- Oldy hat recht! - R.Deutsch, 15.09.2002, 12:00
- Re: Oldy hat recht! - Ivan, 15.09.2002, 13:09
- Re: Oldy ist der Grösste! - BillyGoatGruff, 15.09.2002, 16:49
- Re: Oldy hat recht! - Shakur, 15.09.2002, 20:10
- Re: Oldy hat recht! - Oldy, 16.09.2002, 04:01
Re: Oldy hat recht!
-->>Ja,
>Menschen die etwas tun, die Visionen umzusetzen versuchen, die haben Respekt verdient.
>Nur reden und theoretisieren bringt nicht so viel, wie der praktische Versuch, der durch Irrtum und Korrektur immer wieder verbessert wird. Das vorangehende Theoretisieren kann dabei nur der Anker sein.
>Meine Hochachtung gilt jedem, der etwas tut, und nicht bloß spricht.
>Gruß
Oldy $$$
Nicht ich allein tue etwas. Diese Leute sind ein Beispiel, wie Praktiker auch Fehler ausmerzen können. Sie scheinen nun auf den Gogoweg mit ihren Creditos zu gehen. Ich hatte befürchtet, daß sie schon zu weit auf den falschen Weg gegangen wären, aber anscheinend hat ihnen jemand den richtigen gezeigt.:-)
Information über die neuen Wertscheine der RGT (Red Global del Truque, Globales Tauschnetz)
Vom 28. August 2002
Der Kollaps des argentinischen Wirtschaftssystem, die wachsende Arbeitslosigkeit und der Mangel an Zahlungsmitteln, da sie von den Banken beschlagnahmt wurden, stellen kein Hindernis dafür dar, dass die Leute von der RGT die Güter oder Fähigkeiten, über die sie verfügen, anderen, die sie brauchen, zum Tausch anbieten. Auf diese Weise kann die Untätigkeit der Landesführung durch die individuelle und kollektive Anstrengung ersetzt werden, zumal die Erfahrung zeigt, dass eine andere Ã-konomie möglich ist, ebenso wie eine Währung ohne Inflation noch Zinssätze.
Von ihrer Wichtigkeit sprechen nicht nur die Ergebnisse, sondern auch die Aufmerksamkeit, welche diese jetzt in anderen Sektoren erhält, ein Signal dafür, dass das System sich in eine mächtige Wirtschaftskraft verwandelt hat: von Fälschern, die sich das gesammelte soziale Kapital aneignen, von Akademikern, die sich durch intellektuelles Verdienst hervorheben oder die Erfahrung disqualifizieren wollen, und andererseits, vom Staat, der nun vorhat, eine Bewegung zu erklären, die sich von selbst organisiert hat, und unilateral Funktionskontrollen zu etablieren.
Aus diesem Grund wird das Programm zur Regionalen Selbstversorgung (Programa de Autosuficiencia Regional, PAR), welches am 1. Mai 1995 die RGT gegründet hat, und welches im ganzen Land 8000 Clubs mit 1 Million Mitgliedern zählt, in den nächsten Tagen tiefgreifende Veränderungen vornehmen.
Das, was man als eine Neugründung der RGT ansehen kann, beginnt mit dem Austausch der Wertscheine, die seit 1996 verwendet werden. Das PAR wird créditos (die Währung, die in den „Knoten" benutzt wird) mit neuer Gestaltung ausgeben, um schrittweise die derzeitigen Noten zu ersetzen. Gleichzeitig wird eine Umlaufgebühr (Oxydation des Tauschgeldes) eingeführt, eine historische Tatsache, da dies das erste Mal ist, dass diese Maßnahme, die der Anhäufung den Reiz nimmt, im großen Maßstab in einem Land versucht wird.
Diese Idee eines rostenden Geldes wurde von dem deutsch-argentinischen Ã-konomen Silvio Gesell entwickelt, der sie am Ende des 19. Jahrhunderts in seinem Buch „Die Natürliche Wirtschaftsordnung" vorstellte, von John Maynard Keynes ob ihrer Originalität gerühmt. Die monetären Theorien Silvio Gesells wurden mit Erfolg in den 20er und 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts in Ã-sterreich und Deutschland umgesetzt, wo demonstriert wurde, dass das rostende Geld etwa 40 mal schneller zirkuliert als die Landeswährung, und dabei ökonomische Effekte provoziert, die sich in öffentlichen Leistungen und Allgemeinwohl ausdrücken.
