- interessante Analyse aus dem TI - Quo vadis, Konjunktur? - Cosa, 14.09.2002, 10:54
interessante Analyse aus dem TI - Quo vadis, Konjunktur?
-->Moin,
mal keine Wellen oder Linien im üblichen Sinn, interessanter Ansatz. Thomas Spoerer stellte einen Konjunkturindikator vor, ich hab's rüberkopiert.....
<font size="4">Quo vadis, Konjunktur? - Der KID Konjunktur-Indikator</font>
von Thomas A. Spoerer, Freier Autor
Erläuterungen zum KID Konjunktur-Indikator Deutschland
Prima Zeitpunkt, einen Konjunktur-Indikator vorzustellen: Denn seit 1990 war die Prognostik nicht mehr so kompliziert wie momentan. War es damals die Wiedervereinigung, die schwer einschätzbare Veränderungen in viele Zahlenreihen brachte, so läuft seit dem September 2001 eine regelrechte"Schockwelle" durch die"emotionaleren weichen" Datenreihen. Wirtschaftszahlen, an sich eine eher nüchterne Sache, werden aktuell stärker von Emotionen mitbestimmt, wobei sich offensichtlich eine"Phasenverschiebung" in den Reaktionen ergeben hat. Der 11. September 2001 löste starke Ängste aus, denen nach einigen Wochen folgerichtig Erleichterung folgte, da weitere Anschläge ausblieben. Auf den im wirtschaftlichen Sinn übertriebenen Schock folgte nun eine gewisse Euphorie - die aber der realen Lage wiederum nicht angemessen war. Aktuell erleben wir nun eine Korrektur dieser Euphorie. Es wird noch eine Weile dauern, bis die sentiment-bestimmten Datenreihen zur"Normalität" zurückfinden - falls nicht neue Ereignisse aus der Weltpolitk für weitere Turbulenzen sorgen, wie es in einer instabilen Zeit mit starken Veränderungen bestehender Strukturen nunmal üblich ist.
Damit zum KID-Konzept: Der KID Konjunktur-Indikator Deutschland versucht, Wendepunkte der deutschen Konjunktur sehr frühzeitig anzuzeigen. Vergleichsmaßstab ist das deutsche Brutto-Inlandsprodukt (BIP) in prozentualer Veränderung zum Vorjahr auf Basis der Zahlen der Deutschen Bundesbank. Da Trendwechsel und Trendstärke wahrscheinlich mehr Bedeutung haben als die letztendliche prozentuale BIP-Veränderung, lag das Schwergewicht der Optimierung auf Geschwindigkeit und Trend-Richtung. Aus der Höhe des Indikators sollte daher nur sehr bedingt auf die prozentuale BIP-Entwicklung geschlossen werden.
Zur Berechnung werden zahlreiche Datenreihen und daraus errechnete Ableitungen, jedoch keine Schätzwerte verwendet. Die eingezeichneten Signale entstehen durch Schnitt des Indikators mit seinem 5-Monats-Durchschnitt im Folgemonat, sind jedoch durch die erreichte Glättung oft schon sehr viel früher rein optisch erkennbar.
Das Grundprinzip des Indikators entspricht der"Fuzzy Logic" - aus vielen bekannten, für sich aber"unscharfen" Einzel-Informationen wird versucht, durch Bearbeitung, Filterung und Kombination eine neue"scharfe" Information zu gewinnen. Dies geschieht in der Form, daß aus zahlreichen einzelnen Zeitreihen zunächst die relevanten"Schwingungen" isoliert werden. Daraus entstehen zusammengefaßte Einzel-Komponenten, die wiederum optimiert und kombiniert dann den eigentlichen Indikator bilden. In dem Sinn existiert für den KID nicht"eine spezielle Formel", sondern er entsteht durch ein Netz oder Geflecht aus vielen Informationen. Dies entspricht im Prinzip auch der Funktionsweise der menschlichen Gehirns - außer es ist grad dem reinen Schwarzweißdenken verfallen.
