doch die Bedingungen waren trockener. Die klimatischen Veränderungen zu Beginn und am Ende einer maximalen Vereisung verkleinern die Tropen oder dehnen sie aus, lassen sie aber offenbar nicht verschwinden.
DAS ANSTEIGENDE MEER
Wie bereits erläutert, wachsen die Eisdecken auf Kosten des Meeres. Die Konsequenzen des glazialen Zyklus sind periodische Veränderungen des Meeresspiegels auf der ganzen Welt. In Neuseeland und auf Neuguinea lassen sich diese Meeresspiegelschwankungen gut dokumentieren. Die Küstenlandschaft zeigt einen charakteristischen terrassenförmigen Aufbau. An manchen Stellen erscheinen die Terrassen so regelmäßig, daß die Landschaft wie eine riesige Treppe wirkt, die aus dem Meer aufsteigt. Jede Terrasse entspricht einer Stufe, und an der Rückseite jeder Stufe, wo sich die Klippen zur nächsten Stufe erheben, sind alte Strandlinien zu erkennen.
Der Neuseeländer Charles Cotton untersuchte an der Wende zum 20. Jahrhundert die Entstehung dieser Terrassen. Bei hohem Meeresspiegel schlagen große Wellen auf die exponierte neuseeländische Küste, höhlen Klippen aus und schaffen eine Abrasionsplattform (Schorre), die bei Ebbe frei liegt. Mit der Zeit wird diese Plattform immer größer, weil die Küstenerosion die Klippen zunehmend unterhöhlt. Wenn dann der Meeresspiegel sinkt, fällt die Plattform trocken und wird, wenn das Meer wieder ansteigt, überflutet.
Aber Neuseeland ist ein Land der Erdbeben und unterliegt aufgrund der Dynamik zwischen der Pazifischen und der Australischen Platte einer ständigen Hebung. Deshalb ragte die Küstenlinie immer weiter aus dem Meer, die Flut erreichte die alte Schorre nicht mehr, und sie blieb als Terrasse erhalten. Die Wellen schaffen nun eine neue Abrasionsplattform auf einem niedrigeren Niveau. Im Lauf der Zeit entsteht die beschriebene Treppe aus Terrassen. Abrasionsplattformen entstehen auch bei niedrigem Meeresspiegel, werden aber bei dessen Anstieg überschwemmt. Deshalb sind sie an Land nicht erhalten, finden sich jedoch unter der Meeresoberfläche. Auf Barbados etwa wurden Korallenbänke, die eigentlich nur wenige Meter unter der Oberfläche wachsen können, einige zig Meter unter dem Meeresspiegel gefunden. Die Datierung dieser Korallen bestätigt die Geschichte der jüngsten Anhebung des Meeresspiegels - die fast 18 000 Jahre alten Kalkgebilde befinden sich mehr als 100 Meter unter dem Meeresspiegel, die jüngeren in immer flacherem Wasser. Die vor 18 000 Jahren einsetzende Anhebung betrug fast überall 120 Meter, und in einigen Regionen rückte die Strandlinie mehr als 1 Kilometer im Jahr über die Küstenebenen vor.
Überall auf der Welt brachten detaillierte Vermessungen der seichten Kontinentalschelfs Spuren vieler alter Strandlinien zum Vorschein. Die Tiefe der Kontinentalschelfs ist weltweit auffällig einheitlich und liegt bei 100 bis 200 Metern unter dem heutigen Meeresspiegel. Diese Tiefe ist das Maß der Höhenunterschiede zwischen Niedrig- und Hochständen des Meeresspiegels; die Kontinentalschelfs bildeten weite Küstenebenen bei Niedrigständen und seichte Schelfregionen bei Hochständen wie heute.
Die weltweiten Überflutungen der Küstenregionen seit dem jüngsten Ansteigen des Meeresspiegels hinterließen bei den verschiedensten Kulturen Spuren in den Legenden. Solche Veränderungen führen zu weiträumigen Umsiedlungen von Menschen und werden kaum vergessen, auch wenn die Details verzerrt werden. Die Genesis und das assyrische Epos Gilgamesch berichten von katastrophalen globalen Fluten. Auch die australischen Aborigines überliefern die Geschichte einer großen Flut, die vielleicht ein fernes Echo der Überspülung der Kontinentalschelfregion ist, die heute Australien von Neuguinea trennt.
