- Deutschland und Irak haben was gemeinsam. - Nun ratet mal.. - André, 08.09.2002, 19:11
- Damit mir die brit. Zeitung SUN nicht die Schlagzeile wegschnappt... - Uwe, 08.09.2002, 19:32
- Re: Damit mir die SUN nicht die Schlagzeile.. ** Hier der Text (als Vorschlag) - Herbi, dem Bremser, 08.09.2002, 22:42
- Damit mir die brit. Zeitung SUN nicht die Schlagzeile wegschnappt... - Uwe, 08.09.2002, 19:32
Deutschland und Irak haben was gemeinsam. - Nun ratet mal..
-->US-Medien entdecken Mr. Schröder
Von Marcus Schymiczek
Für die amerikanischen Medien ist Deutschland meistens nur dann von Interesse, wenn Rechtsradikale wieder einmal Anschläge verüben. Seitdem aber Gerhard Schröder vor einem Militärschlag gegen den Irak warnt, kann sich zumindest der Kanzler nicht über mangelnde Aufmerksamkeit beklagen.
Schröder warnt die USA vor einem Krieg gegen den Irak
AFP/DPA
Kanzler Schröder (r.) und Premier Blair: Scharfe Töne aus Berlin irritieren London
Berlin - Als der Berliner Korrespondent der Londoner"Times", Roger Boyes, unlängst in lockerer Runde mit amerikanischen Diplomaten über Gerhard Schröders Chancen für eine zweite Amtszeit plauderte, wurde einer seiner Gesprächspartner, ein US-Botschaftsmitarbeiter, sehr ernst."Was soll man von einem Mann halten, der bei seinem Amtsantritt nicht auf die Bibel schwören wollte", klagte der Mann. Boyes ist sich sicher: Die Amerikaner wollten einen Regierungswechsel -"nicht nur in Bagdad, auch in Berlin", fügt er ironisch hinzu.
Fest steht: Seit der deutsche Regierungschef in der Irak-Frage immer weiter von US-Präsident Bush abrückt, kann er sich nicht nur in der US-Botschaft gesteigerter Aufmerksamkeit sicher sein. Als Schröder dieser Tage US-Vize Richard Cheney via TV kritisierte, schaffte es der wahlkämpfende Kanzler sogar bis auf Seite zwei der"New York Times". Ein Blatt, das aus Deutschland sonst nur ähnlich ausführlich berichtet, wenn Neo-Nazis über US-Sportler herfallen oder Synagogen geschändet werden.
Nun aber liegt Pulverdampf in der Luft, und es geht darum, ob in Berlin ein verlässlicher Partner die nächste Regierung stellt. Denn Deutschland sei ein wichtiges Land,"wichtig für Europa und wichtig für Amerika", räumt"New York Times"-Korrespondent Steven Erlanger gegenüber SPIEGEL ONLINE ein.
US-Politiker setzen auf Wechsel in Berlin
AFP/DPA
US-Präsident Bush (r.) und Premier Blair: Gemeinsam gegen Bagdad
Der Vierspalter mit Bild dürfte Schröder gefallen haben. Es zeigt ihn in medienerprobter Pose am Rednerpult, den rechten Arm leicht angehoben, die Hand zur Faust geballt. Weniger Gefallen finden US-Offizielle offenkundig an dem, was der Kanzler in diesen Tagen zu sagen hat. Wie sonst ist es zu erklären, dass Botschafter Daniel Coats jede diplomatische Zurückhaltung fallen lässt und unverhohlen vor einer Verschlechterung der deutsch-amerikanischen Beziehungen warnt. Die derzeitige Politik der Regierung isoliere Deutschland sogar innerhalb der Europäischen Union, behauptete Coats unlängst.
Andere, die freier sprechen können, gehen sogar noch weiter. Der frühere US Botschafter in Bonn, Richard Burt, sprach es in einem Interview mit einer Sonntagszeitung offen aus."Ein Regierungswechsel in Deutschland wäre hier in Washington sehr willkommen, und auch für ihr Land wäre es das Beste."
Muskelspiele
Es war wohl kein Zufall, dass US-Botschafter Coats ausgerechnet an dem Tag seine Warnung an die Bundesregierung abfeuerte, als US-Präsident George W. Bush und sein Verteidigungsminister Donald Rumsfeld führende Kongress-Mitglieder zur Irak-Politik konsultierten. Von einer"konzertierten Anstrengung" wusste der Nachrichtensender CNN am Mittwoch dieser Woche zu berichten. Geht das Muskelspiel also so weit, dass die Weltmacht auch Druck auf alte Freunde ausübt? Absurd, meint Erlanger:"Amerikanische Regierungen mischen sich nicht in demokratische Wahlen ein, erst recht nicht in die von Alliierten." Und wie bewertet der politische Beobachter die immer lauter werdenden Misstöne zwischen Berlin und Washington? Erlanger gibt sich zugeknöpft:"Lesen Sie die Zeitung!"
Mit Interesse wurde in US-Medien zur Kenntnis genommen, dass der Kanzlerkandidat der Union sich vor rund zwei Monaten bei seinem Vorstellungsgespräch in Washington als Anwalt enger deutsch-amerikanischen Beziehungen präsentierte. Damals sprach sich Edmund Stoiber dafür aus,"mehr Druck" auf Bagdad auszuüben, damit der Irak die Uno-Waffenkontrolleure wieder ins Land lasse. Dass Schröder in den vergangenen Wochen dagegen auf Konfrontationskurs zur Bush-Administration steuert, halten manche englischsprachige Medien für taktisches Kalkül. So etwas komme an in der deutschen Ã-ffentlichkeit und dränge Konkurrent Stoiber in die Defensive, kommentierte jüngst die"New York Times".
Unterkühlte Beziehungen zwischen Berlin und London
DDP
Blair und Schröder auf dem SPD-Parteitag: Vorbei die Zeiten, als der Premier von der SPD umjubelt wurde.
Während jenseits des Atlantiks außenpolitische Fragen im Mittelpunkt des Interesses stehen, richten britische Berichterstatter ihr Augenmerk auch auf die Wirtschafts- und die Europapolitik. Stoiber gilt in der englischen Presse als Sozialkonservativer. Der Kandidat der Union spreche die"typische Sprache der Konsenspolitik und des Wohlfahrtsstaates", so der linksliberale"Guardian". In sozialen Fragen allerdings sei Stoiber ein Rechter, so das Blatt weiter.
In der Europapolitik scheint Kanzler und Kandidat nicht viel zu trennen, urteilt die"Financial Times". Beide seien Anhänger eines föderalen Europa mit klarer Gewaltenteilung zwischen EU-Institutionen und nationalen Regierungen. Über den Kurs eines möglichen Bundeskanzlers Stoiber sind sich politische Beobachter auf der Insel indes nicht einig."Vor drei Jahren war Stoiber noch ein Euro-Skeptiker, jetzt sieht das ganz anders aus", urteilt Boyes von der konservativen"Times".
Und Schröder? In den vergangenen drei Jahren ist in Europa eine Mitte-Links-Regierung nach der anderen aus dem Amt gejagt worden. Eigentlich müssten die beiden Sozialdemokraten zusammenrücken. Noch im November vergangenen Jahres war Blair umjubelter Gast auf dem SPD-Bundesparteitag in Nürnberg. Die Auseinandersetzungen um den richtigen Irak-Kurs haben die beiden Pragmatiker jedoch auseinandergebracht. Bei allem Repekt für Herrn Blair, so zitierte die"Times" einen deutlich kühlen Schröder am Donnerstag, sei der britische Premier doch nicht berechtigt, bei seinem kommenden Treffen mit Bush im Namen aller Europäer zu sprechen.
Solche Töne stoßen in Großbritannien keineswegs nur auf Ablehnung. In Teilen der Insel-Presse ist eine gewisse Sympathie für die Kritik des Kanzlers an einem US-Alleingang gegen Bagdad nicht zu überlesen. Schließlich ist der Kreuzzug gegen Saddam Hussein in der britischen Ã-ffentlichkeit nicht unumstritten - 70 Prozent der Briten sind gegen einen Krieg. Über die offenen Worte aus Berlin dürfte der Hausherr in Downingstreet 10 not amused sein. Dabei zeigte noch vor wenigen Wochen ein SPD-Wahlmotiv zwei Staatsmänner im trauten, fast brüderlichen Gespräch: Tony Blair und Gerhard Schröder.
Quelle:
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,212726,00.html
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