- CRASHOLOGIE - für die ewigen Optimisten - JüKü, 24.09.2000, 01:11
- klare Worte! (o.T.) - sudel, 24.09.2000, 09:50
- Hervorragend (owT) - Kleinanleger, 24.09.2000, 11:01
- Was denn nun, Inflation oder Deflation? - YIHI, 24.09.2000, 12:03
- Re: CRASHOLOGIE - wie alt ist der Text 2,3,5 Jahre? - Anze, 24.09.2000, 12:36
- Re: CRASHOLOGIE - wie alt ist der Text 2,3,5 Jahre? - dottore, 24.09.2000, 14:45
- Biotechnologie in den 50er und 60er Jahren??? *LOL* - Das Orakel, 25.09.2000, 07:38
Was denn nun, Inflation oder Deflation?
>Zwar schon ein etwas älterer Text von meiner Seite, aber immer wieder nett:
>
>Einen Crash kann man nicht vorhersagen, jedenfalls nicht zeitlich genau.
>Man kann aber - und die Elliott-Wellen-Analyse ist dabei ein ausgezeichnetes (wahrscheinlich das einzige)
>Hilfsmittel - frühzeitig erkennen, wenn es richtig gefährlich wird. Und man kann das mögliche, sogar
>wahrscheinliche Ausmaß eines Crashs, oder besser: einer Baisse, abschätzen. Denn im Gegensatz zu anderen
>Methoden, vor allem der"fundamental" argumentierenden, beschäftigt man sich bei den Elliott-Wellen
>zwangsläufig mit der Geschichte und mit sehr langfristigen Zyklen.
>Die Gläubigen einer"New Era" verdrehen bei jeder Warnung und jedem Verweis auf 1929 die Augen, doch die
>meisten haben keine Kenntnisse darüber, was in den 20er Jahren wirklich geschah. Auch 1929 gab es (wenige)
>Warner, einer von Ihnen Roger Babson, der im September 1929 schrieb:
>"Schönes Wetter kann nicht ewig andauern. Die Wirtschaftszyklus gelten auch heute noch, wie früher. Das Federal
>Reserve System hat die Banken gestärkt, aber es hat nicht die Natur der Menschen verändert. Die Leute machen
>Schulden und spekulieren wie nie zuvor in unserer Geschichte. Früher oder später wird der Crash kommen und er
>kann schrecklich werden. Weise sind die Investoren, die jetzt ihre Schulden loswerden und ihre Segel einholen.
>Das heißt nicht, alles zu verkaufen, aber es heißt, die Schulden zurückzuzahlen und nicht mehr auf Kredit zu
>spekulieren."
>Die Ã-konomen sehen in der Regel nur die Gegenwart und die nahe zurückliegende Vergangenheit. Aus den
>aktuellen Daten leiten sie ihre Analysen für die Zukunft ab. Das erklärt auch, warum alle auf die"nächsten Zahlen"
>warten, denn die könnten ja wieder mehr Aufschluss über die Zukunft bringen. Ist das Bruttosozialprodukt des
>letzten Quartals beispielsweise stärker gestiegen als im Quartal davor, ist für die meisten Analysten die Welt in
>bester Ordnung und sie sehen sich bestätigt, diesen"Trend" in alle Ewigkeit fortzuschreiben.
>Mit Aktien- oder anderen Prognosen ist es genauso. Sind die Aktien lange genug gestiegen,"werden sie auch weiter
>steigen". Mit steigenden Aktien schrauben die"Gurus" wie Ralph Alcampora oder Abby Cohen ihre Erwartungen
>nach oben, nachdem ihre letzte Prognose viel zu früh überschritten wurde. Niemand äußert gern pessimistische
>Aussichten, denn das will in der derzeitigen Phase keiner hören. Andererseits hat KEINER Ende der 70-er Jahre
>steigende Aktien prognostiziert. Da wäre es aber angebracht gewesen. Ich korrigiere mich: Einer hat doch, nämlich
>Robert Prechter, Elliott-Spezialist, hat für die kommende 5. Welle einen Dow Jones von etwa 3.700 in den
>nächsten Jahren prognostiziert. Diese Prognose fiel in eine regelrecht depressive Aktienstimmung, nachdem der
>Dow Jones bei damals etwa 800 Punkten über 16 Jahre lang nicht einmal sein Hoch von 1962 wieder erreicht
>hatte. Seine Prognose wurde selbstverständlich als Utopie abgetan - sie war es auch, denn es sind ja sogar 11.750
>Punkte geworden.
>Ein Kollaps an der Wall Street und eine folgende Wirtschaftsdepression sind für die nahe Zukunft sehr
>wahrscheinlich. Die Geschichte lehrt jedoch, dass Warnungen in einer Euphorie weitgehend auf taube Ohren
>stoßen. So war es immer und so wird es auch diesmal sein. Und die Geschichte wird sich daher wiederholen, weil
>die Masse aus der Vergangenheit nicht gelernt hat und es nie tun wird.
>Vielleicht können aber einige doch etwas lernen, auch wenn sie den Lauf der Dinge nicht verändern können.
>Alle Aktienmarkt-Crashs waren von der Mehrheit nicht erwartet, besonders nicht von Ã-konomen. Das ist die erste
>Lektion aus der Geschichte.
>"In ein paar Monaten erwarte ich die Aktien sehr viel höher als heute", sagte Amerikas angesehener und berühmter
>Wirtschaftsprofessor Irving Fisher 14 Tage vor dem ebenfalls berühmten 29. Oktober 1929.
>"Eine schwere Depression wie 1920-21 ist jenseits aller Möglichkeiten". Das war das Ergebnis einer Studie der
>Harvard Economic Society wenige Tage nach dem initialen Crash. Nach fortwährenden optimistischen Prognosen
>in der Folgezeit hat der frühere brain trust 1932 seine Tätigkeit eingestellt.
>Somit haben die beiden damals führenden Institutionen keinen Crash kommen sehen und auch die Depression,
>während sie sich immer weiter entwickelte, ignoriert und verneint. Und sie waren davon offenbar auch überzeugt:
>Irving Fisher hat durch die Baisse etwa 150 Mio Dollar (nach heutigem Wert) verloren.
>Ein Finanzkollaps geschieht nie, wenn die Zeiten schlecht sind. Dies ist eine weitere Lektion der Geschichte.
>Vor einem Kollaps sagen Ã-konomen und Analysten, es sei die beste aller Welten für Wirtschaft und Gesellschaft.
>Die makroökonomischen Daten sehen ja auch vor einem Crash gut aus - vordergründig betrachtet. Die USA
>befindet sich bereits seit 9 Jahren im Aufschwung, die Produktivität steigt, die Unternehmensgewinne auch, die
>Zinsen (noch) sind niedrig, die Inflation auch, die Arbeitslosenquote sinkt und vor allem - die Aktien steigen. Sie
>sind auch der Hauptgrund für das historisch hohe"consumer confidence", das Verbrauchervertrauen. Dies
>wiederum lässt die zuversichtlichen, sorglosen Verbraucher nicht ans Sparen denken, sondern sie geben mehr aus
>als sie einnehmen. Sie machen sogar Schulden in der sicheren Annahme, alles wird nur noch besser und das
>Zurückzahlen ist kein Problem. Für alles werden immer mehr Kredite aufgenommen, für Autos, Häuser, usw.; die
>Hauskredite haben auch noch nie so eine hohe Quote im Vergleich zum Kaufpreis gehabt. Es werden sogar - und
>das ist die Krönung des Ganzen - Kredite aufgenommen, um damit Aktien zu kaufen, und zwar mehr als je zuvor.
>Die Zuflüsse in Aktienfonds steigen seit Jahren an. Das einzige mit Aktien verbundene Risiko wird noch darin
>gesehen, keine oder nicht genug zu haben. Die allgemeine Zuversicht ist ansteckend. Jeder wird immer
>zuversichtlicher, jeder macht Kredite, auch der Staat (wenn auch die USA angeblich in vielen Jahren schuldenfrei
>sein will).
>Und wehe, einer warnt in dieser euphorischen Stimmung vor den gesellschaftlichen oder wirtschaftlichen
>Fehlentwicklungen oder gar den Übertreibungen an der Aktienbörse!
>"Das kann man nicht mit früher vergleichen!","Heute ist alles anders!","Das Internet ist die Zukunft!", usw.
>Die Argumente sind zwar vordergründig stichhaltig, aber: GENAUSO WAR ES 1929. Auch damals sprach man
>von einer"new era" und davon, dass die alten Aktienbewertungsmaßstäbe nicht mehr gelten. Die guten Zeiten
>werden unendlich in die Zukunft extrapoliert und jeder, der das nicht so sieht, wird als Crashprophet
>(=Dummkopf) bezeichnet.
>Das sind die Rahmenbedingungen, in denen eine Baisse beginnt, wenn es nicht mehr besser sein kann. Das ist dann
>die Phase, in denen einzelne Aktien oder Bereiche von Aktien plötzlich kometenhaft steigen, weil in ihnen"die
>Zukunft" steckt, eine Zukunft, die noch viel rosiger ist als die schon rosige Gegenwart. (1929 waren die Radio- und
>Autowerte, die die"Neue Ära" darstellten, in den 50-er und 60-er Jahren waren es mal die Biotechnologiewerte,
>mal die"tronics" mit allem was ein"silicon" oder"tronics" im Namen hatte. Und heute sind die.com's.) Solche
>völligen Übertreibungen gedeihen auf einem Boden, der sowieso schon von Zuversicht geprägt ist. Und nur in
>solchen Zeiten kann ein Präsident, der sich des Meineids schuldig gemacht hat, mit einer Verwarnung davon
>kommen.