DAS VERSTÄNDNIS DES KLIMAS
Es gibt also Beweise für die dramatischen klimatischen Veränderungen, die mit der Entwicklung der gegenwärtigen Eiszeit einhergingen. Diese Veränderungen geschahen offenbar häufig sehr rasch und wiederholten sich ständig. Warum aber gibt es Eiszeiten, und was bestimmt die Schwankungen innerhalb einer Eiszeit?
Klimatische Schwankungen resultieren aus einer Vielzahl komplexer Vorgänge und Ereignisse. Stark verkürzt läßt sich sagen, daß die Oberfläche der Erde kälter ist als zu anderen Zeiten. Wissenschaftler nahmen zahlreiche Messungen im Meer und auf dem Land vor, um die gegenwärtige durchschnittliche Oberflächentemperatur der Erde zu bestimmen - sie liegt bei ungefähr 15 Grad.
In der Mitte der Kreidezeit, als keine Eiszeit herrschte, war die Temperatur um einige Grade höher.
Aber es gibt einen Temperaturgradienten zwischen den Polen und dem Äquator; an den Polen ist es immer kälter als am Äquator, und Eisdecken bilden sich im allgemeinen an den Polen. Die Geschichte des Weltklimas zeigt, daß sich die mittlere Oberflächentemperatur und - wie das CLIMAP Projekt bewies - der Temperaturgradient zwischen den Polen und dem Äquator mit der Zeit verändern. Klimaschwankungen sind die Summe aus langfristigen Veränderungen in der Atmosphäre.
Maßgeblich für das Klima ist die Troposphäre, die von der Erdoberfläche bis in eine Höhe von maximal 30 Kilometern reicht und in steter Bewegung ist. Die Energie dafür stammt von der Sonne und übertrifft die Hitze des Erdinneren um ein Tausendfaches. An den Polen ist die Einstrahlung nur schwach, am Äquator erreicht sie die Erde fast senkrecht; daraus resultiert der Temperaturgradient zwischen den Polen und dem Äquator. Außerdem bestehen Wechselwirkungen zwischen der Atmosphäre, den Ozeanen und der Erdoberfläche.
Physiker bezeichnen die Atmosphäre als ein nicht-lineares System, weil eine kleine Veränderung eines Bestandteils eine Wirkung zeitigen [zeigen?] kann, die in keinem Verhältnis zur ursprünglichen Veränderung steht und manchmal katastrophale Ereignisse auslöst. Sie berücksichtigen die Temperaturen und Drucke von Gasen. Selbst modernste Computer sind bislang nicht in der Lage, Modelle für kleinräumige Wetter- oder Klimastrukturen zu errechnen. Um solche Erscheinungen darzustellen, wären wesentlich leistungsfähigere Rechner nötig. Dennoch sind Computermodelle für das Studium klimatischer Veränderungen überaus hilfreich.
DIE MILANKOVITCH-ZYKLEN
Das Verhalten der Atmosphäre wird zum größten Teil durch die Intensität der Sonneneinstrahlung, die auf die Erde trifft, bestimmt. Aber die Intensität der Strahlung variiert mit der Stellung der Erde bei ihrer Bewegung um die Sonne. 1920 bewies der jugoslawische Mathematiker Milutin Milankovitch, daß die Umlaufbahn drei Zyklen aufweist. Die Umlaufbahn der Erde um die Sonne beschreibt eine Ellipse. Die Gestalt dieser Umlaufbahn verändert sich mit der Zeit und variiert etwa alle 100 000 Jahre von einer elliptischen zu einer kreisförmigen Bahn und umgekehrt.
Für einen kürzeren Zeitraum oszilliert die Neigung der Drehachse relativ zur Ebene der Umlaufbahn zwischen zwei extremen Positionen.
Das geschieht schneller, als sich die elliptische Umlaufbahn ändert, nämlich innerhalb eines 41 000 Jahre dauernden Zeitraums. Schließlich bewegt sich die Drehachse wie ein KreiseI.
Dieses"Eiern«, kombiniert mit einem langsamen Treiben der elliptischen Umlaufbahn der Erde, bedingt eine konstante Verschiebung des Zeitpunkts, an dem die Erde der Sonne am nächsten steht. Milankovitch erkannte, daß das unterschiedliche"Eiern« der Erdumlaufbahn die Verteilung und Intensität der einfallenden Sonnenstrahlung, die die Erdoberfläche erreicht, beeinflußt. Er vermutete, daß das globale Klima besonders empfindlich auf die einfallende Strahlung reagiert, die die mittleren bis hohen Breiten erreicht.
