- Weicht die Flut die Maastricht-Krieterien langsam auf? - DowJames, 19.08.2002, 18:19
- Re: Weicht die Flut die Maastricht-Krieterien langsam auf?ja - sicher - foreveryoung, 19.08.2002, 20:00
- Re: Weicht die Flut die Maastricht-Krieterien langsam auf? Hoffentlich! - Saint-Just, 19.08.2002, 20:16
- $ oder € aufgeweicht?? - DowJames, 19.08.2002, 20:18
- Re: Weicht die Flut die Maastricht-Krieterien langsam auf?ja - sicher - foreveryoung, 19.08.2002, 20:00
Weicht die Flut die Maastricht-Krieterien langsam auf?
-->Kommentar: Die Flutwelle erreicht Brüssel
- von vwd Redakteur Christian Vits -
Es war kaum anders zu erwarten, nun drohen die Überschwemmungen auch den Maastrichter Vertrag zu verwässern. Da fordert der deutsche Wirtschaftsminister angesichts notwendiger Fluthilfen eine Debatte über die Stabilitätskriterien des Vertrags, die der italienische Europaminister eine Zwangsjacke nennt. Da sagt ein Kanzler in Gummistiefeln, das Thema Haushaltsdefizit interessiere ihn"überhaupt nicht". Die kritische Kulisse belegt, wie gefährdet die Vorgaben sind, aufgeweicht zu werden. Zugleich ist das Korsett der Bestimmungen keineswegs zu eng, im Gegenteil, es müsste noch viel fester gezurrt werden, um das angestrebte Ziel zu erreichen.
Natürlich soll der Bund den Geschädigten helfen, aber muss man daraus gleich einen Ausnahmefall konstruieren, der Abweichungen von den Brüsseler Vorgaben erlaubt? Nicht nur, dass es kaum möglich ist, Fluthilfen von Infrastrukturinvestitionen und Beihilfen zu unterscheiden. Es darf einem wohlhabenden Land wie der Bundesrepublik durchaus abverlangt werden wenigstens einen Teil dieser Anstrengung durch Umschichtungen im Haushalt zu bewältigen, ohne gleich die haushaltspolitischen Grundsätze über Bord zu werfen. Experten schätzen das Potenzial einer Umschichtung auf immerhin fünf Mrd bis zehn Mrd EUR.
Auch der von der EU-Kommission eingeschlagene Weg ist richtig, Gelder aus Unionstöpfen freizumachen, ohne das Budget weiter aufzupumpen. Wenn nun für den Strukturfonds vorgesehene Mittel genutzt werden, ist auch das nichts anderes als eine Umschichtung, die zudem den deutschen Haushalt vor einer Sonderbelastung bewahrt. Für andere Zwecke aber ist das Geld schlicht nicht mehr einsetzbar. Das garantiert ganz nebenbei einen verantwortungsvollen Umgang mit den Hilfen. Doch ist die Kommission gut beraten, heute keine Ausnahmeregelungen zu formulieren, die morgen zu Einfallstoren für die Umgehung der Vorgaben werden.
Die nun aufkeimenden Begehrlichkeiten zeigen aber auch eine Schwäche des Maastrichter Vertrags. Denn das Defizitkriterium braucht einen anderen Zuschnitt, wenn der Spielraum für eine antizyklische Fiskalpolitik wiedererlangt werden soll. Wer in fetten Jahren keine Gelder zurücklegt braucht sich nicht zu wundern, dass er in der Krise mit der Defizitvorgabe kollidiert. Der Stabilitätspakt müsste daher nicht nur eine Obergrenze für die Neuverschuldung enthalten, sondern auch eine konkret bezifferte Verpflichtung, in Zeiten robusten Wachstums zu sparen und Reserven zu erhöhen.
Wird diese Bedingung nicht beachtet, kann das Brüsseler Defizitziel zum Hemmschuh werden. Fällt nämlich das Bruttoinlandsprodukt als Referenzgröße geringer aus als geplant, sinkt damit absolut betrachtet die Zielgröße Defizit - fatal für einen zuvor nicht entlasteten Haushalt. Zudem wird der kontraktive Effekt über die dann sinkenden Einnahmen noch verstärkt. Solange in der Politik die fiskalpolitische Milchmädchenrechnung nicht begriffen wird, dass auch ein Staat dauerhaft nur ausgeben kann, was er einnimmt bleibt nur eine Schlussfolgerung: Europas Politiker brauchen striktere Regeln, sonst nichts.
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