- Bedenklichkeiten gegen das Schuldenzahlen (Jean Paul) - Firmian, 22.08.2002, 13:38
- Gehe dann jetzt mal meine Gläubiger prügeln... ;-) (owT) - Zardoz, 22.08.2002, 13:55
Bedenklichkeiten gegen das Schuldenzahlen (Jean Paul)
-->Siebenkäs, ein König und doch ein Armenadvokat und holzersparendes Mitglied, stand den Morgen als ein Mann auf, der, die Spesen etc. abgerechnet, bare 40 fl. frk. jede Stunde auf den Tisch legen konnte. Er genoß den ganzen Vormittag das für Tugendhafte mit einem besondern Reize versetzte Vergnügen, Schulden abzutragen - erstlich beim Sachsen die Hausmiete - bei den Fleischern, Bäckern und andern Krankenwärtern unserer dürftigen Maschine die kleinen Duodezrechnungen. Denn er glich den vornehmsten Personen, die von den geringsten nur Lebenmittel borgen und kein Geld, wie manche Richter nur mit jenen, nicht mit diesem zu bestechen sind.
Daß er übrigens seine Schulden abführt, kann ihm keiner verdenken, der weiß, daß er von geringem oder gar keinem Herkommen ist. Von einem Manne von Stande erwartet man als seiner anständiger, daß er seine Zinsen nicht bezahle - wozu ihn schon die Kreuzzüge verbinden, in welchen seine ältern Ahnen mit dienten und folglich, bloß unter den Römischen Stuhl eingepfarret, nichts zu verzinsen brauchten -, am wenigsten seine Schuldposten. Denn einem Mann von feinem Ehrgefühle, z. B. einem Hofmann, etwas borgen, heißet dasselbe mehr oder weniger vermehren. Diese Beleidigung seines Gefühls sucht der feine Mann zu verzeihen und will sich also die ganze Beleidigung samt ihren Umständen ganz aus dem Sinne schlagen; erinnert ihn der Beleidiger seines Ehrgefühls daran, so stellet er sich mit wahrer Feinheit, als wiss' er kaum, daß er beleidigt worden. Hingegen rohe Landjunker und Offiziere auf dem Marsch zahlen wirklich aus und schlagen sich - wie in Algier, wo jeder Münzgerechtigkeit hat - die Münzsorten dazu selber. Auf Malta ist eine lederne Münze, von 16 Sous im Wert, gäng und gäbe, deren Randschrift heißet: non aes sed fides1); diese juchtene Münze, wiewohl nicht rund, sondern lang ausgeprägt wie spanisches Geld - daher sie noch häufiger unter dem Namen der Hund- und Reitpeitschen vorkömmt -, zählen Landsassen und Personen vom Dorfadel ihren Kutschern, Juden, Schreinern und andern Leuten, denen sie schulden, so lange auf, bis Gläubigere befriedigt sind. - Ja ich stand schon am Tische und sah, daß Offiziere, die auf Ehre hielten, den Degen von der Wand oder Hüfte nahmen und damit dem Stiefelwichser, der sein Geld wollte, es in gedachter antiquarischer Rechenmünze - und schon bei den tapfern Spartern waren Waffen zugleich Münzen - wirklich hinzahlten, wobei noch dazu der Mann viel besser gewichset wurde als die meisten Stulpenstiefel, wofür er einfoderte. Und sollt' es, im ganzen und moralisch gesprochen, ein Fehler sein, wenn auch Militärpersonen vom höchsten Range ihre kleinern Schulden abführen und oft dem winzigsten Schneidermeister, der Metall begehrt, die eiserne Elle aus den Händen nehmen und ihm - indem sie ihn noch dazu gerade mit dem Maße messen, womit er sie und ihre Pelze maß - nicht bloße Rechenmünzen oder auch Assignaten, sondern ein Metall, welches das reiche Peru nicht hatte, nämlich besagtes Eisen, als gutes Geld, wenn nicht in die Hand drücken, doch an einen Ort, der Konkursmassen tragen kann? Wenigstens hatten die Briten keine andere Münze als lange Eisenstäbe; kürzer ist die arabische Münze von Draht, Larin genannt, einen Zoll lang, 16 kr. im Wert (s. Eulers Wechselenzyklopädie). - Auf Sumatra sind die Schädel der Feinde unsere Louisdor und die Kopf-Stücke; sogar dieses Schatzgeld, den feindlichen Schädel des Professionisten, der etwas geliefert hat, greift oft der edlere Schuldner an, nur um diesem genugzutun. In der Kautelarjurisprudenz und im allerneuesten preuß. Gesetzbuch fehlet gleichwohl die Kautel: daß ein Gläubiger sich im Schuldschein sogleich ausbedingen solle, in welcher von den zwei gangbaren und alternierenden Geldsorten er von seinem hohen Gemeinschuldner wolle befriedigt werden, ob in Metall oder in Prügeln...

gesamter Thread: