- @Alle Mitdiskutanten u. besonders @dottore: Nachbemerkung zum Zins (lieb!) - Galiani, 24.08.2002, 01:41
- Re: @Alle Mitdiskutanten - Popeye, 24.08.2002, 08:57
- Re: @Alle Mitdiskutanten - carbonarachianti, 24.08.2002, 09:37
- Re: @Alle Mitdiskutanten - R.Deutsch, 24.08.2002, 10:52
- FED kann jederzeit einen Goldstandard"emulieren" - carbonarachianti, 24.08.2002, 12:23
- Re: FED kann jederzeit einen Goldstandard"emulieren" Wie das??? - R.Deutsch, 24.08.2002, 13:11
- @Deutsch: Frage - daxput, 24.08.2002, 15:12
- Re: @Deutsch: Frage - Popeye, 24.08.2002, 15:48
- Danke Popeye, nur wer versichert mir das.... - daxput, 24.08.2002, 19:41
- Re: @Deutsch: Frage - Popeye, 24.08.2002, 15:48
- @Deutsch: Frage - daxput, 24.08.2002, 15:12
- Re: FED kann jederzeit einen Goldstandard"emulieren" Wie das??? - R.Deutsch, 24.08.2002, 13:11
- FED kann jederzeit einen Goldstandard"emulieren" - carbonarachianti, 24.08.2002, 12:23
- Re: @Alle Mitdiskutanten - R.Deutsch, 24.08.2002, 10:52
- nochmals Schumpeter - carbonarachianti, 24.08.2002, 10:07
- Re: nochmals Schumpeter - Popeye, 24.08.2002, 11:46
- Re: nochmals Schumpeter - carbonarachianti, 24.08.2002, 12:24
- Re: nochmals Schumpeter - Popeye, 24.08.2002, 13:02
- Re: nochmals Schumpeter - carbonarachianti, 24.08.2002, 14:40
- Re: nochmals Schumpeter - Popeye, 24.08.2002, 15:36
- Re: nochmals Schumpeter - carbonarachianti, 24.08.2002, 16:47
- @carbonarachianti: 'tschuldigung, daß ich mich einmische.: - Galiani, 24.08.2002, 18:18
- Schwergewichtig bin ich auch (Sie wissen schon carbonara... ) - carbonarachianti, 24.08.2002, 18:23
- Re: @Galiani: 'tschuldigung, daß ich mich einmische.: - Popeye, 24.08.2002, 18:41
- @carbonarachianti: 'tschuldigung, daß ich mich einmische.: - Galiani, 24.08.2002, 18:18
- Re: nochmals Schumpeter - carbonarachianti, 24.08.2002, 16:47
- Re: nochmals Schumpeter - Popeye, 24.08.2002, 15:36
- Re: nochmals Schumpeter - carbonarachianti, 24.08.2002, 14:40
- Re: nochmals Schumpeter Hallo! Ein Zitat so richtig nach meinem Herzem! (owT) - Galiani, 24.08.2002, 18:05
- Aber es stimmt: - carbonarachianti, 24.08.2002, 18:19
- Re: Aber es stimmt: Ja! Ja! Meine Bemerkung war durchaus ernst gemeint! Gruß (owT) - Galiani, 24.08.2002, 18:22
- Re: Aber es stimmt: Ja! Ja! Meine Bemerkung war durchaus ernst gemeint! Gruß (owT) - Galiani, 24.08.2002, 18:23
- Re: Aber es stimmt: - dottore, 24.08.2002, 20:16
- Re: Aber es stimmt?? - Popeye, 24.08.2002, 22:17
- Aber es stimmt: - carbonarachianti, 24.08.2002, 18:19
- Re: nochmals Schumpeter - Jochen, 24.08.2002, 19:20
- Re: nochmals Schumpeter - Popeye, 24.08.2002, 13:02
- Re: nochmals Schumpeter - carbonarachianti, 24.08.2002, 12:24
- Re: nochmals Schumpeter - Popeye, 24.08.2002, 11:46
- Re: Ich hatte bereits gespendet! - dottore, 24.08.2002, 20:07
- Re: @Alle Mitdiskutanten - carbonarachianti, 24.08.2002, 09:37
- Ein Quellenproblem als Ursache des Streites - carbonarachianti, 24.08.2002, 09:23
- Re: @Alle Mitdiskutanten - Popeye, 24.08.2002, 08:57
@Alle Mitdiskutanten u. besonders @dottore: Nachbemerkung zum Zins (lieb!)
