- Der Staat hat's gegeben, der Staat hat's genommen, gelobt sei..... - Popeye, 23.10.2002, 09:33
Der Staat hat's gegeben, der Staat hat's genommen, gelobt sei.....
-->Rot-Grün plant Generalangriff
auf Steuerhinterzieher
Rot-Grün erklärt mehr Überprüfungen zum
"Schwerpunkt" / Umfassende Kontrollmitteilungen
jja. FRANKFURT, 22. Oktober. Die Bundesregierung
bläst zum Generalangriff auf Steuerhinterzieher:
Kontrollmitteilungen sollen sicherstellen, daß die
Spekulationssteuer, die künftig unbefristet anfällt, auch
lückenlos gezahlt wird. Aber auch Zinseinkünfte und
Mieteinnahmen wollen die rot-grünen Bündnispartner stärker
ins Visier nehmen. Von dem ohnehin längst ausgedünnten
Bankgeheimnis dürfte dann kaum noch etwas übrigbleiben.
Der Koalitionsvertrag erklärt die"bessere Durchsetzung des
Steuerrechts" ausdrücklich zu einem Schwerpunkt der
Steuerpolitik. Denn Steuerhinterziehung bedeute
Umverteilung, heißt es in dem Vertrag zwischen den beiden
Regierungsparteien -"vom Ehrlichen zum Unehrlichen, aber
auch von Arm zu Reich". Das widerspreche"zutiefst
unserem Verständnis von Gerechtigkeit". Im betrieblichen
Bereich verzerre es obendrein den Wettbewerb. Das
rot-grüne Fazit:"Wir werden sicherstellen, daß das geltende
Steuerrecht insbesondere für private Veräußerungsgeschäfte
und Kapital- sowie Mieterträge effektiver angewandt wird."
Erreichen will die Regierung dies mit einem ganzen Bündel
von Maßnahmen: So sollen"die gesetzlichen Aufzeichnungs-,
Beleg-, Kassen- und Meldepflichten modernisiert" werden.
Neben einer abermaligen Verlängerung von
Aufbewahrungsfristen könnte dies bedeuten, daß künftig
auch Privatanleger Unterlagen über ihre Wertpapierkäufe
oder Kontostände aufbewahren (und vorlegen) müssen.
Einblicke gewährt auch die sogenannte Giftliste, die das
Bundesfinanzministerium ausgearbeitet hat. Um die
Erhebung der ausgeweiteten Spekulationssteuer
sicherzustellen, soll demnach ein
"Kontrollmitteilungsverfahren" eingeführt werden. Auch für
die"Verifikation der Kapitalerträge" ist diese Verschärfung
vorgesehen, damit Bundesfinanzminister Hans Eichel
zusätzliche Abgaben auf Zinseinnahmen in die Kasse gespült
werden. Denn bislang müssen die Banken darauf nur eine
Kapitalertragsteuer zu einem pauschalen Steuersatz
zwischen 20 und 35 Prozent einbehalten und an den Fiskus
abführen. Liegt der individuelle Steuersatz des Anlegers
darüber, ist er jedoch verpflichtet, diese Einkünfte zu
deklarieren und die Differenz zu versteuern. Weil das
vielfach nicht geschehen ist, will Eichel dieses Schlupfloch
nun stopfen. Zwar gibt es auch jetzt schon sogenannte
Erträgnismeldungen an das Bundesamt für Finanzen, die dem
Fiskus Aufschluß über die Kapitaleinkünfte des Anlegers
geben; sie beschränken sich derzeit aber auf Angaben über
Kontoinhaber, die von sich aus einen Freistellungsauftrag
erteilt haben.
Die Kreditwirtschaft fürchtet bereits zusätzlichen
Bürokratieaufwand und verstärkte Kapitalflucht ins Ausland.
Noch ist allerdings nicht klar, wen die Hauptlast der
Überwachungsarbeit trifft. Falls es zu einem Meldeverfahren
nach dem Vorbild der Freistellungsaufträge kommt, müßten
die Banken dem Fiskus jegliches Wertpapiergeschäft und
sämtliche Zinseinnahmen ihrer Kunden mitteilen. Denkbar
wäre aber auch, daß die Betriebsprüfer der Finanzämter
stärker eingebunden werden. Nach dem sogenannten
Bankgeheimnis (Paragraph 30 a der Abgabeordnung) dürfen
sie nämlich bisher, wenn sie die Bücher eines Kreditinstituts
überprüfen, nicht flächendeckend die Angaben der
Kontoinhaber auswerten.
Seit die Finanzgerichte"Sammelauskunftsersuchen" gebilligt
haben, ist von dieser Einschränkung in der Praxis allerdings
nicht viel übriggeblieben. Auch hat der Bundesfinanzhof
zwar"Rasterfahndungen" und"Nachforschungen ins Blaue
hinein" untersagt - bei der Suche nach unversteuerten
Börsengewinnen am Neuen Markt hat er im Mai aber eine
Großfahndung bei einer niedersächsischen Sparkasse
gebilligt, die bloß auf einen allgemeinen Verdacht gestützt
worden war. Die bundesweiten Durchsuchungen bei Banken
wegen Steuerflucht ins Ausland haben sogar die Zustimmung
des Bundesverfassungsgerichts gefunden, das seit dem
"Zinsurteil" von 1991 selbst auf eine gleichmäßige
Besteuerung aller Bürger durch ausreichende Kontrollen
dringt. Im Rahmen der Geldwäschebekämpfung hat die
Bundesregierung zudem kürzlich ein umfassendes
Überwachungssystem von Geldbewegungen installiert, in das
auch die Finanzämter eingebunden sind. Und wenn erst
einmal ein Strafverfahren läuft, sind die Banken ohnehin zu
Auskünften verpflichtet.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.10.2002, Nr. 246 / Seite 23

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