- Nachruf auf Leute, die in Moskau für eine Dummheit starben - Wal Buchenberg, 27.10.2002, 19:46
- Jetzt amtlich: 117 Geiseln starben durch Giftgas, nur einer durch Terroristen! - rodex, 27.10.2002, 21:18
- Re: Jetzt amtlich: 117 Geiseln starben durch Giftgas, nur einer durch Terroristen! - Euklid, 27.10.2002, 21:25
- Tschetschenen wurden wohl liquidiert! - HB, 27.10.2002, 21:56
- Die Frage ist doch, ob sie gesprengt hätten oder geblufft haben (owT) - stocksorcerer, 28.10.2002, 09:49
- Schüsse ins Genick - HB, 28.10.2002, 12:52
- Die Frage ist doch, ob sie gesprengt hätten oder geblufft haben (owT) - stocksorcerer, 28.10.2002, 09:49
- Verbal, Euklid. Mit nicht enden wollenden Versuchen einen Dialog zu erreichen (owT) - stocksorcerer, 28.10.2002, 09:59
- Tschetschenen wurden wohl liquidiert! - HB, 27.10.2002, 21:56
- Re: Jetzt amtlich: 117 Geiseln starben durch Giftgas, nur einer durch Terroristen! - Euklid, 27.10.2002, 21:25
- volle Zustimmung, Wal - silvereagle, 27.10.2002, 21:27
- Töten und Sterben für Ruhm & Ehre Tschetscheniens - Peter4, 27.10.2002, 21:38
- ich glaube, Du irrst - silvereagle, 27.10.2002, 22:29
- Angriffe auf zivile Ziele sind NIE sinnvolle militärische Aktionen - Wal Buchenberg, 28.10.2002, 08:03
- Du widersprichst Dir.... - stocksorcerer, 28.10.2002, 09:56
- Re: Du widersprichst Dir.... Nein - Wal Buchenberg, 28.10.2002, 10:23
- Natürlich gibts dafür keine Rechtfertigung - stocksorcerer, 28.10.2002, 11:14
- Re: Du widersprichst Dir.... Nein - Wal Buchenberg, 28.10.2002, 10:23
- Du widersprichst Dir.... - stocksorcerer, 28.10.2002, 09:56
- Re: ich glaube, Du irrst - Hirscherl, 28.10.2002, 08:14
- Angriffe auf zivile Ziele sind NIE sinnvolle militärische Aktionen - Wal Buchenberg, 28.10.2002, 08:03
- ich glaube, Du irrst - silvereagle, 27.10.2002, 22:29
- Taktik oder Strategie - stocksorcerer, 28.10.2002, 09:44
- Jetzt amtlich: 117 Geiseln starben durch Giftgas, nur einer durch Terroristen! - rodex, 27.10.2002, 21:18
Taktik oder Strategie
-->Hallo zusammen,
meiner bescheidenen Meinung nach muß man scharf trennen, was man sich anschaut. Die erste Frage muß die nach der Strategie sein. Was wollten die tschetschenischen Attentäter erreichen und welche Mittel haben sie dazu genutzt?
Niemand - nicht mal ich - kann so naiv sein zu glauben, dass der Kreml aufgrund einer solchen Erpressung seine Truppen aus Tschetschenien abziehen würde. Aber ich bin sicher, dass die Geiselnehmer nicht eine Sekunde an eine solche Möglichkeit geglaubt haben.
Tschetschenien ist ein Kriegsgebiet, wo niemand hinschaut. Es liegt hinter dem einstmals eisernen Vorhang und diejenigen, die sich daraus befreien konnten schauen nicht zurück. Diejenigen westlichen Staaten, die zuvor für sich große Bedrohungspotentiale gesehen haben, die nun ein Stück weit relativisiert scheinen (ich sage wohlgemerkt scheinen), wenden sich erleichtert ab und widmen sich anderen Problemen. Das einstmals mächtige Sowjetreich scheint keine Bedrohung mehr darzustellen, daher muß man nicht mehr hinschauen. Europäische Staaten haben zwar in der Vergangenheit durch die OSZE und in Einzelmaßnahmen immer mal wieder kleinlaut..."böse, böse, böse" gerufen und Frieden angemahnt, aber sich nicht ernsthaft für die Sache ins Zeug gelegt. Es ist einfach nicht WICHTIG genug, um gewisse andere Dinge zu gefährden.
Was nun diejenigen Tschetschenen angeht, die seit dem ersten Tschetschenien-Krieg leiden mußten und sich zu Terroristen oder Freiheitskämpfern gewandelt haben: Was wollten sie? Sie wollten Aufmerksamkeit. Und sie sind nicht mit der Al Qaeda zu messen, was viele Leute - einschließlich Putin - gerne hätten. Dann nämlich hätten sie wirklich einfach bloß das vollbesetzte Theater sprengen müssen, ohne selbst dabei mit 50 Personen anwesend zu sein.
Sie wollten Aufmerksamkeit. Und weil das in den zurückliegenden Jahren nie geklappt hat, mußte man das mit einem Donnerschlag erreichen und dabei durften sie für die restliche Welt nicht automatisch in eine Ecke von Massenmördern geschoben werden. Ich schätze, das"Kommando" hat genau das erreicht, was es wollte.
Man hat die Aufmerksamkeit gehabt. Selbst im russischen Volk erhält die Tschetschenien-Frage durch das Geschehene mehr Gewicht und ist Gesprächsthema.
Und vermutlich wußten die Terroristen genau, wie Putin dem Problem begegnen würde. Mit dem Versuch einer Nachrichtensperre und mit einer gewaltsamen Befreiungsaktion. Für die russische Administration ist ein Menschenleben noch nie viel wert gewesen. Das gestürmt werden würde war sonnenklar.
Wie es jetzt gekommen ist, ist ja nun wirklich der Hammer. Umgebracht haben die Russen durch das Nervengas ihre eigenen Leute. Ich habe keinen einzigen verwertbaren Hinweis dafür, unter welchen Umständen die anderen beiden zu Tode gekommen sind. Die Telefon-Stimmen aus dem Gebäude - die man gestern mehrfach hören konnte - sprechen für sich.
Die exekutierten Terroristen sprechen für sich. Das Verschweigen der Art des Kampfstoffes spricht für sich. Die unvorbereite und unorganisierte"Nachsorge" spricht für sich. Und die von den Angehörigen abgeschirmten Opfer sprechen für sich.
Putin hat trotz der Kursk nichts gelernt. Und die Terroristen, die nicht einfach getötet haben, sondern den nächsten Zug den Russen überlassen haben, haben der tschetschenischen Sache in der Weltöffentlichkeit nicht mehr geschadet, als aus deren Sicht nötig war.
Wenn man zahlreiche Berichte über Tschetschenien gesehen hat, die in den Magazinen ab und an mal kurz aufflammten, weiß man bescheid. Tschetschenien hatte in der Ã-ffentlichkeit niemals wirklich Gesprächswert. Das hat sich geändert. Und genau das war der Kern der Strategie.
Vielleicht sollte man mehr auf die Lebensumstände achten und einem Volk auch seine Freiheit gönnen, wenn es danach verlangt. Der tschetschenische Ex-Präsident und ehemalige Sowjet-General wurde mit überwältigender Mehrheit gewählt. Wenn man mitbekommt, mit welchen Schilderungen tschetschenische Menschen die mauradierenden Übergriffe der russischen Armee aufwarten, dass wahllos einfach Menschen verschleppt werden und auf nimmer Wiedersehen verschwinden, dann kann man sehr gut verstehen, wie Menschen radikalisiert werden. Wenn ich in Tschetschenien ein - an der Auseinandersetzung vielleicht völlig unbeteiligtes - Familienmitglied verloren hätte, wäre ich vielleicht nach viel ertragenem Leid irgendwann auch nach Moskau marschiert.
Ich denke, wir sollten aus den bequemen Ohrenledersesseln in Mitteleuropa nicht über Dinge urteilen, die wir gar nicht nachvollziehen können. Für meinen Teil war die russische Antwort auf die Geiselnahme mindestens ein ebensobgroßes Verbrechen wie die Geiselnahme selbst.
winkääää
stocksorcerer

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