- Von der Börsenkrise zur Systemkrise? - Morpheus, 18.08.2002, 21:08
- wie ist noch schnell die Hompage-ID von Marco Felten?? - No_Fear, 18.08.2002, 21:29
- Re: wie ist noch schnell die Hompage-ID von Marco Felten?? - Supermario, 18.08.2002, 21:34
- yep... danke! (owT) - No_Fear, 18.08.2002, 21:35
- Re: wie ist noch schnell die Hompage-ID von Marco Felten?? - Supermario, 18.08.2002, 21:34
- wie ist noch schnell die Hompage-ID von Marco Felten?? - No_Fear, 18.08.2002, 21:29
Von der Börsenkrise zur Systemkrise?
-->Meine aktuelle Kolumne:
Von der Börsenkrise zur Systemkrise?
Als Alan Greenspan im Jahre 1996 von „irrationalem Überschwang“ in Bezug zum Aktienmarkt sprach, hatte der eigentliche Hype noch gar nicht begonnen. Und auch Fidel Castro, Staats- und Regierungschef des sozialistisch geprägten Kuba, war mit seinen mahnenden Worten im Juli 1998 der Zeit voraus: „Die tiefe Weltwirtschaftskrise wird unvermeidbar sein, sobald die Riesenseifenblase der Börsen platzt, die ihre Realwerte absurd hochgetrieben haben.“ Noch bis zum Frühjahr 2000 sollten vor allem die Technologiebörsen unglaubliche Kursdimensionen erreichen. Doch seit dem fallen die Kurse und allmählich entwickelt sich die Börsenkrise zu einer Systemkrise.
Die 90er waren durch einen tiefen Glauben an eine neue Ära, einer „New Economy“ geprägt. Weder die Russlandkrise, noch die Krise in Asien oder der Zusammenbruch des Hedgefonds LTCM konnten diesem Glauben etwas anhaben. Ganz anders ist die Situation heute, in der Bilanzskandale und Betrugsfälle das Vertrauen in die Finanzmärkte nahezu täglich von neuem erschüttern und die stärkste Zinssenkungsrunde in der Geschichte keine nachhaltige Wirkung erreicht hat. Doch was ist eigentlich passiert? Warum gelten Formeln wie „Buy on bad news“ oder „Never fight the Fed“ nicht mehr?
Bilanzen wurden auch schon im den 90ern geschönt. Was sich aber geändert hat ist die Psychologie bzw. die Wahrnehmung der Anleger. Nach Jahren der Massenpropaganda durch Analysten, Banken, Medien und selbst dem Staat hat sich der Bullenmarkt in den letzten Monaten in einen Bärenmarkt gewandelt. Selbst frühere Helden wie US-Notenbank-Chef Alan Greenspan, der vergangene Krisen mittels Zinssenkungen zu bändigen vermochte, haben ihren Glanz verloren. Der „Greenspan-Put“ ist ausgelaufen, die Massen haben das Vertrauen in Analysten, Bänker und auch Politiker verloren.
Nun hat die Börse, das Herz des Kapitalismus, jedoch tiefgreifende Wirkungen auf die Realwirtschaft. In Zeiten des Booms flossen gigantische Geldbeträge in Projekte, die niemals einen Ertrag bringen werden, Übernahmen wurden zu „Mondpreisen“ durchgeführt, Managementgehälter sind explodiert, die Verschuldung hat völlig utopische Höhen erreicht. Heute macht nun vor allem der Kapitalentzug vielen Firmen zu schaffen, aber auch die Verbraucher haben hohe Vermögenseinbußen erlitten und müssen sich nun Gedanken um ihre Altersvorsorge machen. Nicht müde werde ich mit der Feststellung, dass die Schuldensituation vor allem in den USA ein dauerhaftes Problem darstellt und die Wirtschaft dadurch nachhaltig belastet sein wird. Hierin liegt das Kernproblem: ein bereits massiv verschuldeter Verbraucher wird in einem wirtschaftlich miserablen Umfeld vernünftigerweise seinen Konsum drosseln. Was das jedoch für die Wirtschaft heißt, sollte klar sein. Und dass Firmen dann nicht investieren und froh sind, ihre Produkte in einem stark konkurrenzbetonten Umfeld überhaupt an den Mann zu bringen erscheint ebenfalls einleuchtend. Die mögliche Folge, die sich bereits vielfach abzeichnet ist Deflation, ein Sinken des Preisniveaus. Was Japan bereits seit 10 Jahren erlebt, droht nun auch dem „Westen“. Um diese Situation nicht zu verschärfen werden die Notenbanken weiterhin massiv die Geldmenge ausweiten müssen.
Es wird vermutlich Jahre dauern, bis die Kreditblase abgebaut ist. Bis dahin werden die Aktienmärkte immer wieder scharfe Rallyes erleben, doch an einen neuen Bullenmarkt glaube ich weiterhin nicht. Dafür müssten sich die Unternehmensergebnisse verbessern, doch wie dies in einem deflationären Umfeld gelingen soll bleibt fraglich. Insgesamt betrachtet ist es daher an der Zeit, über das System an sich nachzudenken. Die massiven Kreditausfälle und Firmenpleiten, Massenentlassungen und soziale Spannungen und vor allem das totgeschwiegene Problem der Finanzierung zukünftiger Renten wird die Frage nach einer Umgestaltung des Finanzsystems in den nächsten Jahren in den Vordergrund rücken lassen. Unglücklicherweise befinden sich die USA in einem kostspieligen, zeitlich nicht kalkulierbaren Krieg, sodass sich wichtige Entscheidungen verzögern werden. Selbst die Manipulation des Goldmarktes, das gezielte Eingreifen in den Aktienmarkt („Plunge Protection Team“) und statistische Beschönigungen (hedonische Preisindizes) werden den Trend nicht umkehren - sie werden ihn lediglich verlängern. Vermutlich wäre es sonst längst zu einem weltweiten Börsencrash gekommen.
Marco Feiten
14.08.2002

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