Die Ersetzung wird in vierzehn Tagen beginnen, und sie wird in zwei Etappen geschehen. Innerhalb von zwei Wochen werden die Scheine von 20, 50 und 100 erscheinen, während Zeit sein wird, den Umtausch mit den Scheinen kleinerer Werte zu vollenden. Darüber hinaus wird eine Überwachungskommission eingerichtet, die für jeden einzelnen der eingetragenen Knoten zuständig ist.
Der Umtausch der Wertscheine ist freiwillig und es ist pro Teilnehmer nur ein Umtausch erlaubt. Bis zu 50 créditos (diejenigen, die ursprünglich geliehen wurden) werden eins zu eins gewechselt, darüber wird eine variable Rostgebühr erhoben. Diese errechnet sich nach einer Tabelle (die eine logarithmische Funktion widerspiegelt), die vorher bekannt gemacht wird. Das bedeutet, dass diejenigen, die Créditos angehäuft haben, einen graduell geringeren Prozentsatz erhalten werden, bis zu einer Höchstebene (Asymptote).
Zweifellos handelt es sich um eine Maßnahme, die Entschlossenheit und Verantwortung verlangt. Sie wird nicht allen gefallen, sichert aber den Weiterbestand des Systems. Man wird fortfahren, die Geldmenge erneut auszugleichen, und die Kosten werden proportional und solidarisch von der Gemeinschaft der Nutznießer der RGT getragen. Diese originelle Vorgehensweise legitimiert sich durch das Fundament der sozialen Währung selbst, sowie durch die von den Nutzern unterschriebenen Verträge: Per definitionem ist der Crédito ein Tauschmittel und eine Zähleinheit, aber nicht ein Mittel zur Wertanhäufung.
Der Crédito wird neue Sicherheitsmaßnahmen aufweisen, um neue Fälschungen zu vermeiden. Die Wertscheine werden ein Wasserzeichen tragen, hell und dunkel, das im Gegenlicht den Schriftzug „ticket truque" (Tauschschein) erkennen lässt, der auch in Mikroschrift auf dem Rand zu lesen ist. Obendrein gibt es farbige Papierschnipsel, die über den Gutschein verteilt sind, und Fasern mit ultravioletter Farbe. Sie werden auf ein exklusives RGT-Papier gedruckt, auf Druckmaschinen hergestellt, welche die Organisation gerade erst erstanden hat. Darüber hinaus erscheint, wenn der Crédito kopiert wird, das Wort „Kopie" auf dem Duplikat. Dazu kommen noch zwei unsichtbare Marken in zwei Farben auf der Vorderseite des Scheins. Was die Nummerierung betrifft, so wird sie nicht mehr durch Kontaktdruck, sondern mit Laser gedruckt, und neben der Seriennummer wird es einen Streifencode geben. Das dient nicht nur dazu, über die Ausgabe eine Kontrolle zu haben und die Computerlesbarkeit zu erleichtern, sondern erlaubt außerdem wissenschaftliche statistische Arbeiten ebenso wie die Identifizierung jedes Gutscheins.
Auf der Rückseite wird der Crédito zwei kodierte Streifen tragen, welche, wenn man sie gegen einen besonderen transparenten validador hält, den Satz „Es dient zum Produzieren" und im anderen Band das Jahr der Ausgabe lesen lässt. Außerdem erscheinen Texte mit allen Einschränkungen der Benutzung.
Ist der Austausch einmal abgeschlossen, wird die RGT vom Januar 2003 an, im Einklang mit Gesell und den Vorschlägen der deutschen Ã-konomin Margit Kennedy, eine Umlaufgebühr erheben, die monatlich 1% „acumulable a los vales inmovilizados" beträgt. (Den Ausdruck verstehe ich nicht. Acumulable: anhäufbar; vale: Gutschein; inmovilizado: unbeweglich gemacht.)
