- Auf Anregung von Reinhard hier im Forum zu Dottores Theorie - Theo Stuss, 20.09.2002, 00:35
- Re: Nachtrag - Theo Stuss, 20.09.2002, 08:43
- Re: Auf Anregung von Reinhard hier im Forum zu Dottores Theorie - Theo - nereus, 20.09.2002, 11:50
- Re: Auf Anregung von Reinhard hier im Forum zu Dottores Theorie - dottore, 20.09.2002, 15:19
Auf Anregung von Reinhard hier im Forum zu Dottores Theorie
-->Hallo Reinhard,
hier einige Gedanken, von denen ich aber noch nicht richtig weiß, wie ich sie unterbringen soll. Dottore sieht bei seiner Geldtheorie immer nur eine Seite. Er postuliert die Entstehung des Geldes aus Zwangsabgaben und den damit verbundenen Fälligkeiten. Auf meine Frage, was mit dem Viehgeld der Germanen sei, dessen Existenz sich nicht aus Zwangsabgaben herleiten kann, habe ich nie eine Antwort erhalten. Vielleicht hatte Dottore es nicht gelesen.
Dir hat er wohl antworten wollen, indem er behauptet hat, daß auch das Viehgeld der Germanen nicht denkbar sei, wenn nicht gleichzeitig eine Bringschuld gegenüber einem Dritten besteht.
Das ist eine sehr rabulistische Argumentation. Zwar mag es angehen, daß diese Dinge eine Rolle spielen können und Fälligkeiten spielen gewiß eine Rolle, aber Fälligkeiten stammen nicht immer nur Zwangsabgaben, sondern auch aus freiwillig eingegangenen Kontrakten.
Angenommen zwei Germanen schlossen vor der Thing einen Handel ab und der freie Ethelfred verpflichtete sich vor Zeugen dem ebenso freien Schmied Wieland eine bestimmte Menge Waffen gegen Zahlung einer bestimmten Zahl an Kühen abzukaufen, dann war das ein freiwilliger Handel, dem aber eine Verpflichtung folgte. Der Handel gilt. Dottore behauptet nun, daß das Vieh kein Geld sein könne, weil der Dritte fehlt.
Der Dritte muß ja nicht aktuell vorhanden sein, sondern Geld ist eben das, bei dem man immer darauf vertrauen kann, daß es jemand begehrt und auf das hin jemand etwas leistet, auch freiwillig. Wie Du schon geschrieben hattest, kann man niemanden zwingen, etwas zu begehren. Nicht anders verhält es sich mit Zwangsabgaben. Die Mächtigen werden das als Zwangsabgabe fordern, was ohnehin jeder begehrt, denn auch sie wollen Leistungen ja nicht immer erzwingen, sondern später auch kaufen mit dem was die Abgaben abgeworfen haben. Die Tatsache, daß aus einem allgemein begehrten Gut durch die Einführung von Zwangsabgaben noch einiges an Attraktivität hinzukommmt, ist also gar kein Widerspruch, sondern selbstverständlich.
Dottore macht einen Grundfehler, indem er, -um in der Scholsatik, oder um mit Aristoteles zu sprechen-, behauptet, daß die Potenz schlechthin früher sei als der Akt. Die Potenz ist das mögliche Sein, der Akt ist das wirkliche Sein. Zeitlich ist es tatsächlich so, daß die Potenz dem Akt meist vorangeht, so sind der Schuldschein und das Kreditgeld zeitlich früher als die Tilgung in Warengeld. Dottore sagt also, es gibt die Ware nur um des Schuldgeldes willen und bei Tilgung ist die Ware kein Geld, oder just nur in diesem Augenblick. Bei Thomas von Aquin ist es genau umgekehrt. Die Erfüllung geschieht im Hinblick auf ihr finales Ziel.
Nun ist aber der Akt gedanklich früher als die Potenz und im realen Sein auch schlechthin früher, weil keine Potenz sich selbst in den Akt heben kann. Potenz bedeutet immer Abhängigkeit von einem andern Akt, der die Potenz ins Wirkliche zu heben vermag. Vor allem und das ist das Entscheidende, wird die Potenz, hier Kreditgeld, definiert im Hinblick auf seine aktuelle Erfüllung. Die Potenz Kreditgeld wird Akt in der Wirklichkeit im Warengeld und das Was wird auch definiert.
Scholastisch sagt man:
Jede Potenz wird definiert im Hinblick auf ihre aktuelle Erfüllung.
Da unser Geld keinen Schuldinhalt mehr hat, ist es weder Potenz noch Akt, sonder ein absolutes Nichts, eben Falschgeld. Es wurde hier kürzlich geschrieben, daß Kreditgeld grundsätzlich ein Nichts sei, weil behauptet wurde, alles was nicht aktuell existiere, sei grundsätzlich nichts. Das ist philosophisch ein Rückfall in die Zeit Vorsokratiker. Das kann also nicht stimmen. Wohl gibt es Dinge, die noch ihrer aktuellen Erfüllung harren und ein Nichts unter dem Aspekt der Existenz sind, da sie aber leicht Wirklichkeit werden können, sind in Potenz, der Möglichkeit nach, auf Verwirklichung hingeordnet. Werden sie verwirklicht, geht die Potenz in den Akt über.
Im Unterschied dazu gibt es unsinnige Gedankengebilde, die per se niemals Wirklichkeit werden können, weil das Konzept selbst eine Absurdität ist.
Zurück zu Dottore. Man kann zustimmen, daß der Anlaß der Entstehung von Geld ein Kontrakt ist, sei er ein freiwilliger Handel bei dem das Zahlungsmittel ein allgemein begehrter Gegenstand ist, oder, bitte schön, oder, aber nicht nur eine Zwangsabgabe.
Dieser Kontrakt, der eine Bringschuld und damit Kreditgeld erzeugt, kann aber nur im Hinblick auf etwas konkret Wirkliches definiert werden.
Bei Fiat-Money sieht das etwas anders aus. Auch dieses Geld sucht sich seine Anbindung an die Wirklichkeit. Da aber ein konkreter Schuldinhalt nicht deniniert ist und die Potenz nicht umrissen, sieht die Erfüllung schrankenlos aus und willkürlich. Von Seiten des Staates kann die Schuldinhaltslosigkeit immer zur totalen Entschuldung benutzt werden. Auf Seiten des Bürgers kann der Staat den Schuldinhalt nach belieben definieren und zur Versklavung instrumentalisieren. Da Tilgung durch das Zentralbankmonopol nicht möglich ist und sich die Kreditbanken immer nur mit neuen Schuldkontrakten zeitlich begrenzt freihalten können, bewirkt Fiat-Money auf Dauer eine sozialistische Versklavung aller freien Arbeitskraft. Da haben wir dann den Schuldinhalt. Er umfaßt schlechthin alles, was ein abgabenpflichtiger Mensch zu leisten in der Lage ist. Das ist totalitär.
Gruß,
Theo

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