>Das sind die Gründe, warum eine Baisse von der Masse nicht für möglich gehalten wird und, wenn sie dann
>kommt, auch von den Ã-konomen als völlig überraschend und"unvorhersehbar" angesehen wird und die meisten
>"auf dem falschen Fuß erwischt", möglichst mit hohen (kreditfinanzierten) Aktienbeständen oder in einer Situation,
>in der die vermeintlichen Aktiengewinne bereits ausgegeben sind, bevor sie realisiert wurden.
>Die schleichenden Fehlentwicklungen, die sich über Jahre hinziehen, werden nicht mehr wahrgenommen und als
>"normal" angesehen (wie z. B. die strukturelle Arbeitslosigkeit in Europa, die nicht mehr mit konventionellen
>Mitteln zu lösenden Rentenprobleme, die Verschuldung in allen Bereichen, die Ausweitung der Geldmenge, die
>ungleichmäßige Einkommensverteilung,...).
>Der Beginn jeder Baisse geht einher mit einem hoch verschuldeten privaten Sektor, zeigt die Geschichte. Schulden
>sind ein Zeichen von Zuversicht und Vertrauen (das die Japaner nach 9 Jahren Depression nicht mehr haben, die
>Sparquote dort beträgt nie zuvor gesehene 20 % - in den zuversichtlichen USA waren es kürzlich ebenfalls nie
>gesehene minus 0,2 % - bevor die Statistiken"korrigiert" wurden). Zuversicht und Vertrauen, die Schulden
>zurückzahlen zu können - und bei den Gläubigern das Vertrauen, ihr Geld zurückzubekommen. Niedrige Zinsen
>(der Preis für Geld) sind ebenfalls ein Zeichen für Vertrauen. Übermäßige Verschuldung ist daher ein Zeichen von
>übermäßigem Vertrauen und im späten Stadium von Euphorie. Es ist im Nachhinein so einfach, diese
>Übertreibungen als irrational zu analysieren, aber wenn alle drin stecken, ist es unmöglich. Bereits im November
>1996 wurde der Fall erwähnt (Wall Street Journal), dass eine Bank einem Hauskäufer den Kaufpreis zu 100 %
>finanziert hat, einem Käufer, der kein geregeltes Einkommen hatte, gerade geschieden war und dessen voriges
>Haus zwangsversteigert worden war. Man hat es als in dieser Phase als"etwas zu großes Vertrauen der Bank"
>bezeichnet, aber in späteren Phasen wird es rückblickend sicher anders genannt. Vielleicht"irrational exuberance".
>Die Erfahrung zeigt, dass die Euphorie kurz vor einem Crash"rasend" wird. Ein KGV von 1.900 wie kürzlich bei
>Yahoo! ist so ein Beispiel von vielen. 1989 argumentierten die Analysten, in Japan seien"die Bilanzierungssysteme
>anders", und das rechtfertige durchaus einen Nikkei von 39.000 Punkten und KGVs von 50 und mehr.
>Psychologen nennen diese allgemeine Verdrängung von Warnzeichen sowie die Rationalisierung von riskanten
>Engagements"kognitive Dissonanz". Wir wollen es nicht sehen, wir wollen es nicht wissen, wir rechtfertigen das
>eigentlich Unrechtfertigbare.
>Euphorie führt zu Sorglosigkeit. In USA beträgt die Dividendenrendite der S&P500-Aktien unter 1,5 % - nur halb
>so viel wie 1929 vor dem Crash. Und außerdem nur ein Viertel dessen, was man heute für die viel weniger
>riskanten US-Treasuries kassieren kann. Aktienkäufer kaufen heute Aktien, weil sie sicher sind, sie später an
>jemand anderen teurer wieder zu verkaufen ("greater fool theory").
>Und wieder lehrt die Geschichte, dass dies die Endphase der Hausse ist.
>Die meisten werden verlieren. Über 90 % des Geldes, das zur Zeit in Aktienfonds steckt, ist innerhalb der letzten 5
>Jahre in diese Fonds geflossen, frisches Geld also, das noch keine Baisse, keinen Crash, nur Mini-Korrekturen
>erlebt hat. Jeder Rückgang freut doch heute die Anleger, weil sie noch einmal die Gelegenheit bekommen"billig
>nachzukaufen". Was aber, wenn es diesmal gar keine Korrektur ist, sondern eine lange Baisse? Und nach eine
>Hausse kommt eine Baisse, das wird niemand bestreiten. War das eine Hausse seit 1982? Und ob!