Der Rost erfüllt damit den doppelten Zweck, zum einen regelmäßig die Sicherheit der Gutscheine zu erhöhen, um ihre Glaubwürdigkeit zu stärken, und zum anderen die Prosumenten (prosumidores, Kunstwort aus productores - Produzenten und consumidores - Konsumenten) dazu anzuregen, sie wieder auszugeben, um nicht die Umtauschgebühr abgeben zu müssen. Der Umtausch der Gutscheine wird nicht auf erzwungene und umfassende Weise durchgeführt, sondern graduell; durch Angebot und Nachfrage. Das bedeutet, dass für eine bestimmte Zeit Scheine unterschiedlicher Editionen nebeneinander bestehen werden.
Die Anfangsphase diente dazu, die Umsetzbarkeit dieses Projekts vorzuführen. Der Beweis ist, dass in den letzten Monaten etwa 6 Millionen Argentinier vollständig oder teilweise vom Tausch gelebt haben, gegenüber der Ohnmacht des Staates und des privaten Sektors. Aber dieses schwindelerregende Wachstum hat einen gewaltigen Einfluss auf das Netz ausgeübt, und bewiesen, dass eine Organisation nötig ist, die sich an dramatische Veränderungen in der Wirtschaft des Landes und gleichzeitig an verschiedene Formen der Sabotage anpassen kann. Es zeigte außerdem, dass eine verantwortlichere Übereinkunft von allen Teilnehmern notwendig ist. Es reicht nicht, eine sichere und schwer zu fälschende Währung auszugeben, man muss auch dafür sorgen, dass diese Währung ihren Wert behält. Die Prosumenten müssen lernen, auf die Gültigkeit des Geldes zu achten, das sie entgegennehmen, und müssen verstehen, dass es nicht zum Anhäufen da ist, sondern um schnell innerhalb des Netzes zu handeln und die Gegenseitigkeit, Solidarität und Bildung von Reichtum zu fördern.
Ein Tauschnetz kann nicht eine anarchische Aufsplitterung von Tausenden von Knoten sein. Die Teilnehmer müssen Ziele und Normen des Zusammenlebens teilen. Es braucht eine Organisation, denn ohne macht man sich sehr verletzlich.
Die RGT macht mit der Ausgabe einer neuen sicheren und fälschungssicheren Währung einen wichtigen Schritt. Aber das ist nur der Anfang. Die institutionelle Struktur wird solider werden, um besser fähig zu werden, Entscheidungen zu treffen, Konflikte zu lösen, Beschwerden entgegenzunehmen und sie zu erwidern. In diesem Sinne etabliert das soziale Abkommen [„Franquicia social", eigentlich „soziales Franchising"] eine klare Hierarchie von Verantwortlichkeiten von Seiten des PAR, der Knotenkoordinatoren und der Prosumenten. Es existiert ein Statut und eine Arbeitsmethodologie die jeder kennt und deren Erfüllung nachprüfbar ist.
Jedes Netz muss die Notwendigkeit akzeptieren, eine Kompetenz zu etablieren, die gegenüber anderen loyal ist, und die Regeln des Spiels zu achten. Die Knoten müssen sich vor einer Organisation verantworten, die aus freien Wahlen mit der Beteiligung der Nutzer entstanden ist. Auf diese Weise legitimiert sich die Führung und reduziert sich das Konfliktniveau. Und die Prosumenten müssen für ihre Handlungen verantwortlich sein.
Das ist nicht das erste Mal, dass das PAR in den vergangenen sieben Jahren Schwierigkeiten gegenübersteht, um die Glaubwürdigkeit der Gutscheine und ihre Funktion als Tauschmittel aufrecht zu erhalten. Neben anderen Schwierigkeiten musste das PAR den ständigen Zusammenbruch von Hunderten von persönlichen, lokalen, zonalen und regionalen Gutscheinsystemen hinnehmen, die der physischen oder rechtlichen Verantwortung entbehrten, und die somit bei den Prosumenten Vorurteile erzeugten, die sie in gutem Glauben angenommen hatten.
Die Politik des PAR ist richtig gewesen, die Bildung anderer Netze zu ermtigen und ihre Gutscheine unter gewissen Bedingungen der Gegenseitigkeit zu akzeptieren, aber in dieser neuen Etappe wird es nötig, dass jedes Tauschnetz die Grundbedingungen der Funktionalität und Transparenz erfüllt, die sein eigenes Weiterbestehen und das Wohlergehen der Prosumenten sichern.

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