- off-topic: Merkwürdigkeiten im Heiligen Land - nereus, 20.09.2002, 11:37
- Im Wesen sind die *Falken* auf beiden Seiten wohl siamesische Zwillinge, - LenzHannover, 20.09.2002, 11:55
- Sharons Kriegsplan aufgedeckt - marsch, 20.09.2002, 12:25
- Re: off-topic: Merkwürdigkeiten im Heiligen Land - foreveryoung, 20.09.2002, 12:51
- bei einem Konflikt zwischen 2 Parteien, der sich nicht lösen lässt, - Trixx, 20.09.2002, 15:38
- Re: off-topic: Merkwürdigkeiten im Heiligen Land - tas, 20.09.2002, 16:18
- Re: off-topic: Merkwürdigkeiten im Heiligen Land - tas - nereus, 20.09.2002, 17:37
- Re: Merkwürdigkeiten und Gedanken dazu - silvereagle, 20.09.2002, 20:15
- Re: off-topic: Merkwürdigkeiten im Heiligen Land - tas - nereus, 20.09.2002, 17:37
Re: off-topic: Merkwürdigkeiten im Heiligen Land
-->hallo,
längerandauernde (bürger)kriegs-ähnliche zustände (low intensity wars) führen oft zu einer"gewöhnung" (so komisch das klingt), vor allem aber zu einer"grundlagenzerstörung" innerhalb des sozialgefüges. beispiele gibt es viele, libanon vor jahren, afghanistan seit jahren, zahlreiche afrikanische staaten.
leben in lagern, existieren in andauernd gefährlichen und instabilen zuständen, alltäglicher tod und fortschreitende zerstörungen, schließlich das fehlen aller infrastruktur und deren ersatz durch (pseudo)militärische strukturen führen zu einer leider oft dauerhaften entwurzelung ganzer volksgruppen.
eventuell klingt das für uns, die wir an"politische ziele" und"höhere ideale" glauben, seltsam - aber die menschen"arrangieren sich mit den verhältnissen".
damit wird der konflikt zum alltag - und"normal" und dauerhaft.
und hat dann wenig oder nix mehr mit dem streit zwischen 2 parteien auf der internationalen politischen bühne zu tun. weshalb er da auch kaum zu beenden geht.
statt ackerbau und viehzucht handelt man waffen, transportiert munition oder leistet andere paramilitärische dienste, da es normale arbeit oft nicht mehr gibt. schulen und kindergärten werden durch paramilitärische (haßerfüllte) aktivitäten vieler interessengruppen ersetzt. medizinische oder sonstige hilfe und lebensmittel gibt es nur noch bei den verschiedenen"kampf-organisationen", die damit zum"staat im staate" werden. statt zur arbeit, geht man täglich für einige stunden"kämpfen", und verdient damit den unterhalt. egal oft, für welche seite. schon ganz egal, für welches"hohe ziel". statt sport oder üblicher freizeit-aktivitäten gehen kinder und jugendliche zum schießen oder lernen selbst"snipen" durch zusehen. oder man richtet ein altes auto her, schraubt eine lafette drauf und fährt mit musik richtung des"gegnerischen viertels". strukturell ähnlich wie in us-ghettos, nur mit erheblich höherer feuerkraft. in palästina ist das durch die intifada speziell zielgerichtet.
viele normale gesellschaftliche strukturen werden durch"kriegerische" ersetzt, und jeder kocht seine suppe darauf, egal ob politische oder religiöse gruppen, clans, banden, milizen oder kriminelle gruppen. ethnische konflikte, familien- oder gruppen-streitigkeiten und vielerlei privat-interessen mischen sich da mit hinein. der"kampf" wird damit zur absoluten täglichen normalität - und kriegt eine fatale eigendynamik. die ursprünglichen gründe oder ziele verlieren dabei oft völlig ihre bedeutung, der"kampf" wird zum lebensinhalt. und da viele damit und davon leben oder daran verdienen und (so krank das klingt) darin ihren einzigen lebenssinn in der allgemeinen ausweglosigkeit gefunden haben, setzte es sich ohne ende weiter fort.
eine"rückkehr ins friedliche normalleben" erscheint zwar dem einzelnen oft erstrebenswert, ist aber in der"de-sozialisierten" täglichen umwelt voller haß, gewalt und gegengewalt einfach nicht möglich. das"system" erhält sich selbst.
beirut mitte der 80er war dafür symptomatisch. die"dauerkriege" der diversen milizen und gruppen hatten für sich längst jeden sinn verloren, liefen aber einfach ständig und von tag zu tag weiter. und wurden von den verschiedenen politischen und"religiösen" interessengruppen, waffenhändlern weiter geschürt, es gibt einfach zu viele interessen, denen dann an einer fortsetzung gelegen ist, sodaß sich die"eigendynamik" einfach selbst fortsetzt.
sehr schwer, sowas überhaupt wieder zum stillstand zu bringen - und selbst wenn es gelingt, es genügt ein einziger zwischenfall und alles geht wieder von vorn los. es braucht oft mehrere generationen, um wieder ein halbwegs"normales sozialverhalten" und"friedliche" strukturen zu schaffen - das weitaus größere problem neben den vielen sachschäden. insofern finden eskalationen auch gern dann statt, wenn eine friedliche lösung grad in greifbarer nähe scheint.

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