>Die steigende Verschuldung, die bereits deutlich höher ist als 1929 (gemessen am BSP), schafft eine anfällige und
>fragile Wirtschaft. Ein Kartenhaus, bei dem nur ein kleiner Baustein zusammenbrechen muss. LTCM in 1998 wäre
>ein ausreichender Anlass gewesen, aber die Konsequenzen wurden gerade noch durch die spektakuläre
>Rettungsmaßnahme erstickt. Selbst die Deutsche Bank, die an LTCM gar nicht beteiligt war, hat einen dreistelligen
>Millionenbetrag zur Verfügung gestellt. Warum wohl?
>Durch die Rettung von LTCM sind die Probleme aber nicht beseitigt, sondern nur verschoben. Die Party geht
>nämlich ungehemmt weiter, nach dem Motto:"Wir werden ja aufgefangen." - bis es nicht mehr geht.
>Noch ein paar Fakten für die, die immer wieder sagen"Heute ist es anders": 1920 hatten die USA einen Budgetüberschuss
>und einen Leistungsbilanzüberschuss. Heute (abgesehen von den letzten Monaten) ein Budgetdefizit und ein Rekord-Handelsbilanzdefizit.
>In den 20er Jahren waren die USA der Welt größter Gläubiger, heute sind sie der Welt größter Schuldner. Wenn die ewigen Optimisten
>das mit"heute ist alles anders" meinen, haben sie in der Tat recht.
>Wenn die Euphorie in Pessimismus umschlägt, wird die Verschuldung, die bis dahin mit Optimismus und
>Zuversicht gerechtfertigt wurde, als gefährlich angesehen. Gläubiger versuchen dann, ihre Gelder einzutreiben,
>denn die Zuversicht einer späteren Rückzahlung ist plötzlich weg. Zinsen für nicht einwandfreie Schuldner schießen
>in die Höhe (Beispiel Asienkrise, Russlandkrise).
>So war es, und so wird es sein.
>Mit dem Ende der Euphorie beginnt die Rückforderung (und Liquidation!) von Schulden, die Geldmenge sinkt,
>Deflation beginnt. Bankrotte verstärken diese Entwicklung. Aus allgemeiner Sorge wird mehr gespart und weniger
>konsumiert. Die Preise fallen und schon deswegen wird Konsum aufgeschoben. Eine Spirale nach unten beginnt
>und beschleunigt sich. Am Ende dieses Prozesses liegt die Wirtschaft regelrecht am Boden. Von Schulden will
>niemand etwas wissen, und es gibt auch fast keine mehr. Entweder sind sie zurückgezahlt worden oder wurden
>uneinbringbar.
>Erst dann kann ein Aufschwung beginnen - ohne die Last der Schulden.
>In Japan betragen die Gesamtschulden heute noch ein Mehrfaches des BSP, weil der Staat durch zahlreiche
>(erfolglose) Konjunkturprogramme und Banken-Rettungsversuche die notwendige Bereinigung verhindert bzw.
>hinausgezögert hat. Am Ende wird es nicht anders gehen. Japan ist daher noch lange nicht"über dem Berg",
>besonders weil andere Länder (z. B. China und Südamerika) erst am Anfang der bisher verdeckten Probleme
>stehen.
>Übrigens: Behaupten nicht die Optimisten, die Zentralbanken wüssten heute, Depressionen zu vermeiden? Die
>japanische Notenbank hat die Zinsen auf nahezu Null gesenkt, es gibt also praktisch kostenlosen Kredit. Trotzdem
>sinkt das BSP immer noch. Die Leute wollen keinen Kredit, denn Kredit ist etwas gefährliches. Sie sparen lieber -
>besagte 20 % ihres Einkommens. Die Amerikaner sind noch in der Phase davor, in der Kredite ein Zeichen von
>Zuversicht sind.
>Hat Keynes uns nicht gelehrt, dass eine expansive Fiskalpolitik der Schlüssel zur Vermeidung von Krisen und der
>Weg aus Depressionen ist?
>Wall Street ist in ihrem finalen Stadium des Super-Bull-Market. Der kommende Kollaps wird ein weltweiter, denn
>die alle Aktienmärkte sind eng mit dem Schicksal der Wall Street verbunden. Selbst Märkte in einem ganz anderen
>Zyklus werden, wenn auch gemildert, getroffen.
>Aber viele Aktienmärkte sind in der gleichen Phase wie die Wall Street: Westeuropa, Kanada, Australien und
>andere.
>Die kommende Baisse wird nicht nur eine Korrektur, sondern"ganz nebenbei" eine schwere
>Wirtschaftsdepression.
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>Und jetzt:
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