- Guten Morgen Saint-Just... - Zardoz, 27.08.2002, 11:35
- Re: Hallo Zardoz... - Saint-Just, 27.08.2002, 18:05
Guten Morgen Saint-Just...
-->... nun kann ich - dottore sei Dank - endlich auch etwas mit Deinem Pseudonym anfangen. Ideologisch"verortet" hatten wir uns ja längst, nicht wahr? Allerdings hoffe ich, daß in einer Diskussion mit Dir Inhalte im Vordergrund stehen und nicht Ideologien. Sonst wäre es sicherlich ein kurzes Vergnügen... ;-)
>Ich bin vom Selbstverständnis her keineswegs Etatist. Jedoch werden m.E. nicht nur hier im Forum teilweise masslos übertriebene, scheinbar 'libertäre' Ansichten vertreten.
Somit wäre schon einmal klar, daß wir offensichtlich beide keine Ideologen sind. Allerdings muß eine Idee auch einmal konsequent zu Ende gedacht und diskutiert werden, um Klarheit über die Konsequenzen zu bekommen. Das mag dann manchmal auch übertrieben erscheinen.
>Obwohl ich mit extremen 'Hardlinern' ungern diskutiere (bringt einfach nichts; meine natürlich NICHT Dich), plädiere ich doch für ein ausgewogenes Mass an staatlicher Aktivität (auch wenn dies unmodern klingen mag).
Mir scheint es weniger ein Problem der Modernität, sondern der Praktikabilität. Es gibt ja durchaus auch Libertäre, die die Idee eines Minimalstaates vertreten. Denen wird aber sofort (u. a.) vorgehalten, daß es noch niemals gelungen ist, dieses auch von Dir befürwortete"ausgewogene Mass" staatlicher Aktivität sicherzustellen. Staat bedeutet MachtMONOPOL. Es ist wie mit der Frage nach der göttlichen Allmacht: Kann Gott ein noch allmächtigeres Wesen schaffen?
>Der Niedergang wird von einigen anscheinend gar nicht befürchtet, sondern geradezu erhofft.
Da gebe ich Dir recht. Bitte aber zu bedenken, daß es eine ganz natürliche menschliche Haltung ist. Im Grunde möchte doch jeder ein klein wenig in die Zukunft schauen können, um nicht überrascht zu werden, um vorbereitet zu sein.
>Obgleich ich also deren Analyse in weiten Teilen zustimme (Niedergang), ist doch ihre Hoffnung für mich eher eine Schreckensvision (Eigenbedarfsdeckung usw.). Ich habe das von mir erwartete Resultat einer solchen Entwicklung mal überspitzt als 'Feudalfaschismus' bezeichnet.
Feudalismus, ja. Faschismus? Da wäre ich vorsichtig. Kürzlich erschien im Spiegel (Online) eine Serie über das Mittelalter. Anscheinend war es nicht gar so dunkel, wie es heute gern vom Mainstream dargestellt wird. Natürlich tue ich mich mit solcherlei Bewertung als Quasi-Libertärer leicht, weil für mich das Individuum im Vordergrund steht.
>Hinsichtlich der von mir als wünschenswert erachteten staatlichen Aktivitäten hatte ich ja schon kurz Stellung genommen. Es besteht derzeit ein extremer Bedarf an Infrastrukturmassnahmen. Das Thema (Neu-) Verschuldung wäre aufgrund späterer Rückflüsse dieser rentablen Investitionen m.E. in diesem Zusammenhang praktisch irrelevant. Und auch wenn Keynes heute viele scheinbar für einen Dummkopf halten, so soll er doch immerhin ein erfolgreicher Spekulant gewesen sein...
Hier können wir jetzt zwei Themen diskutieren: Kann ein Staat rentabel investieren? Ich behaupte nein, weil Rentabilität überhaupt nicht zu seinen Zielen gehört. Sein Ziel ist immer Erhalt und Ausdehnung seiner Macht.
Das zweite Thema: Wie weit kann ein Staat seine Verschuldung ausdehnen, ohne an den Zinsen zu ersticken oder andere"Tribut-Quellen" ausfindig machen zu müssen? Mir wäre durchaus recht, wenn es noch lange so relativ unbeschwert und heiter weiterginge. Allerdings fürchte ich, daraus kann nichts werden.
>Ja, schon allein dieses Forum ist eine gute Übung, auch was schnelles Formulieren angeht.
Da stimme ich Dir zu. Und gestatte mir noch den Hinweis, daß Beiträge nicht zu umfangreich werden sollten. Komplexe Themen lassen sich immer strukturieren.
Nice day,
Zardoz

gesamter Thread: