- Blick zurück: Bargeld lacht, dottore läßt grüßen - Gruß auch an Oldy - Baldur der Ketzer, 13.09.2002, 21:49
Blick zurück: Bargeld lacht, dottore läßt grüßen - Gruß auch an Oldy
-->Hallo,
ich habe vorhin gesucht, aber keinen Eintrag im Forumsarchiv mit der Suchfunktion gefunden über das Buch von Hans Rosenberg, Die Weltwirtschaftskrise 1857-1859.
Klar gabs damals noch parallel Metallgeld, so daß die heutigen Verhältnisse nicht direkt vergleichbar sein werden (lt. dottore gibts ja angeblich genügend ZB-fähige Titel, die seitens der Banken zu Bargeld gemacht werden könnten, und gedruckt sei der Eurotz auch ausreichend, wenn ihn nicht die Motten zerfressen haben ;-).
Trotzdem, was bleibt, ist die Psychologie.
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Den Anstoß zur Börsenpanik und zum Umschlagen der Effektenbörsen- und der schleichenden Gründungs- und Kapitalkrisis in die Kreditkrisis und Warenhandelskrisis gab in der Union erst der am 24. August 1857 erfolgende plötzliche Zusammenbruch der *Ohio Life Insurance and Trust Company*.
Es handelte sich bei diesem Unternehmen um eine Depositen und Diskontbank mit einem Aktienkapital von 2 Millionen $ und Passiven in Höhe von 5 Millionen $, um eine Bank, die bis dahin im Rufe besonderer Vertrauenswürdigkeit gestanden hatte, obwohl sie in westlichen Eisenbahnwerten stark spekuliert und große Mengen davon bevorschußt hatte.
Während die in den vorangegangenen Monaten erfolgten Zahlungseinstellungen größerer Häuser hingenommen worden waren, ohne besonderes Aufsehen zu erregen, hat der Bankerott dieses Unternehmens auf die amerikanischen Börsen und die Geschäftswelt wie der Einschlag einer Bombe gewirkt.
Das Vertrauen, das sich bis dahin trotz der angespannten Lage des Geld und Kreditmarktes und trotz des Abgleitens der Effektenkurse und des Absinkens der Getreidepreise behauptet hatte, wandelte sich jetzt um so mehr in kopflose Angst und panikartigen Schrecken, als es bereits im Juli in einzelnen Branchenzweigen, besonders bei der Baumwollindustrie und dem Baumwollhandel, zu Produktionseinschränkungen und Absatzstockungen gekommen war.
Um die als momentan betrachtete Stockung ohne Preissenkung überstehen und ihre
fälligen Verbindlichkeiten nachkommen zu können, hatte bei der Geschäftswelt, die bei rückgehendem Absatz über große Warenvorräte verfügte, große Wechselverbindlichkeiten zu erfüllen und bei ihren Bemühungen um Umwandlung des Warenkapitales in Geldkapital mit wachsenden Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, ein gesteigertes Bedürfnis nach Zahlungsmitteln und Auffüllung der Kassenbestände eingesetzt. das sie auf dem Wege der Wechseldiskontierung, der Lombardierung und des Effektenverkaufs zu befriedigen suchte.
Trotz zunehmender Versteifung des Geld- und Kapitalmarktes war die Nachfrage nach Geld in unaufhaltsamem Steigen begriffen.
Schlagartig spitzten sich mit der Bankerotterklärung der *Ohio Life and Trust Company* die Spannungen und Stockungen zur akuten Krise zu. Über Nacht drängten die Spekulanten und Effektenbesitzer zum Verkauf ihrer Papiere.
Als stünde der Feind vor der Stadt, so wußte der New Yorker Korrespondent des Frankfurter Aktionär bereits am 1. September zu berichten, wollte jeder noch retten, was zu retten war.
Während die Zinssätze sprunghaft — am 24. August bereits bis zu 15% und am Monatsende bis zu 24% -- in die Höhe kletterten und bares Geld um 10—12 % über Pari stieg, häuften sich die Konkursmeldungen und stürzten die Wertpapierkurse innerhalb weniger Tage rapide in die Tiefe.
