- Bankges. Berlin, lt. Kontraste war denen 1997 alles bekannt - LenzHannover, 29.08.2002, 11:35
Bankges. Berlin, lt. Kontraste war denen 1997 alles bekannt
-->Ein Wi Prüfer hatte ordentlich gearbeitet.
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ARD Kontraste 22.8.2002 21 Uhr
Unseriöse Wirtschaftsprüfer - Milliardenschäden für die Wirtschaft
AUTOREN: Ursel Sieber, Mathew D. Rose und Olaf Jahn
Der Wirtschaftskrimi: Enron. MCI World Com. Xerox.: Große, renommierte Konzerne in den USA manipulierten ihre Bilanzen. Betrogene Aktionäre, verhaftete Manager. Ihre Komplizen waren Wirtschaftsprüfer!
Raubtierkapitalismus in den USA. Wir führen Sie jetzt nach Berlin. Hier gab es den größten Bankenskandal der Republik. Wir haben mehrfach berichtet. Auch hier wurden Zahlen geschönt. Und auch hier hatte die Bank Komplizen.
Ein Zeuge geht jetzt für Kontraste zum ersten Mal an die Ã-ffentlichkeit. Olaf Jahn, Matthew D. Rose und Ursel Sieber decken den Skandal auf.
Das Ende eines amerikanischer Traums. Großkonzerne unter Verdacht: MCI Worldcom, Enron, Xerox. Manager in Handschellen. Der Vorwurf: Bilanzbetrug. Geschredderte Akten. Mitgemacht haben teilweise Wirtschaftsprüfer. Der Vorwurf ebenfalls: Manipulation von Bilanzen.
Deutschland: Große Wirtschaftsprüfungsgesellschaften im Zwielicht: KPMG, Price Waterhouse Cooper oder die BDO. Eigentlich müssten sie die Bilanzen großer Konzerne unabhängig prüfen. Doch die Prüfgesellschaften leben von den Aufträgen der Großkonzerne. Die Gefahr: Kumpanei, Gefälligkeitstestate.
Berlin. Eine Stadt vor dem Ruin. Die landeseigene Bank: verwickelt in den größten Bankenskandal Deutschlands. Unfaßbar: Immobilienrisiken über 21 Milliarden Euro muß das Land absichern. Haben hochdotierte Wirtschaftsprüfer windige Geschäfte der Bankgesellschaft Berlin über Jahre gedeckt?
Die Antwort finden wir in Frankfurt bei den Rechtsanwälten von Clifford Chance Pünder. Sie suchen für die Bankgesellschaft nach Schuldigen der Bankenaffäre. Und sie finden ein hochbrisantes Dokument: Diesen vertraulichen"Bericht einer Sonderprüfung" - über die Risiken der Immobilienfonds der Bank. Den entscheidenden Beleg für die Mitverantwortung der Wirtschaftsprüfer, datiert vom 24. Juli 1997.
In Hannover finden wir den Autor dieses Berichts: Achim Walther. Sonderprüfer. Kronzeuge für Bilanzverstöße innerhalb der Bankgesellschaft Berlin. Für KONTRASTE äußert er sich erstmals seit fünf Jahren öffentlich. Die Initiative für die Sonderprüfung ging damals von ganz oben aus. Ein Topmanager aus dem Bankkonzern rief ihn an.
Achim Walther, Wirtschaftsprüfer:
"Er fragte mich, ob ich für ihn einmal die Risiken der Immobilienfonds der Bank prüfen würde, er kenne meine Arbeitsweise und er würde Wert darauf legen, dass ein Außenstehender, Unabhängiger sich einmal mit diesen Problemen befaßt."
Walther prüft die Immobilienfonds der Banktochter IBG. Milliardenschwere Fonds mit Wohnungen, Einkaufszentren, Plattenbauten. Fonds, in denen Anlegern Mieten für 25 Jahre garantiert sind. Walther entdeckt enorme Risiken für die Bank. Und noch etwas entdeckt er: Die Risiken sind falsch berechnet, im Ergebnis: geschönt.
Achim Walther, Wirtschaftsprüfer:
"Mein Ergebnis aus der Prüfung war, dass die Bank durch ihre Garantien den Fonds gegenüber so hohe Risiken eingegangen ist, dass sie sie auf Dauer möglicherweise nicht tragen kann. Zweitens die Organisation nicht darauf ausgerichtet war, diese Risiken rechnerisch zu erfassen und als Schlußfolgerung daraus die Konsequenz, dass die Abschlüsse der IBG nicht hätten testiert werden dürfen."
Testiert, also die Richtigkeit der Bilanz bestätigt, hat diese große Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die BDO. Jahresumsatz 2 Milliarden US-Dollar weltweit. Die BDO soll kontrollieren, ob die Zahlen bei der Banktocher IBG stimmen.
