- Soll sich denn das Finanzamt Sorgen um Ihr Geld machen? - Carpediem, 17.10.2002, 16:48
- Re: Soll sich denn das Finanzamt Sorgen um Ihr Geld machen? Welches denn? - Ecki1, 17.10.2002, 17:57
Soll sich denn das Finanzamt Sorgen um Ihr Geld machen?
-->Soll sich denn das Finanzamt Sorgen um Ihr Geld machen?
Ob Sie es wünschen oder nicht, das Finanzamt macht sich erhebliche Sorgen. Es fängt schon bei einer Kontoeröffnung an. Als vertrauensfördernde Maßnahme muß die Bank oder Sparkasse Ihre Daten (Name, Adresse) zur Speicherung an ein Zentralregister weiterleiten. Nicht nur der Kontoinhaber, auch jeder Zeichnungsberechtigte ist zu melden. Um das Vertrauen zu Ihrer Bank weiter zu reduzieren, hat sie jede größere oder „auffällige „ Geldbewegung auf Geldwäsche zu prüfen.
Ging es vor wenigen Jahren die Bank „einen feuchten Kehricht an“, was Sie mit Ihrem Geld machen, müssen Banken und Sparkassen nunmehr ihre Kunden regelrecht ausspionieren und „alle verdächtigen“ Geldbewegungen melden. Ausspionieren ist das richtige Wort, denn es muß heimlich,ohne Ihr Wissen geschehen (so verlangt es das Gesetz). Daß die Geldinstitute einem Kunden verheimlichen müssen, wenn ein Verdacht aufkommt ( der bei einer Rückfrage oft schnell ausgeräumt sein könnte), stärkt mit Sicherheit nicht bei jedem Bundesbürger den Glauben an den Rechtsstaat.
Mit Blick auf Basel II kann die Vorsicht nur größer werden: Die Banken müssen - so wird es rigoros von der „Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht“ vorgeschrieben - die Kreditwürdigkeit ( = Vermögens- und Geschäftsverhältnisse ) benoten und dazu ihre Kunden ausfragen. Alle Einzelheiten werden dokumentiert und festgehalten. Ein Staat, der Banken zwingt, heimlich Auskünfte über die Kunden an ihn weiterzugeben, schreibt möglicherweise auch später weitere Beobachtungsmaßnahmen vor.
Allein die denkbare theoretische Verfügbarkeit entsprechender möglicher Informationen, wird dann potentiell Begehrlichkeiten bei jeder ermittelnden Behörde wecken. Im Zeitalter der EDV und des Internets kann dann praktisch der Finanzminister persönlich auf seinem Bildschirm verfolgen, welcher Bürger wann bei wem Champagner für eine Party gekauft hat. Selbst Baustoffkäufe, welche für den eigenen Hausbau gekauft werden,können verfolgt werden. Am Wochenende kontrolliert dann das Arbeitsamt welcher Nachbar im Rahmen der Nachbarschaftshilfe kräftig mit anpackt. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.
Ein Steuerberater: „ Man muß die Dinge positiv sehen und seine Bankbeziehungen so gestalten, daß den Finanzbehörden keine Probleme aus der Überwachung erwachsen und auch die Mitarbeiter der Bank nicht unter Streß kommen ( sie stehen ja in Zweifelsfällen schon mit einem Bein im Gefängnis, seit praktisch jede „unregelmäßige“ Kontobewegung als Geldwäsche interpretiert werden kann).“
Der Steuerberater: „Sie helfen aber auch der Finanzbehörde, wenn Sie Ihre Privatentnahmen anheben, selbst kontrollieren und den Überwachungsvorschriften anpassen. Wer zum Beispiel jeden Monat regelmäßig Barbeträge für den Lebensunterhalt abhebt ( oder aus dem Automaten zieht) vermeidet „auffällige Geldbewegungen“ und damit die schwierige Entscheidung der Bankmitarbeiter, ob sie dies nun melden müssen oder nicht. Auch an größere Anschaffungen oder Urlaubsreisen sollte man denken und den regelmäßig abzuhebenden Betrag entsprechend erhöhen. So gibt es keine „Abhebungs-Ausschläge“ nach oben. Bei einer Nachprüfung wäre dies dem Finanzamt zudem peinlich, weil eine Urlaubsreise noch keine Geldwäsche ist. Aber: Das Finanzamt hätte trotzdem - nebenbei - „Erkenntnisse über Ihre Urlaubsgewohnheiten und Ihre Geldverwendung gewonnen „ - Ihre Bank übrigens auch.“
Bei dieser Gelegenheit sei nochmals ausdrücklich auf die Problematik des Gebrauchs der Kreditkarte hingewiesen. Wer nur etwa 30 % seiner regelmäßigen Ausgaben über eine Kreditkarte abwickelt erfreut jeden Profiler. Bereits bei der dabei anfallenden Datenmenge kann jeder Kriminologenazubi ein perfektes Psychogramm des Nutzers erstellen. Von Bewegungsprofilen ganz zu schweigen.
Nochmals, es geht nicht um Paranoia aber es gilt: If Paranoia, Paranoia first.
Außerdem: Wer hat sich noch nicht über Kartenzahler in der Schlange an der Tankstelle geärgert? Der Bezahlakt des Kartenzahlers dauert etwa 4 x so lange wie der vergleichbare Bezahlakt des Barzahlers.
Wer will schon seine Mitmenschen ärgern und die Banken reich machen?
Mit freundlichen Grüßen
Carpediem

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