Die Baisse erstreckte sich auf alle Effekten mit Einschluß der festverzinslichen Rentenpapiere, auf die zweifelhaften ebensowohl wie auf die anerkannten, da sich diese am leichtesten realisieren ließen.
Das Mißtrauen fing an, alle Kreise zu durchdringen und *bares Geld* war die Lösung. Alles, was sich versilbern ließ, wurde an den Markt gebracht, Diskontraten stiegen zu enormer Höhe, und wem es gelungen war, seinen Papierbesitz in Metall zu verwandeln, verschloß seinen Barschatz sorgfältig, da er nicht wußte, wem er ihn anvertrauen könnte (1).
Am stärksten ist der Kurssturz bei den Eisenbahnaktien gewesen, die in den vorangegangenen Jahren das Eldorado der Spekulanten gebildet hatten. Verglichen mit dem bereits gedrückten Kursstande am Jahresende 1856 waren die Kurse bis zum 28. September 1857 gesunken bei Chivago-Rock-Island von 93 auf 67, Cleveland-Pittsburg von 57 auf 9, Cleveland-Toledo von 74 auf 30, Erie von 61 auf 13, Galena-Chicago von 118 auf 66, Illinois-Central von 121 auf 85, La Crosse-Milwaukee von 74 auf 7, Michigan-Central von 93 auf 45, Michigan-Southern von 87 auf 17, Milwaukee-Mississippi von 77 auf 20, New York-Central von 93 auf 61, Reading von 86 auf 36. In den folgenden Wochen sind diese Kurse zum Teil noch weiter in die Tiefe gesunken. So fiel z. B. Illinois-Central auf 70, Erie auf 8, New York-Central auf 52, Michigan-Southern auf 10, La Crosse-Milwaukee auf 5.
Durch die Entfesselung der Panik, die sich mit Windeseile über alle Börsenplätze der Union verbreitete, steigerte sich die Geldklemme zur Geldkrisis, die durch das Unsicherwerden der Kredite ausgelöste Kreditverengung und die von den um ihre Liquidität besorgten Banken vielfach verhängte Kreditsperre zur Kredit-, Preis- und Handelswarenkrisis.
Mit der Lahmlegung des Kreditapparates, die zugleich der Warenspekulation ein jähes Ende bereitete und massenhaft auftretende Zahlungseinstellungen von Handelshäusern und unfertig finanzierten Unternehmungen im Gefolge hatte, spitzte sich die allgemeine Lage innerhalb weniger Wochen so weit zu, daß schließlich selbst die Banken der Panik zum Opfer fielen.
Die allgemeine Bankkrisis kam zum Ausbruch, als die Geschäftswelt infolge der Erschütterung des Vertrauens plötzlich in großem Umfange vom bargeldlosen zum Bargeldverkehr überging, als das ängstlich gewordene Publikum seine Einlagen bei den Banken abhob, die Einlösung der Noten....
(1) Bericht aus New York vom 28. September im *Aktionär*, Frankfurt 1867, S. 618
in Edelmetallgeld verlangte und das Münzgeld dem Verkehr möglichst zu entziehen und aufzuspeichern suchte.
Nachdem bereits 150 Banken in Pennsylvanien, Maryland, Virginien und Rhode-Island allein zwischen dem 25. und 29. September ihre Zahlungen hatten suspendieren müssen, erreichte die Panik im Oktober ihren Höhepunkt.
Während der Preissturz für Wertpapiere und Waren sich zunächst noch unaufhaltsam fortsetzte und der Mangel an Zirkulationsmitteln immer noch größere Dimensionen annahm, während Handel und Wandel in zunehmendem Maße zu stocken begannen und zahlreiche Betriebe ihre Zahlungsunfähigkeit erklären oder aus Mangel an Betriebskapital und Absatz stillgelegt werden mußten —, währenddem erreichte der Diskontsatz in diesen Wochen die schwindelnde Höhe von 60—100%.
