- Jetzt macht der (öst.) Staat den Banken Konkurrenz - Hirscherl, 27.08.2002, 00:02
Jetzt macht der (öst.) Staat den Banken Konkurrenz
-->Grasser steigt ins Bankgeschäft ein
Der Finanzminister bietet ab sofort ein"Online-Bundessparbuch" an mit deutlich höheren Zinsen als normale Sparbücher - Die heimischen Kreditinstitute sehen darin eine"Kampfansage"
Wien - Ab sofort kann im Internet unter www.bundesschatz.at ein Konto eröffnet und Geld angelegt werden. Statt in einer Bank wird das Geld direkt bei der Republik Ã-sterreich angelegt, die auch für den gesamten Betrag garantiert. Die Zinsen liegen für eine Bindung von einem Monat bei einem Mindestinvestment von 100 Euro derzeit bei drei Prozent, mehr als das dreifache dessen, was die meisten Banken derzeit bieten.
Der Finanzminister beschreitet damit neue Wege der Staatsschuldenfinanzierung. Zielgruppe ist ausschließlich"der kleine Sparer", wie Karl-Heinz Grasser bei der Präsentation unterstrich. Ausdrücklich will er im Bereich der Sparzinsen auch den Wettbewerb anheizen.
Banken verärgert
Die Banken reagieren auf Grassers neues Sparbuch verwundert bis verärgert. Immerhin bekommen sie über die niedrig verzinsten Sparbücher die billigsten Primärmittel, die dann als Kredite mit guter Spanne weitergegeben werden können."Das ist eine Kampfansage. Wenn wir bei diesen Konditionen mitbieten sollen, würde das auch deutliche Folgen am Kreditsektor haben müssen", meinte der Sprecher einer Großbank."Es ist die Frage, warum sich Grasser nun in einen privatwirtschaftlichen Bereich einmischt. Er kann ohne Nebenkosten kalkulieren, während wir auch Beratung und Filialen finanzieren müssen. Das ist Wettbewerbsverzerrung", ärgert sich ein Manager im Sparkassensektor. Eine Klage in Brüssel wird in der Bankenbranche nun auf ihre Erfolgsaussichten geprüft.
Die Durchführung des Bundesschatzverkaufs erfolgt über die Bundesfinanzierungsagentur, die die Staatschulden verwaltet. Da die Banken naturgemäß nicht am Vertrieb interessiert sind, können die Bundesschatzanteile nur über das Internet erworben werden. Die Abrechnung erfolgt über das Gehaltskonto. Interessenten können zwischen Laufzeiten von einem, drei und sechs Monaten wählen. Der am Tag der Einzahlung gültige Zinssatz gilt dann für die gesamte Laufzeit. Das derzeit zur Zeichnung zur Verfügung stehende Volumen von 100 Millionen Euro ist - gemessen am Sparbuchvolumen von insgesamt etwa 120 Milliarden Euro in Ã-sterreich - eher gering, könnte aber bei Erfolg aufgestockt werden, sagte der Chef der Bundesfinanzierungsagentur, Helmut Eder.
Die Banken verweisen auf ähnliche Versuche in Deutschland, die Bundesschuld zu finanzieren."Das war aber nicht besonders erfolgreich. Wer will schon sein sauer erspartes Geld direkt beim Finanzminister parken", ätzt ein Wiener Banker und weist auf die Tatsache hin, dass die Herkunft so mancher Sparbucheinlagen nicht unbedingt ganz steuerkonform sei. (mimo, DerStandard, Printausgabe, 27.08.2002)
<ul> ~ Bundesschatz</ul>

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