Milankovitch berechnete die einfallende Sonnenstrahlung der letzten 100 000 Jahre und zeigte ihre Unterschiede auf. Als er seine Ergebnisse kurz vor dem Zweiten Weltkrieg zum ersten Mal veröffentlichte, wußte man zu wenig über Klimaveränderungen in der Vergangenheit. Klimatologen diskutierten damals darüber, ob die astronomischen Effekte groß genug waren, um signifikante Veränderungen des Klimas hervorzurufen.
In den 1970er Jahren war es möglich, die klimatischen Schwankungen, die durch das Verhältnis der Sauerstoffisotope in den Tiefseebohrkernen dokumentiert waren, direkt zu vergleichen. Diese setzte man nun mit den Schwankungen der Sonneneinstrahlung in Beziehung, wie sie von Milankovitch berechnet worden war. Es zeigte sich, daß die Milankovitch-Zyklen immerhin 60% der festgestellten klimatischen Schwankungen erklärten, und die meisten Wissenschaftler sahen darin die Bestätigung für die astronomische Theorie, die Milankovitch entwickelt hatte; sie lieferte zudem eine Erklärung für die treibende Kraft hinter den meisten klimatischen Veränderungen der Erde über mehrere zigtausend bis hunderttausend Jahre.
Die Tiefseekerne belegen das Anwachsen und Rückschmelzen der Eisdecken. Deshalb müssen Milankovitch-Zyklen, die sich aus den Schwankungen der einfallenden Sonnenstrahlung ergeben, die Größe der Eisdecken beeinflussen. Heute können die Klimatologen mit Hilfe ihrer Computermodelle die Gründe dafür ausmachen. Die von Milankovitch berechnete Schwankung der einfallenden Sonnenstrahlung muß sich direkt auf die Temperaturunterschiede zwischen den Jahreszeiten auswirken. Nehmen die jahreszeitlichen Schwankungen ab, dann schmilzt in den mittleren und hohen Breiten während der dann kühleren Sommer weniger Eis - und damit wachsen die Eisdecken. Größere jahreszeitliche Veränderungen - vor allem heißere Sommermonate - führen entsprechend zu stärkerem Abschmelzen und einer Abnahme der Eisdecken.
Eine rätselhafte Erscheinung der MylankovitchZyklen ist, daß die schwächste astronomische Kraft die größten klimatischen Änderungen der letzten Jahrmillionen auslöste: den Wechsel zwischen glazialen und interglazialen Perioden alle 100 000 Jahre. Die Intensität der Sonnenstrahlung ist umgekehrt proportional zum Quadrat der Entfernung zur Sonne; dies entspricht dem Leuchtkegel einer Taschenlampe, dessen Licht gedämpfter erscheint, wenn er auf weiter entfernte Gegenstände trifft.
Tatsächlich sind die Veränderungen der elliptischen Erdumlaufbahn um die Sonne sehr gering; ihre Fluktuation in der Intensität beträgt weniger als 0,3 %. Zum Verständnis des Wechsels zwischen Glazialen und Interglazialen hilft es, die nicht-lineare Natur der Atmosphäre vor Augen zu führen, in der kleine Effekte verstärkt werden und in großen Klimaveränderungen resultieren.
LEBEN IN EINEM TREIBHAUS
Milankovitch-Zyklen sind ein Beispiel für eine Kraft außerhalb der Erde, die das Klima verändern kann. Sie erklären die Klimaveränderungen innerhalb einer Eiszeit, aber nicht, warum Eiszeiten auftreten. Außerdem sind sie wichtig für das Verständnis von Klimaveränderungen innerhalb der Atmosphäre. Bestimmte Gase in der Atmosphäre haben eine tiefgreifende Wirkung auf die Temperatur der Erdoberfläche; die wichtigsten dieser Gase sind Wasserdampf, Kohlendioxid, Methan, Distickstoffoxid, Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) und Ozon.
[Soweit der Beitrag vom Sauerstoff und seinen Isotopen zum Klima.
Der 3. Beitrag, Nr. 138560 zum Leben im Treibhaus schließt hier nahtlos an.]
[wiederum ex DIE ERDGESCHICHTE, ISBN 3-8290-5026-7]
Gruß
Herbi

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