-->Um es gleich vorweg zu sagen (und um Streit gar nicht erst aufkommen zu lassen): Der Zins, von lat. census (d.i. Schätzung der Vermögensumstände des römischen Bürgers; hauptsächlich zu Steuerzweken), hat natürlich auch mit"Macht" zu tun. Es gibt überhaupt kaum ein Element des gesellschaftlichen Lebens, das nicht in der einen oder anderen Weise von der Macht geprägt, geformt und/oder abhängig wäre.
Die Frage ist, ob sich wirklich nachweisen läßt, daß der Zins ausschließlich ein Produkt der Macht sei. Das bezweifle ich.
Zunächst wäre - um die"Ausschließlichkeits-Hypothese" zu stützen - der Nachweis zu führen, daß im privaten und/oder kaufmännischen Warenverkehr eine Höherbewertung von Gegenwarts- gegenüber Zukunftsgütern zumindest in den frühesten Zeiten unüblich war; insbesondere, daß das zinsenlose Darlehen unter Privaten der Normalität entsprach.
Diesen Nachweis hat die (erbittert geführte) Diskussion bisher meiner Einschätzung nach nicht erbracht: Ich habe u.a. etwa auf Moses II, 22:24 hingewiesen, eine Quelle, deren Entstehung bis ins 13. Jahrhundert vor Chr. zurückreicht, wo nur verboten wird, Zinsen von einem armen Einheimischen zu nehmen; im Umkehrschluß: vom Besitzenden und von Ausländern überhaupt durften Zinsen durchaus verlangt werden, - seitens Privater, wie auch vom Staat! - Obwohl dieses Gebot später verschärft worden ist (wohl deshalb, weil es immer wieder in eklatanter Weise übertreten wurde). Im altbabylonischen Wirtschaftsleben scheint der"Zins", vor allem in Naturalien, gang und gebe gewesen zu sein. Dafür sprechen nicht nur die von dottore diesbezüglich zitierten Tontäfelchen, sondern auch eine Reihe anderer Quellen. So berichtet z. B. W. Schwenzner ("Zum altbabylonischen Wirtschaftsleben", Leipzig 1915):"Private Geldhändler, die diese einträglichen Geschäfte betrieben (nämlich die Vorfinanzierung des Saatgutes, das die Bauern benötigten, gegen Zinsen), gab es... in Babylonien... in genügender Menge...". Dottore blieb m.E. den Beweis schuldig, daß die Kreditgewährungen, von denen auf den zitierten Tontäfelchen die Rede ist, tatsächlich"zinsenlos" auch in dem Sinne erfolgten, daß der zu erstattende Betrag nicht doch höher war als der geborgte. Auch M. Hainisch ("Die Entstehung des Kapitalzinses", Jena 1907) erwähnt - soweit ich bei flüchtiger Durchsicht festgestellt habe - an keiner einzigen Stelle daß es irgendwann etwa unter Privaten "normal" gewesen sei, zinsenlose Darlehen zu geben. Überhaupt sind Nachrichten über zinslos gewährte Kredite überaus selten: Tacitus erwähnt zwar, daß Geldzinsen bei den Germanen unüblich gewesen seien, wobei er nicht zwischen der"Macht" und Privaten unterscheidet. Überdies ist dazu zu sagen, daß die Germanen überhaupt keine Geldwirtschaft hatten und daß der Autor hier das entwickelte Geld- und Zinsenwesen in seiner Heimat, Rom, auf die Verhältnisse bei den Germanen projiziert, wie er das überhaupt - auch bei anderen Gelegenheiten - gern tut.
Ansonsten hören wir von"unverzinslichen Darlehen" unter Privaten kaum etwas in der Geschichte, von den (viel späteren) Armeneinrichtungen der katholischen Kirche, den"montes", einmal abgesehen (bei denen übrigens auch, wie Luther lautstark beklagte, nicht immer alles mit rechten Dingen zuging). Nur"die Macht" hat bemerkenswerterweise gelegentlich - als wirtschaftspolitische Maßnahme - zinslose Darlehen vergeben; so etwa Tiberius im Jahre 33 n. Chr., als er in einer Geldkrise 100 Millionen Sesterzen gegen Liegenschaftspfänder zinslos vergab. (Man beachte den Widerspruch: Die"Macht" fordert nicht Zinsen, sondern ist diejenige Instanz, die zinsfreie Darlehen vergibt!)