Die Berliner Niederlassung des BDO am Kurfürstendamm: Am 2. Juni 1997 kommt Sonderprüfer Achim Walther hierher. Er trägt den offiziellen Wirtschaftsprüfern die Ergebnisse seiner Sonderprüfung persönlich vor. Denn er ist davon überzeugt, das Zahlenwerk der Banktochter sei falsch.
Im Oktober 1997 dann die entscheidende Besprechung. Hier wird über Walthers Sonderprüfung beraten. Mit am Tisch: der Auftraggeber und der Wirtschaftsprüfer von BDO. Walthers Warnungen stören aber nur.
Achim Walther, Wirtschaftsprüfer:
"Man hatte den Wunsch, dass ich die kritischen Passagen in diesem Bericht verändere. Da es dafür aus meiner Sicht keine durchschlagenden Argumente gab, habe ich gesagt, der Bericht bleibt so."
Fünf Tage später. Walter bekommt Post. Von seinem Auftraggeber. Er habe den Prüfauftrag offenbar falsch verstanden, heißt es in dem Brief und weiter:
"Wir erlauben uns daher, Sie mit sofortiger Wirkung vom Prüfungsauftrag zu entbinden."
Die Bank bezahlt zwar Walthers Sonderprüfung auf Heller und Pfennig. Aber sein Bericht verschwindet und die Bankmanager machen weiter. Neue, immer größere Immobilienfonds kommen auf den Markt. Auch die zuständige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO ignoriert die Warnungen von Walther. Der Prüfer von der BDO bescheinigt: Alles sei korrekt. Bis die Bank vor der Pleite steht.
Achim Walther, Wirtschaftsprüfer:
"Hätte er die Abschlüsse nicht in dieser Weise genehmigt, dann wäre das innerhalb des Konzerns ein derartiger Eklat gewesen, dass die Aufsichtsgremien des Konzerns wesentlich früher auf die Mißstände in diesem Wirtschaftsbereich aufmerksam gemacht worden wären und eindeutigen Handlungsbedarf erkannt hätten."
Schwere Vorwürfe gegen die verantwortliche Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO. Eine der führenden Prüfgesellschaften weltweit. Wir lassen den Walther-Bericht von einem unabhängigen Experten bewerten: Hans-Peter Schwintowski ist Professor für Wirtschaftsrecht an der Humboldt-Universität Berlin.
Prof. Hans-Peter Schwintowski, Humboldt-Universität Berlin:
"Zunächst einmal hat die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft auf der Grundlage des Walther-Berichts gewußt, dass sie etwas falsches, etwas unrichtiges bestätigt, also testiert hat. Das hätte nicht passieren dürfen. Nach meiner Meinung ist damt auch zugleich der Straftatbestand des Bilanzbetruges erfüllt. Und darüber hinaus nach meiner Einschätzung auch ein Schadensersatzanspruch in vollem Umfang gegeben, weil man vorsätzlich gehandelt hat."
Als die landeseigene Bankgesellschaft Berlin vor dem finanziellen Kollaps steht, informiert Walther die Politiker des Landes Berlin. Zuerst Eberhard Diepgen, CDU, den damals noch regierenden Bürgermeister. Ihm schreibt Walther im März 2001:
"Es ist ein Fall für die Staatsanwaltschaft. Mit hohen Schadensersatzforderungen für Berlin."
Dann bekommt Berlin eine neue Regierung mit Klaus Wowereit von der SPD an der Spitze. Achim Walther schreibt Ende 2001 auch dem neuen Landesvater Klaus Wowereit, dass:
"...teilweise vorsätzlich, teilweise fahrlässig falsche Jahresabschlüsse testiert worden sind".
Doch Eberhard Diepgen hat nicht geantwortet und auch Klaus Wowereit nicht.
Achim Walther, Wirtschaftsprüfer:
"Es gibt ein unausgesprochenes Einvernehmen meine ich zwischen den Entscheidungsträgern in Berlin, sich mit den Hintergründen der Affäre möglichst wenig zu befassen."
Prof. Hans-Peter Schwintowski, Humboldt-Universität Berlin:
"Es ist für mich schon ziemlich überraschend, dass weder Herr Diepgen noch Herr Wowereit, trotz der Informationen, die sie hatten, nichts gegen die Prüfgesellschaften unternommen haben, sie nicht versucht haben, sie verantwortlich zu machen. Das unterscheidet diesen Fall auch von der Art und Weise, wie man in Amerika damit umgeht, wo ja offensiv versucht wird durch die Regierung, gegen die Prüfgesellschaften vorzugehen."
Manager in Handschellen. In den USA haben Bilanzfälschungen Konsequenzen.
Manchmal sind die USA uns ja einfach nur voraus. Die BDO wollte keine Stellung nehmen. Der neue Vorstand der Berliner Bankgesellschaft hat aber inzwischen den Staatsanwalt eingeschaltet.

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