Die Komponenten-Bauweise ermöglicht eine gute Kontrolle und Einsicht in die jeweilige Entwicklung und liefert außerdem wertvolle Hinweise für die Interpretation. Zusätzlich gibt es noch den"Kontroll-KID", eine relativ ungeglättete Version, die jedoch ausschließlich aus"harten" realwirtschaftlichen Basisdaten besteht und einen Quervergleich zum KID-Indikator ermöglicht.
Der KID wird zweimal monatlich veröffentlicht, jeweils um den 10.-14. sowie 22.-26. des Monats. Neue Zahlen fließen jedoch fast täglich in die Berechnung ein, sodaß die vorliegende Abbildung stets eine Momentaufnahme des aktuellen Stands darstellt. Alle Berechnungen und Aussagen werden nach bestem Wissen und Gewissen auf Basis der jeweils vorliegenden Daten getroffen und stellen keine Beratung dar. Eine Haftung hinsichtlich der Aussagen ist ausdrücklich ausgeschlossen.
Der KID ist zwar schon ein mehrjähriger"Fortsetzungsroman" - hier der Einstieg in die aktuelle Folge:
KID vom 11.09.2002: Kein Aufschwung in Sicht - der Flatliner ist da...
Die neuen Zahlen zum deutschen BIP im 2. Quartal 2002 blieben schlicht enttäuschend. Die hier dargestellte prozentuale Veränderung im BIP beruht auf Daten der Deutschen Bundesbank. Mit den Zahlen des Statistischen Bundesamtes Destatis ergibt sich durch eine andere Berechnungsweise ein etwas stärkerer Anstieg, allerdings auch von tieferem Niveau aus. Jedoch ändern diese kleinen Unterschiede in der statistischen Berechnung grundsätzlich nichts am Gesamtbild: seit mehreren Quartalen gibt es kein nennenswertes Wachstum mehr in Deutschland. Entsprechend wurden die zu optimistischen Jahresprognosen vieler Institute erneut nach unten korrigiert. Damit hat sich die hier seit längerem geäußerte These bestätigt, daß es sich bei dem bisher sichtbaren"Aufschwung" zunächst nur um einen einmaligen psychologisch-statistischen Basiseffekt handelt - resultierend aus der Tatsache, daß nach dem extremen Schock vor einem Jahr lediglich ein Stimmungs-Anstieg in den weichen Komponenten der Konjunkturberechnung als Gegenreaktion stattgefunden hat. Dies bestätigt sich auch im technischen Bild, in Form des Pullbacks unter den gebrochenen positiven Trend. Doch auch aus dem jüngsten negativen Signal für die deutsche Konjunktur sollte nicht sofort auf einen tiefen Rückfall geschlossen werden. Denn wiederum wird der Rückgang hauptsächlich von den weichen Stimmungs-Komponenten bewirkt und stellt damit eine erneute Gegenreaktion auf den starken Stimmungsaufschwung dar.
Die"Schockwellen des 11. September" werden uns also in den Daten noch eine Weile begleiten und sorgen weiter für Verunsicherung an den Märkten und in der Wirtschaft. Denn in den letzten Wochen hat sich zwar die Stimmung deutlich eingetrübt, die"harten" Basisdaten jedoch zeigen nicht nur eine Stabilisierung, sondern inzwischen sogar einen zwar langsamen aber kontinuierlichen Anstieg. Damit ist eine erneute"inverse Phasenverschiebung" zu beobachten: Reale Lage und Aussichten bessern sich zaghaft, die Stimmung jedoch sinkt parallel dazu.
Fazit bleibt zunächst ein konjunktureller"Flatliner", jedoch wahrscheinlich oberhalb der Null-Linie. Die Jahresprognosen liegen seit langem erstmals wieder auf einem realistischen Niveau. Klima- und Stimmungs-Indikatoren sollten scharf beobachtet werden: ergibt sich hier in naher Zukunft eine Stabilisierung, dürfte die Basis für ein verbessertes Jahr 2003 gefunden sein. Sinken sie jedoch weiter, entsteht daraus neue Gefahr für die positive Konjunkturstabilisierung.
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Gruss
Cosa

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