Umgekehrt gibt es zahlreiche Indizien dafür, daß der Zins (zwar, um es nochmals zu sagen, nicht nur aber) auch im privaten Bereich entstanden ist. Als Beleg für diese Feststellung wäre etwa auf das Kapitel über das"Geld- und Bankgeschäft im vorkapitalistischen Zeitalter" in Max Webers"Wirtschaftsgeschichte" (2. Aufl. Leipzig 1924) zu verweisen: Lombardkredit auf beliebige Pfänder gehörte zum beliebtesten Geldgeschäft der"Macht", also von Schatzhäusern und Tempeln, aber wiederum auch von Privaten! Der Normalzinsfuß in Babylonien belief sich (nach M. Heichelheim,"Wirtschaftsgeschichte des Altertums, I, 1938; S. 146) für Silberdarlehen auf 10 - 25 Prozent und für Getreidedarlehen auf 20 - 33 1/3 Prozent. Und wiederum war es der Staat, der - im Gegensatz zur Annahme, er hätte seinen Bürgern rücksichtslos Abgaben abgefordert, - seiner Wohlfahrtsethik entsprechend nicht selten zu niedrigerem, geschäftsmäßig nicht rentablem Zinsfuß lieh. Es gibt noch weitere solche vor- oder frühgeschichtliche Belege für diesen Sachverhalt, daß es eben nicht die"Macht" war, die dem Bürger Zinsen in unmäßiger Höhe abgefordert hat, sondern daß sie im Gegenteil schon in frühester Zeit gerade umgekehrt die Höhe der unter Privaten ausgehandelten Zinsen beschränkt; dies alles scheint mir ein sehr klarer Beweis dafür zu sein, daß der Zins, wie bereits mehrfach gesagt, seinen Ursprung auch (wenn nicht: vor allem) im privaten Bereich hatte.
Max Heichelheim etwa berichtet (a.a.O., II, 1938; S. 954):
[i]
»[E]s gibt] indo-arische Rechtsbestimmungen von nachchristlicher Formulierung, aber sehr viel älterer Tradition, die sich zum Teil aufs Engste mit den Zinsgewohnheiten des Alten Orients überraschender Weise decken. Sie besagten, daß rückständige Zinsen bei Gelddarlehen nicht über den Betrag des Kapitals hinaus erhoben werden durften. Bei Kleidern und unedlen Metallen durfte man nicht über das Dreifache, bei Getreide, Frucht, Lasttieren und Wolle nicht über das Vierfache, bei Samen und Zuckerrohr nicht über das Sechsfache, bei Salz, Ã-l, berauschenden Getränken, Zucker und Honig nicht über das Achtfache des ursprünglichen Darlehensquantums hinausgehen. Dagegen war es erlaubt, den Zins bei Darlehen von Gras, Holz, Ziegelsteinen, Faden, Gärungsstoffen zu geistigen Getränken, Blättern, Knochen, Leder, Waffen, Blumen und Früchten ins Unbegrenzte wachsen zu lassen. Nur nach einer m. E. in eine jüngere Zeit zu datierenden und indogermanisch-arische Rechtsbegriffe wiederspiegelnden Lesart durfte in solchen Fällen überhaupt kein Zins erhoben werden.«
[/i]
Und dann habe ich noch einen vor- oder frühgeschichtlichen Beleg für meine Annahme gefunden, daß der Zins seine Wurzeln auch im privaten Verkehr der Bürger untereinander hatte:
A. Schott hat 1935 einen literarischen Text mit bemerkenswerten Hinweisen auf die Vorstellungszusammenhänge zwischen Zeugungsvorgang und Zinsentstehung im früh-mesopotamischen Denken veröffentlicht ("Zwei babylonische Dichtungen - Die Welt als Geschichte" I; S. 71). Dieser Text zeigt, daß der Zins ursprünglich als etwas aus dem tief zwischenmenschlichen Bereich Entstandenes und keinesfalls als ein Akt der"Macht" empfunden wurde. Und der große Basler Historiker Edgar Salin führt in diesem Zusammenhang aus (in"Kapital und Kapitalismus", hsg. von Bernhard Harms; Berlin 1931, I, S. 136):
[i]
Unbekannt ist, wann und wo zuerst der Begriff des Kapitals gebildet wurde. Das Wort"Kapital", das den gleichen Wortstamm hat wie das lateinische"caput" und das griechische"kephalaion", macht es wahrscheinlieh, daß die Kapital-Vorstellung in uralte Stammeszeiten zurückreicht. Jedenfalls: wo Besitz nicht tot liegt, sondern wo ein lebendiges Altes ein Junges gebiert, da tritt neben den unfruchtbaren Reichtum des gleißenden, doch toten Schatzes und Hortes der fruchtbare Reichtum des Jungvieh-, des Zinsen-, des Werte-heckenden Kapitals. Wie das Vieh die Urform des Kapitals, so ist die Viehleihe die Urform des zinsbringenden Darlehens. Die Vorstellungen von Altvieh und Jungvieh, von Kapital und Zins bedingen einander und gehören zusammen; sie schimmern im Griechischen durch, wenn die ausgeliehene Darlehenssumme"arxaion", das Alte, und der Zins"tokos", das Geborene, der Wurf, das Junge genannt wird, und es ist noch der gleiche naturale Ursprung spürbar, wenn Karl Marx vom Kapital als Mehrwert"heckendem" Wert und der Börsianer von der Ausgabe junger - nicht neuer - Aktien spricht.
