- Quo vadis, Konjunktur und Rentenmarkt? aus TI - Cosa, 29.09.2002, 19:40
Quo vadis, Konjunktur und Rentenmarkt? aus TI
-->N'Abend,
auf TI gab es wieder eine interessante Analyse; dieses Mal zu Konjunktur und Rentenmärkten; habs wieder rüberkopiert.
<font size="5">Quo vadis, Konjunktur und Rentenmarkt?</font>
von Thomas A. Spörer, Freier Autor
Heute mit einer Untersuchung zum Zusammenhang von Konjunktur und Rentenmarktentwicklung - da es im KID kurzfristig nur wenig Veränderungen gab.
Der erneute leichte Rückgang im KID entstand durch eine weiter rückläufige Stimmungslage - während die harten realwirtschaftlichen Daten nach wie vor Stabilisierung auf niedrigem Niveau anzeigen. Die Lage ist damit (noch) besser als es die derzeitige Weltuntergangsstimmung erscheinen läßt. Es bleibt weiter offen, wie dieser Spread geschlossen wird: entweder zieht die schlechte Stimmung die Konjunktur wieder abwärts - oder es kommt vorher noch zu einer Aufhellung im Stimmungsbild von Wirtschaft und Märkten. Für den Rentenmarkt heißt das konkret, die dynamische Aufwärtsbewegung wird sich nur solange fortsetzen, wie die Katastrophenstimmung uns erhalten bleibt.
Konjunktur, KID und Märkte
Zum Zusammenhang von Konjunktur und Märkten gibt es zwei weitverbreitete Annahmen: erstens, der Rentenmarkt verhält sich immer einfach umgekehrt zur Konjunktur-Entwicklung; zweitens, der Aktienmarkt läuft der Konjunktur immer nur direkt voraus. Da mit"Konjunktur" dann noch meist das quartalsweise und mit erheblicher Zeitverzögerung veröffentlichte Brutto-Inlandsprodukt assoziiert wird, scheint der Zusammenhang für den praktischen Handel langweilig und eher bedeutungslos. Lediglich einzelne Wirtschaftsdaten finden von Zeit zu Zeit stärkeres Interesse bei den Marktteilnehmern oder in den Medien. Dabei wechseln die Schwerpunkte wie in der Mode: Zeitweise galt dem US-Handelsbilanzdefizit höchste Aufmerksamkeit. Später stand dann der Auftragseingang im Mittelpunkt. Momentan sind es eher die Umfragen zu Verbraucher-Vertrauen und Wirtschafts-Klima, die stark beachtet werden und die Märkte kurzfristig bewegen.
Das losgelöste Betrachten von einzelnen Datenreihen führt leicht zu Enttäuschungen, worauf die modischen Wechsel beim Interesse vermutlich zurückzuführen sind. Wie sieht es aber aus, wenn man einen Konjunktur-Indikator mit dem entsprechenden Vorlauf für die Marktprognose verwendet? Dies soll am Beispiel der Renten- und Aktienmärkte untersucht werden. Dabei ist natürlich in erster Linie an den etwas längerfristig orientierten Investor gedacht, da die Konjunkturtrends sich nicht im kurzfristigen Auf und Ab des Tagesgeschäfts widerspiegeln können. Aber auch für Trader ist der konjunkturelle Maintrend hochinteressant, da erfahrungsgemäß ein übergewichteter"Handel mit dem Trend" bessere Ergebnisse bei deutlich geringerem Risiko bringt als einfaches gleichgewichtiges Long und Short bei jeder kurzen Bewegung. Für beide Gruppen gleich bedeutungsvoll sind natürlich alle großen Trendwechsel und deren möglichst frühzeitige Anzeige. Die Konjunktur ist zwar nur eine von mehreren Einflußgrößen, die direkt auf die Märkte einwirken - sie wird aber aufgrund der Komplexität leider oft vernachlässigt.
Teil 1: Investieren am Rentenmarkt mittels Konjunkturzyklen
Um den Rentenmarkt zu untersuchen, wurde in der Grafik der KID invers dargestellt. Dies verdeutlicht die grundsätzliche Korrelation auf den ersten Blick. Ab etwa 1991 fand eine längere Aufwärtsbewegung in Anleihen statt, der Chart beginnt 1993 mit einer sichtbaren Divergenz, was stets zur Vorsicht mahnen sollte. Der weitere Anstieg des Rentenmarktes bei gleichzeitigem Konjunkturaufschwung endet dann erwartungsgemäß auch jäh im Februar 1994 in einer Rentenbaisse bis zurück auf den Stand von 1992. Nach einer"Bodenbildung" im (inversen) KID bringt der Februar 1995 das erste Kaufsignal für langlaufende Anleihen. Dieser Trend endet Januar 1996 nach 11 Monaten mit einem Wechsel im Konjunkturtrend. Kurz darauf bildet sich erneut eine Divergenz aus, in deren Folge der Anleihemarkt über ein Jahr stagniert. Dem Markt gelingt es einfach nicht, während des laufenden Konjunkturaufschwungs zu steigen.
Das zweite Kaufsignal zum Konjunkturabschwung im November 1997 folgt rechtzeitig vor dem stürmischen Rentenanstieg bis Januar 1999 - die Kursgewinne sind (wieder) steuerfrei und zum Ausstieg wird laut geklingelt. Nach kurzer scharfer Baisse weist ab März 2000 trotz vieler Unsicherheiten am Rentenmarkt der Konjunkturabschwung stetig den Weg aufwärts für die Anleihen, in der Folge sind bequeme zweistellige Erträge p.A. möglich, während es an den Aktienmärkten immer steiler bergab geht. Erst die"emotionale Wende" nach dem Herbst 2001 setzt dieser Bewegung ein Ende.
Da sich die Konjunktur-Hoffnungen jedoch nicht wie erwartet bestätigen, folgt zum Juni dieses Jahres das aktuell gültige Kaufsignal. Da speziell diese Bewegung stark emotional und als Fluchtreaktion aus den einbrechenden Aktienmärkten zu interpretieren ist, kann sie auch relativ abrupt enden - falls es zu einer Erholung in den Aktien oder der Wirtschaft kommt.
Fazit: Insbesondere der langfristig orientierte strategische Anleger kann von den Konjunkturtrends am Rentenmarkt profitieren, indem er zu Beginn eines konjunkturellen Abschwungs in langlaufende Anleihen investiert. Zu den Anleihezinsen addiert sich damit ein Kursanstieg, der je nach gewählter Laufzeit den Coupon-Ertrag oft mehr als verdoppelt. Sofern der Trend länger als ein Jahr andauert, bleibt dieser Ertragsanteil steuerfrei, was durch die Auswahl niedriger Coupons noch gesteigert werden kann. Wenn es um die Überbrückung einiger Wochen geht, läßt sich ein Teil des Gewinns mit Puts absichern und damit über die Spekulationsfrist ziehen. Langlaufende Zerobonds können mit ihrer Dynamik zusätzlich zur Gewinnsteigerung beitragen, sofern man die recht engen Märkte und die steuerlichen Aspekte berücksichtigt. Am Beginn eines konjunkturellen Aufschwungs empfehlen sich Gewinnmitnahmen am langen Ende und in Zeros, Umschichten in kurze Laufzeiten, Absicherung durch Hedging (falls die Bestände weiter gehalten werden sollen) sowie natürlich Investitionen in langlaufende Puts.
Für den Trader oder kurzzeitig orientierten Taktiker ergeben sich ebenfalls wertvolle Hinweise, sowohl für das Money-Management und die Möglichkeit der Minderung von Verlustrisiken durch übergewichtetes Handeln mit dem Trend, als auch bei Trendwenden für einen besonders lukrativen Einstiegszeitpunkt, da dann die allgemeine Markterwartung oft noch nicht gedreht hat.
Durch Berücksichtigung konjunktureller Trends lassen sich am Rentenmarkt weitaus höhere Erträge erzielen als mit den konventionellen aber weit verbreiteten Buy-and-Hold-Strategien. Bei optimiertem Timing unter Nutzung der Konjuktur-Wendepunkte und einem dynamisch daran angepaßten Portfolio-Management sind diese Erträge durchaus mit Aktienerträgen vergleichbar - sofern man hier"normale" Maßstäbe zugrundelegt. Die Trends sind dabei in der Regel eher lang und verlaufen relativ ruhig. Die"Boring Bonds" dürften deshalb insbesondere für den risikoarmen langfristigen Aufbau einer Altersversorgung von besonderem Interesse sein und bieten im Zusammenhang mit der Konjunktur viele individuelle Gestaltungsmöglichkeiten.
Der zweite Teil (Konjunktur und Aktienmarkt) folgt in etwa 14 Tagen.
die beiden Charts:
Grüsse
Cosa

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