- Ich werde den gewissen Verdacht nicht los - Euklid, 23.08.2002, 11:44
- glaubst du wirklich, dass - egal in welchem Ausland - alles besser ist?? - Trixx, 23.08.2002, 11:53
- Re: glaubst du wirklich, dass - egal in welchem Ausland - alles besser ist?? - Euklid, 23.08.2002, 12:09
- aber gewiss nicht schlechter!!!!!!!!!!!!!! - foreveryoung, 23.08.2002, 12:48
- Re: aber gewiss nicht schlechter!!!!!!!!!!!!!!und einen ''kleinen HAB-Hinweis'' - Koenigin, 23.08.2002, 17:46
- aber gewiss nicht schlechter!!!!!!!!!!!!!! - foreveryoung, 23.08.2002, 12:48
- Re: glaubst du wirklich, dass - egal in welchem Ausland - alles besser ist?? - SUSHICAT, 23.08.2002, 12:14
- Re: glaubst du wirklich, dass - egal in welchem Ausland - alles besser ist?? - Welwitschia, 23.08.2002, 13:18
- Re: glaubst du wirklich, dass - egal in welchem Ausland - alles besser ist?? - Euklid, 23.08.2002, 13:43
- @trixx - patrick, 23.08.2002, 14:37
- Re: glaubst du wirklich, dass - egal in welchem Ausland - alles besser ist?? - Euklid, 23.08.2002, 12:09
- Re: Ich werde den gewissen Verdacht nicht los ** Ländereien im"Ausland" - Herbi, dem Bremser, 23.08.2002, 12:09
- Re: Ich werde den gewissen Verdacht nicht los ** Ländereien im"Ausland" - apoll, 23.08.2002, 20:40
- Widerspruch - H. Thieme, 23.08.2002, 12:16
- Re: Widerspruch - Euklid, 23.08.2002, 13:05
- Re: Widerspruch - henry, 23.08.2002, 15:14
- Re: Stand da wirklich 'erhöht'? - Kann ich gar nicht glauben. - JLL, 23.08.2002, 15:31
- Re: Stand da wirklich 'erhöht'? - Kann ich gar nicht glauben. - henry, 23.08.2002, 17:50
- Re: Stand da wirklich 'erhöht'? - Kann ich gar nicht glauben. - JLL, 23.08.2002, 15:31
- Was heißt modernes Regieren? Prof.Dr.Karl-Rudolf Korte - H. Thieme, 23.08.2002, 16:53
- Re: Widerspruch - henry, 23.08.2002, 15:14
- Re: Widerspruch - Euklid, 23.08.2002, 13:05
- glaubst du wirklich, dass - egal in welchem Ausland - alles besser ist?? - Trixx, 23.08.2002, 11:53
Was heißt modernes Regieren? Prof.Dr.Karl-Rudolf Korte
-->Was heißt „modernes“ Regieren?
Zunehmende Verflechtung, Autonomieverluste und politische Blockaden kennzeichnen das Regieren in Deutschland. Wie kann ein Bundeskanzler unter diesen Bedingungen regieren? Gibt es „moderne“ Regierungstechniken, die den Verlust an Handlungsautonomie kompensieren können? Welche Trends werden die Zukunft des Regierens bestimmen? - Eine politikwissenschaftliche Betrachtung.
Der Beitrag beruht auf einer Analyse von Prof.Dr.Karl-Rudolf Korte zum Thema „Regieren“, in dem von ihm zusammen mit Prof.Dr.Werner Weidenfeld herausgegebenen „Deutschland-TrendBuch - Fakten und Orientierungen“, Bonn 2001.