[/i]
Damit weist doch auch Salin, so wie Schott für das frühe Mesopotamien, auf urgeschichtliche Vorstellungsinhalte hin, die die Annahme nahelegen, daß der"Zins" begrifflich keineswegs etwas ist, was nur von oben über die Menschen als Anordnung der"Macht" hereinbrach, sondern durchaus etwas, was seine Wurzeln, seinen emotionalen und dann wohl auch realen Ursprung im Verkehr der einzelnen Menschen untereinander hat.
Bleibt noch ein Letztes, die theoretische Begründung des Zinses durch den Ã-konomen. Dottore spricht von einer"Disagio"-Theorie, weil er durch einen vorzeitig dazwischen tretenden Intervenienten bezw. durch ein vorzeitig dazwischen tretendes Ereignis einen Zukunftswert auf seinen diskontierten Gegenwartswert zusammenschmelzen und beim Intervenienten einen Zinsgewinn entstehen sieht.
Zugegeben! So kann man die Sache betrachten.
Doch einer kritischen Analyse kann nicht entgehen, daß die Sache in ihrem theoretischen Kern immer wieder darauf hinausläuft: Der Zukunftswert, diskontiert mit dem (je nach den Umständen variierenden) Zinssatz p, ist gleich dem Gegenwartswert! Der Zukunftswert (Z) in einer solchen Zinsberechnung muß gleich sein dem Gegenwartswert (G) mal dem Faktor q; wobei q = (1+ p/100). In dottores Beispiel also: Der Gläubiger hält einen Schuldschein (Zukunftswert) von 1000 in Händen und muß diesen vorzeitig für 500 (d.i. der Gegenwartswert) verkaufen. Der Zinssatz p ist offensichtlich 100 Prozent; der Gegenwartswert, den der Gläubiger erhält, ist 500, der Zukunftswert, den er hingibt, ist 1000. Somit ist Z = G*q, d. h. 1000 = 500 * (1 + 100/100); - stimmt! Und umgekehrt ist es für den Intervenienten natürlich genauso!
Und da das immer so ist - daß nämlich für jedermann der Wert eines vorhandenen Gutes höher geschätzt wird als der des erst zukünftig verfügbaren Gutes - muß derjenige, der erst später leistet, Zinsen zahlen (bzw. derjenige, der die erst später fällige Leistung sofort haben will, muß sich gefallen lassen, daß der Zukunftswert auf den Jetzt-Zeitpunkt diskontiert wird). Und das geschieht in dottores Beispielen und das ist auch die theoretische Begründung des Zinses (sagt Böhm-Bawerk).
Andere Leute haben andere Zinstheorien entwickelt. Doch die hat der geniale Theoretiker Böhm-Bawerk im ersten Band seines Hauptwerkes sämtlich mit so messerscharfer Logik widerlegt, daß es für jeden, der Freude an gut formulierter logischer Beweisführung hat, ein Vergnügen ist, dieses Werk zu lesen.
Hugh! Ich habe gesprochen!
(@Popeye: Hab' ich's so richtig gemacht?)
Danke für Eure Aufmerksamkeit!
Und herzliche Grüße
G.

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