- @dottore: Machttheorie vs. H/S? - Jochen, 05.09.2002, 20:46
- Re: @dottore: Machttheorie vs. H/S? - dottore, 06.09.2002, 10:32
- Re: @dottore: Machttheorie vs. H/S? - Jochen, 06.09.2002, 20:16
- Re: @dottore: Machttheorie vs. H/S? - dottore, 06.09.2002, 10:32
Re: @dottore: Machttheorie vs. H/S?
-->>Hallo,
>bisher hatte mir H/S-Theorie erklärt, was Wirtschaften ist, warum es dort zu Wachstum kommt und da nicht usw. Der Unterschied (i)Stammesgesellschaft, (ii)Feudalgesellschaft/Sozialismus, (iii)Kapitalismus wurde erschöpfend erklärt. Hier (i)(ii) nur Besitz, da (iii) Besitz+Eigentum und die Konsequenzen. (BTW ohne das moralisierende Gerede, das den Wirtschaftstheorien sonst so eigen ist, seien es Liberalismus, Sozialismus,...).
Alles klar. Der wichtigste Punkt. Eigentum kann zweimal erscheinen, eben als Realie und als Titel darauf. Das ist das völlig richtig erkannte Revolutionäre in der Wirtschaftsgeschichte. Besitzende produzieren, Eigentümer können wirtschaften (siehe EZG, klaro).
>Der einzige Kritikpunkt (ein grundlegender) an der Theorie, den ich aus den vergangenen Diskussionen mitgenommen haben, ist:
>Wie wird die Eigentumsprämie pagatorisch? Oder anders gesagt: wie ergibt sich bei H/S die Höhe des Zinses? Wie kommt es von der immateriellen Eigentumsprämie zur tatsächlich gezahlten? Ich habe es nochmal nachgelesen und konnte nichts genaues bei H/S finden. Vielleicht habe ich es überlesen.
Genau das fehlt eben, auch im Ergänzungsband. Leider.
>Die Machttheorie füllt meines Erachtens diese Lücke.
>Es gibt ja zwei Möglichkeiten:
>(a) Die"Macht" raubt alles, der Beraubte verhungert, Spiel aus.
Ja.
>(b) Die"Macht" nimmt nur einen Teil an sich, die sogenannte Abgabe (mafiös: Schutzgebühr). Der Ausgenommene kann weitermachen, siehe Steuersystem.
Ja. Der Streit hier ging nur darum, ob der Ausgenommene etwas aus bereits vorhandenem Überschuss (Surplus) abgibt oder ob der durch die Abgabe selbst erst zur Surplus-Produktion gezwungen wird. Die historische Evidenz spricht für Letzteres.
>Die Höhe der Abgabe erklärt sich dann z.B. so: Bauer produziert 100 Scheffel Weizen, 1 muß er abgeben, der eine Scheffel ist der Zins.
Dies wäre der Zins als census.
Nun haben wir aber den Bauern, der die 100 Scheffel entweder selbst braucht und sich ergo den einen zusätzlichen beschaffen muss. Oder den Bauern, der zum Abgabentermin (der Termin definiert die Abgabe, die ohne Termin keine wäre!) den einen Scheffel nicht abgabenbereit hat.
>Die Eigentumsprämie (Verzicht auf Verpfändungsmöglichkeit, nach H/S) hat meines Erachtens die Schwäche, daß die Höhe dieser Prämie nicht quantifizierbar ist, ähnlich dem Marxschen Mehrwert.
Sehe ich genauso.
>Für mich ergibt sich dabei aber folgendes Problem:
>Wozu brauche ich noch die Eigentumstheorie, wenn sich der Zins und dessen Höhe aus Vorhandensein von Macht/Zwang erklärt?
Macht/Zwang erklären cenus, aber nicht das, was ich pagatorisch leisten muss, um an census zu kommen. Dieses Mehr ist usura.
Um mir census zu beschaffen - unter Inkaufnahme von Usura - muss ich demjenigen, der mir census ausleiht, eine Sicherheit für die Rückgabe des Geliehenen bieten. Der andere hilft mir aus meiner census-Illiquidität. Das wiederum kann nur Eigentum sein (an Sachen, siehe Landverpfändung oder Menschen, siehe Schuldknechtschaft).
Ist Eigentum nicht vorhanden (keinerlei Solvenz bei ohnehin bereits vorhandener Illiquidität), kann es keine Kreditverträge geben, da diese besichert sein müssen.
>Macht gibt es sowohl in (i), (ii) und (iii). Der Unterschied zwischen diesen drei Gesellschaftstypen verschwimmt dann. Macht gibt es in allen dreien,
Ja.
>Abgaben gibt es in allen dreien,
Nur in ii und iii. Wir sollten nicht Stämme zu Feudalgesellschaften erklären. In Feudalgesellschaften erzwingt der Feudalherr (Antike: Oikos-Herr, davor"König", siehe Mesopotamien usw.) als Obereigentümer (oder Alleineigentümer, siehe"Volkseigentum" im Sozialismus) Abgaben vom Einzelnen direkt, wobei der Einzelne, da kein Eigentümer, nicht die Möglichkeit hat, sich den geschuldeten census (meist ohnehin direkte Arbeitsleistung, da auf dem Eigentum des Feudalherrn sesshaft) über Kreditkontrakt unter Inkaufnahme von usura von anderen Eigentümern zu beschaffen.
Insofern funktioniert dies bei in Arbeit zu erbringendem census nicht, aber sehr wohl, sobald census in Standardisiertem abgefordert wird (= Geld).
>aber Kredit, Zins und Geld gibt es nur in der Eigentumsgesellschaft.
Kredit, weil nur durch Eigentum besicherbar.
Zins ist nicht die Abgabe (census), sondern das, was mich die termingerechte Beschaffung von census in Form von usura kostet.
Geld, sobald census realwirtschaftlich ("Gut", nicht"Leistung") standardisiert und von anderen census-Pflichtigen beschaffbar, z.B. wenn deren Termin später liegt, sie aber bereits mit der Erstellung von census begonnen haben, was sich ohnehin empfiehlt.
>Oder anders gefragt: Paßt die Machttheorie zur H/S-Eigentumstheorie?
Ja. Sie muss nur"vorgeschaltet" werden. Bei H/S fehlt letztlich die Erklärung, warum es überhaupt zu Kreditkontrakten kommt. Die von Heinsohn angebotene Lösung ("wirtschaftliche Notlage") haut allein nicht hin. In solcher (privaten) Notlage wird nicht kreditiert. Es muss ein - zeitlich gestaffeltes - census-System am Anfang stehen, also die Macht als Ur-Gläubiger ex nihilo, also ohne privatwirtschaftlich vereinbarten Kreditkontrakt. Der schließt sich dann bei Illiquidität im Abgabengut bei Solvenz, das Abgabengut später mit usura zurück erstatten zu können, an.
Faden wieder da?
Gruß!

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