Als nunmehr die New Yorker Banken, die bis dahin inmitten des allgemeinen Zusammenbruchs einen festen Stand behauptet hatten, obwohl ihre Depositeneinlagen vom 22. August bis zum 10. Oktober von 89,3 auf 63,3 Millionen $ zurückgegangen waren (l), um ihrer Selbsterhaltung willen dazu übergingen, den Geldverkehr mit einem Schlage zu drosseln, den Kredit zu sperren und ihre kurzfristig ausgeliehenen Gelder mit rücksichtsloser Härte einzutreiben (2), da kehrte sich Angstausbruch auch gegen sie. Und um so mehr gegen sie, als nach der Verfassung des Staates New York bei ausgebrochenem Bankerott einer Bank die Noteninhaber allen übrigen Bankgläubigern, auch den Depositenbesitzern, vorangingen.
Am 13. Oktober entlud sich die Erbitterung der Geschäftsleute und die Verzweiflung der Sparer in einem elementaren Ausbruch. Um 1 Uhr mittags stürmten die Wechselinhaber und Depositengläubiger wie auf Kommando die New Yorker Banken. Am Abend des 13. Oktober hatten sich 18 Banken mit einer Gesamtdepositenschuld von 21 Millionen $ für zahlungsunfähig erklären müssen. Am Morgen des nächsten
1) Vgl. M. Wirth, Geschichte der Handelskrisen, 1874 2, S. 321.
2) Allein in der Zeit vom 10.—17. Oktober sind die von den New Yorker Banken gewahrten Darlehen von 101,9 auf 67,2 Millionen S zurückgegangen.
Tages folgten die übrigen New Yorker Stadtbanken; von 33 hatten 32 ihre Schalter schließen müssen. Nach diesem Ereignis gab es kein Halten mehr.
Der *Run* auf die Banken der Union wurde zum Chaos. Der gesamte Geschäftsverkehr des Landes stand vor der Gefahr völliger Lähmung, so daß schließlich nur noch eine allgemeine Suspendierung der Barzahlungsverpflichtung der Notenund Depositenbanken Luft zu schaffen vermochte.
Die Macht der Umstände erzwang eine Art allgemeinen Moratoriums. Im Gegensatz zu den früheren amerikanischen Krisen waren es weniger die Ausweitung des Notenumlaufes als vielmehr die Expansion
des Diskont- und Kreditgeschäftes und die Verbindlichkeiten auf der Depositenrechnung, die die Fortsetzung der Barzahlungen unmöglich machten. 1415 Banken mit einem Notenumlauf von 214 3/4 Millionen $ haben im Laufe des Oktober ihre Barzahlungen mit der Ankündigung eingestellt, sie so bald als möglich wieder aufnehmen zu wollen.
Ungerechnet die Zusammenbrüche der Aktiengesellschaften, der Banken und der Eisenbahngesellsellaften, von denell sich 14 mit einem Kapital von 190 Millionen $ innerhalb von zwei Monaten für insolvent erklärten, ungerechnet auch diejenigen Firmen, die nur für kurze Zeit ihre Zahlungen einstellten oder von ihren Gläubigern ein Moratorium erhalten hatten, sind als Opfer der Panik in den Vereinigten Staaten bis zum Jahresende ca. 5000 Unternehmungen mit einer Schuldsumme von etwa 300 Millionen $ auf der Strecke geblieben. Von diesen 300 Millionen mußten nahezu die Hälfte als endgültig verloren abgebucht werden.
1) Die vorliegenden Berechnungen schwanken etwas im einzelnen. Vgl. Preußisches Handelsarchiv, 1859,1, 513; Bremel Handelsblatt, 1858 S. 167; Die Glocke. Wochenzeitung für Politik und soziales Leben, Leipzig 1859, S. 476; D. M. Evans, The History of the commereial Crisis 1857—58, London 1859, S. 125ff.; M. Wirth, Geschichte der Handels
Mal ein paar Zeilen daraus:

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