Kanzlerdominanz, Parteienherrschaft, Koalitionsbindungen, Verhandlungszwänge und medienadressierte politische Kommunikation kennzeichnen das Regieren in Deutschland. Zunehmende Verflechtung und Komplexität, Autonomieverluste und politische Blockadesysteme machen dabei deutlich,dass sich Regieren unter „modernen“ Bedingungen gewandelt hat. Regieren ist heute nicht mehr mit hierarchisch koordinierter Steuerung gleichzusetzen, sondern bedeutet eher Managen und Moderieren in multidimensionalen Verhandlungssystemen.Es gilt,eine Vielzahl unterschiedlicher Akteure und Institutionen, die wiederum durch gegenseitige Abhängigkeiten miteinander verbunden sind, am Prozess des Regierens zu beteiligen.So ist Regieren immer verflochtener, anspruchsvoller, kommunikationsabhängiger, zeitaufwendiger, unkalkulierbarer und komplizierter geworden. Bereits in den 70er Jahren wurde der Begriff der „Unregierbarkeit“ moderner Industriegesellschaften und damit auch des so genannten deutschen Modells salonfähig.Stand damals zur Diskussion, wie der Staat auf gestiegene Anspruchsund Erwartungshaltungen der Bürger angemessen reagieren könne,liegen die Probleme heute weniger auf Seiten der Bürger, als vielmehr in der mangelnden Reformfähigkeit des Staates.Auch durch die Zwänge der Globalisierung rücken die Steuerungsaspekte des Regierens wieder stärker in den Vordergrund.
Das deutsche politische System zeichnet sich durch eine Reihe von spezifischen Merkmalen aus,die den Handlungsspielraum der Bundesregierungen kennzeichnen. Auch wenn jede Regierung in der über 50-jährigen Geschichte der Bundesrepublik ihre eigene Art hatte zu lenken, zu führen,zu steuern,zu koordinieren und zu moderieren, erwiesen sich einige Merkmale als Grundkoordinaten des Regierens in Deutschland. Dazu gehört, dass das deutsche Regierungssystem auf die Führungsstärke des Bundeskanzlers angelegt ist,fast schon als parlamentarisches Regierungssystem mit Kanzlerhegemonie bezeichnet werden könnte. Jeder der bisher sieben deutschen Bundeskanzler hat das Amt durch seine politischen Entscheidungen und seinen spezifischen Regierungsstil auf ganz persönliche Weise geprägt. Die souveränen Handlungsspielräume des Kanzlers wurden allerdings durch die Einbindung in vielfältige Verhandlungssysteme im Lauf der Zeit zunehmend eingeschränkt. Ob Koalitionsrunden, Bündnisgespräche oder Länderrunden - immer häufiger sieht sich der Kanzler gezwungen, auch außerhalb seines Kabinetts,wo die Regierungsarbeit eigentlich stattfinden sollte, konsensfähige Kompromisse auszuhandeln.
Das Regieren in Deutschland spielt sich damit gewissermaßen in einem multidimensionalen Mehrebenensystem ab, in dem teilweise mit Mehrheit, teilweise mit Einstimmigkeit entschieden wird, teilweise mit parlamentarischer Beteiligung, teilweise - und in zunehmendem Maße - in informellen Verhandlungssystemen.
Die deutschen Bundesregierungen setzten sich - von einer kurzen Ausnahme Anfang der 60er Jahre abgesehen - bislang immer aus Koalitionen zusammen. Eine „Koalitionsdemokratie“ ist aber durch Machtteilung, Machtbalance und Beschränkung von Mehrheitsherrschaft gekennzeichnet. Dies hat auch die Wege der politischen Entscheidungsfindung geprägt:Informelle Entscheidungsmuster sind zum Kennzeichen der Koalitionsregierungen geworden. Dadurch erhalten die Parteien - zumindest die jeweiligen Regierungsparteien - noch über die durch das Grundgesetz zugewiesene zentrale Rolle im politischen System hinaus, zusätzlichen Einfluss.
Mit der Zahl der an politischen Entscheidungen beteiligten Akteure wachsen auch die Verhandlungszwänge und gegenseitige Abhängigkeiten, die die Entscheidungskompetenz einer Regierung einengen.Auch können Resultate und Verantwortung politischer Entscheidungen immer schwerer bestimmten Akteuren zugeordnet werden.Die Politikverflechtung im Mehrebenensystem birgt zudem die Gefahr,dass Entscheidungen blockiert werden, nur suboptimale Kompromisslösungen zustande kommen oder Entscheidungen nicht adäquat umgesetzt werden.
