- Außerthematisch: weiblicher Sextourismus in Mombasa - Theo Stuss, 16.09.2002, 12:04
Außerthematisch: weiblicher Sextourismus in Mombasa
-->Wie in der Steinzeit
Seit der Schweizerin Corinne Hofmann mit ihrem Schicksalsbericht"Die weiße Massai" ein Kassenschlager glückte, spielen in Mombasa die Hormone verrückt.
Musa hat jetzt ein Handy. Der Massai besucht das College, um lesen und schreiben zu lernen, und voraussichtlich werden seine Füße bald nicht mehr in Sandaletten aus Autoreifen stecken. Doch bleiben wird sein folkloristischer roter Umhang, der Schlagstock und der bunte Schmuck der Krieger aus den Weiten des kenianischen Buschs.
Musa, 34, aus Mombasa hat jetzt nicht nur ein mobiles Telefon, sondern auch eine weiße Frau: Brigitta, eine Heilpraktikerin aus der Nähe von Passau. Kennen gelernt haben sich die beiden im"Safari Inn", einer dieser Touristenfallen von Mombasa, wo Musa mit seinen Kollegen vor Bier saufenden Alemannen Stammestänze aufführt und Schmuck verkauft.
Das war an einem schwülen Tag im Januar. Seitdem ist Brigitta bereits zum vierten Mal in dem ostafrikanischen Land und durfte sogar schon einen Fuß in Musas Manyatta setzen, wie die Rundhütten in der Massai-Sprache heißen. Die Geschichte scheint sich zu einer ernsten Angelegenheit zu entwickeln: Derweil versuchen die beiden, Musa einen Pass zu besorgen, damit der Sohn der Massai Mara auch mal einen Blick auf Brigittas bayerische Bergwelt werfen kann.
Das Glück, das derzeit Brigitta und Musa erfasst hat, ist in den europäisch-afrikanischen Beziehungen keine Ausnahme. 30 Jahre nachdem Leni Riefenstahl die Deutschen mit Blut und Hoden der sudanesischen Nuba vertraut machte, quellen die Bücherregale neuerdings über von Schicksalsromanen weißer Frauen, die sich ihre Erlebnisse mit dem schwarzen Mann von der Seele schreiben. Als Pionierin unter den erotischen Kundschafterinnen gilt die Schweizer Boutiquenbesitzerin Corinne Hofmann. Sie begegnete ihrer großen Liebe in der"Bush-Baby-Disco" in Mombasa und machte ihre amourösen Erlebnisse einem größeren Kreis wortgewaltig zugänglich:"Lketinga drückt mich auf die Liege, und schon spüre ich seine erregte Männlichkeit." Doch auch wenn Lketingas"Männlichkeit", gemessen an europäischen Maß-Stäben, eher einen Ausnahme-Phall darstellte, musste Frau Hofmann in dieser Nacht"heulen vor Enttäuschung".
Denn alles geht zu schnell in dieser Begegnung, wie die scharfe Beobachterin fremder Welten berichtet,"und nach dem vierten,Beischlaf' gebe ich es auf, ihn mit Küssen oder anderen Berührungen etwas zu verlängern". Eines ist fortan klar:"dass ich es mit einem Menschen aus einer mir fremden Kultur zu tun habe". Gleichwohl folgen weitere Abenteuer, in deren Verlauf die Schweizerin Lketinga ein Kind und dem Rest der Welt ein Buch schenken wird.
Horrend verkauft sich der Schinken unter dem Titel"Die weiße Massai" und löst eine Flut von Nachfolgewerken aus - mit weit reichenden Folgen. Denn fast 2000 Jahre nachdem Plinius der Ältere dem alten Rom begeistert berichtete, in Afrika gebe es immer etwas Neues ("Semper aliquid novi Africam adferre"), machen sich zunehmend Europäerinnen daran, dem Herzen der Finsternis nun auch die letzten Geheimnisse zu entreißen.
John Wowo etwa heißt der Mann, dessen"Begehren" Ilona Maria Hilliges"süchtig" machte:"Seine sinnliche Körperlichkeit half mir aus meinen Hemmungen heraus wie aus einem zu engen Korsett." Kein Wunder - John Wowo verfügte über ein Reich"aus Liebe und Sex, Düften und Essen", das"von verführerischer Süße" war. Der Rest besteht aus allerhand Abenteuern, späterer Heirat in Nigeria, Kindern und einem Buch:"Die weiße Hexe", dem das Frauenfachblatt"Brigitte" immerhin"Spannung und große Gefühle" attestierte.
Noch toller erging es der Französin Claude Njiké-Bergeret. Sie brachte es, laut Klappentext, gar zur"weißen Königin mit der schwarzen Seele", nachdem sie in Kamerun einen Stammeshäuptling ehelichte - als eine von 31 Frauen.
Obwohl es hieß,"dieser Charmeur sammle förmlich zufällige Eroberungen", ließ die Französin den drängenden Galan eines Nachts gewähren:"Er küsste mich, liebkoste mich und zog mich aus." Da war's um die Pfarrerstochter geschehen."Meine afrikanische Leidenschaft" heißt das Elaborat und soll"erstaunliche Einblicke in traditionelle Riten" gewähren.
Seit es auf dem Buchmarkt dermaßen schwarz-weiß zur Sache geht, boomt auch in Mombasa das reale Geschäft mit der Lust. Tausende erwartungsvoller Europäerinnen streifen durch die Discotheken und den feinen weißen Sand der Touristenmetropole am Indischen Ozean. Was viele dabei nicht wissen oder ignorieren: In Kenia hat Aids bereits epidemische Ausmaße angenommen.
Doch Hemmungen schwinden in den feuchtheißen Tropennächten schnell, und so schwärmt der Strandverkäufer Nzilu Muthwii von den freizügigen"german girls". Sein Kollege Thomas rattert Namen herunter wie Ilse, Sabine, Gabi oder Steffi, als hätte er das Telefonbuch von Mannheim im Kopf. Und Ali deutet genießerisch auf eine Rucksacktouristin, die als"Butterfly" die Runde durch die schwarze Kommune macht.
Brigitta hat unterdessen schon viel von der fremden Kultur mitbekommen. Ihr Musa sei"im härtesten Busch aufgewachsen wie in der Steinzeit", berichtet sie kenntnisreich und fusselt dem Angebeteten zärtlich einen Krümel aus dem Mundwinkel:"Er ist so unschuldig und hat ein reines Herz."
Als er das erste Mal das Meer sah, habe er die Wellen für sich im Wind wiegendes Elefantengras und die Schaumkronen für Kühe gehalten. Und noch kürzlich, als Brigitta in den Fluten schwamm, habe der Massai, wiewohl Nichtschwimmer, sie davor bewahren wollen, am Horizont von der Erdscheibe zu purzeln.
Das sind Momente, in denen sich Brigitta fragt,"ob es das Paradies wohl noch gibt".
Sie will die Antwort selbst geben; Brigitta schreibt gerade an einem Buch.
<ul> ~ Neger haben große Schwänze</ul>

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