- THE PRIMAL URGE - Rückblick auf eine alte Kulturtechnik - Popeye, 27.08.2002, 16:07
THE PRIMAL URGE - Rückblick auf eine alte Kulturtechnik
-->Rückblick auf eine alte Kulturtechnik
Dieser Beitrag wird provoziert durch die kategorische Behauptung von @dottore (irgendwo im Archiv verborgen):
"Wobei voraus gesetzt wird, dass es Tausch geben muss. Den aber gibts erst, nachdem es Abgaben gegeben hat, um Abgabenmittel beschaffen zu müssen."
Ich weiß natürlich nicht, ob diese Behauptung stimmt. Weder bin ich Archeologe noch Wirtschaftshistoriker. Aber ich dachte, es könnte nützlich sein einmal die Informationen zusammenzustellen, die ich gefunden habe und die gegen diese kategorische Behauptung sprechen.
Die Überlegungen beginnen in einer Zeit in der unsere Vorfahren zwar Gewalt ausgesetzt waren, aber es war keine Gewalt, die staatlich organisiert war. Es gab keine Gesetze, keine Landwirtschaft, kein Metall, keine Schrift. Es ist die Steinzeit in der unsere Vorfahren als Sammler und Jäger lebten.
Wie wurden in dieser Zeit Informationen gespeichert?
Mündliche Überlieferungen sind natürlich ein - wenn auch unzuverlässiges - Mittel.
Höhlenzeichnungen kennen wir alle.
Weniger bekannt ist der Kerbstock (ein Stück Holz, Knochen, Schnur mit regelmäßigen Strichmarkierungen oder Knotenmarkierungen) [Tally, tessera (Latein), teomin (Hebrew), chi-chi (China), symbolon (Griechenland].
Das älteste Tally, das bisher In Afrika gefunden wurde, ist ca. 37.000 Jahre alt Link_1_mit_Foto_Kommentar.">http://www.math.buffalo.edu/mad/Anc...ink_1_mit_Foto_Kommentar[/link].
Zu der Kommentierung kann ich nicht Stellung nehmen aber die Mathematiker wird's interessieren! Ähnlich folgender Link ohne Foto, der auch einen Wolfsknochen (30.000 B.C.mit regelmäßigen Kerben kolportiert Link_2">http://math.truman.edu/~thammond/hi.../TallySystems.html]Link_2[/link]
Über die kognitiven Fähigkeiten, die ein solches Medium voraussetzt informiert der Aufsatz Prehistory and Cognitive Development
Und über die Entwicklung der prähistorischen Mathematik informiert der AufsatzOrigins">http://www.math.tamu.edu/~dallen/masters/origins/origins.pdf]Origins of Mathematic
Ich könnte weiter Links zu dieser Zeit posten, wollte aber darauf nur hinzuweisen, dass hier in prähistorischer Zeit - lange vor der ersten Schrift - eine Kulturtechnik entstanden ist, die Informationen speichert.
Zunächst über die Gruppierung oder Länge und Tiefe der Kerben auf dem Medium, dann über die Längs-Spaltung des Kerbstockes, Tons oder Knochens wurde schließlich - ebenfalls lange vor der ersten Schrift - ein simples"Dokument" geschaffen, das identische Informationen für zwei Parteien"speicherte".
Welche Notwendigkeiten bestehen um derart fälschungssichere Dokumente zu erstellen?
Der persönlichen Spekulation sind hier keine Grenzen gesetzt. Aber die zweifelsfreie Dokumetation von Schuldverhältnissen gehört in diese gedankliche Aufzählung. Und dass prähistorische Schuldverhältnisse nur durch Abgabenzwang entstehen können, ist m.E. eine Behauptung, die vor dem Hintergrund der Evidenz in anderen Fachgebieten sehr sorgfältig bedacht werden sollte.
Dass diese Kulturtechnik in praktisch allen Kulturkreisen verwendet wurde sollte auch zu denken geben. Eher kurios mutet der Umstand an, dass diese Technik in England vom Finanzministerium (Exchequer) bis 1846 Verwendung fand und bei Thomas Maddox, The History and Antiquity of the Exchequer..from the Norman Conquest...to the End of the Reign of Edward II., London, 1711 im Detail sehr schön nachzuvollziehen ist.
Fundgruben:
Link_3
Link_4
Link_5
Altes_Testament
Leztlich möchte ich noch darauf hinweisen, dass in prähistorischer Zeit sehr wohl die Notwendigkeit für Tauschhandel bestand. Bestimmte Dinge waren nämlich lebensnotwendig, aber eben nicht überall verfügbar. Dazu gehörten vor allem Salz und die Steine aus den die Werkzeuge hergestellt wurden also Flint (Feuerstein) und Obsidian. Für den amerikanischen Kontinent siehe zum Beispiel: Susan Vehik, Prehistoric Plains Trade. In Prehistoric Exchange Systems in North America, edited by T.G. Baugh and G.E. Ericson, pp. 249-274. Plenum Press, New York. Senior Author (1994).
Grüße Popeye
P.S. Sorry, @ELLI

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