Wie reagiert nun ein Bundeskanzler auf diese zunehmende institutionelle und gesellschaftliche Komplexität? Wie kann er Handlungsspielraum zurückgewinnen? Aus den bundesdeutschen Erfahrungen heraus lassen sich einige Strategien moderner Regierungstechnik ableiten, die die Handlungsautonomie des Regierungschefs potenziell erweitern können.
So ist etwa der zunehmende Hang zu pragmatischer Politikgestaltung zu erkennen.Kurzfristige Entscheidungen werden vor allem nach momentanen machtpolitischen Gesichtspunkten und weniger nach inhaltlichen Prämissen getroffen. Langfristige politische Projekte oder gar Visionen treten dabei eher in den Hintergrund. Dieser Trend wird dadurch begünstigt, dass politische Kommunikation immer medienorientierter geworden ist.Die Medienkompetenz einer Regierung gilt mittlerweile als politischer Machtfaktor. Die Bundesregierungen haben dementsprechend ihre Ã-ffentlichkeitsarbeit kontinuierlich professionalisiert.Regieren spielt sich heute in der Publikumsgesellschaft ab. Politische Entscheidungen sind kommunikationsabhängiger denn je. Regierungschefs versuchen daher durch einen offenen und medienwirksamen Politikstil Entscheidungskompetenzen zurückzugewinnen und politische Entscheidungen über das öffentliche Meinungsklima herbeizuführen.
Der Bundeskanzler kann seinen Handlungsspielraum auch dadurch erweitern, dass er inhaltliche Vorstöße und politische Entscheidungen gezielt in Partei und Koalition vorbereitet. Diese informellen Verfahren können als „stilles Regieren“ bezeichnet werden.In den Kontext informeller Politikgestaltung fällt auch die Praxis von „Runden Tischen“ beziehungsweise der so genannten „Kanzlerrunden“. Hier sollen die verschiedenen Interessen eingebunden und ein Konsens der Beteiligten hergestellt werden. Indem der Bundeskanzler dabei die Rolle des pragmatischen Moderators übernimmt, sichert er seinen Einfluss bei der Entscheidungsfindung. Allerdings sind auf diese Weise de facto neue politische Institutionen im Schatten von Hierarchie und Mehrheit entstanden, die schon häufig als „Kungelrunden“ in die Kritik geraten sind.
Eine weitere dem Bundeskanzler zur Verfügung stehende Strategie, um Entscheidungskompetenz und Steuerungspotential zurückzugewinnen, besteht darin,einen politischen Sachverhalt zur Chefsache zu erklären - eine Strategie, von der der amtierende Bundeskanzler besonders häufig Gebrauch gemacht hat. Eine quasi „natürliche“ Chefsache ist die Außen- und Sicherheitspolitik, in der ein Großteil der Entscheidungskompetenz traditionell beim Regierungschef liegt. Seinen Einfluss in diesem Bereich kann der Kanzler besonders gut öffentlichkeitswirksam darstellen. Die Möglichkeit,sich als international angesehener Staatsmann zu profilieren,wurde und wird daher von den deutschen Bundeskanzlern immer wieder gerne genutzt.
Regieren in der heutigen hoch komplexen Gesellschaft wird für den Bundeskanzler auch in Zukunft sehr viel mehr integrierendes Moderieren als steuerndes Agieren bedeuten. Allerdings gilt immer noch, dass die Zufriedenheit des Wählers letztlich durch die konkrete, erfolgreiche Umsetzung politischer Konzepte resultiert und nicht ausschließlich durch Strategien medienwirksamer Darstellungspolitik.
Der Bedarf an politischen Entscheidern wächst, die angesichts des Zerfalls von klassischen Orientierungsmilieus Sicherheit und Vertrauen vermitteln.Ob „modernes“ Regieren dabei auch gutes Regieren ist, wird aber nicht allein durch die Form, sondern maßgeblich durch die Inhalte und Ergebnisse von Politik bestimmt.Das sollte besser auch so bleiben!

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