- Japan will seinen Banken helfen - mit US-Bewertungsmethoden - Tofir, 30.10.2002, 17:49
- passend dazu ein Witz - Tofir, 30.10.2002, 18:25
- Klasse tofir, wirklich witzig... und leider treffend zugleich:-) - stocksorcerer, 30.10.2002, 19:15
- Re: Japan will Zahl der faulen Kredite halbieren!! Na denn - kizkalesi, 31.10.2002, 08:50
- Japans Wirtschaft ächtzt - und die Politik soll ' s richten - kizkalesi, 31.10.2002, 08:54
- passend dazu ein Witz - Tofir, 30.10.2002, 18:25
Japans Wirtschaft ächtzt - und die Politik soll ' s richten
-->Japan - quo vadis?
Japans Wirtschaft ächzt unter der schweren Last der Bankenkrise
Analyse
Japans Wirtschaft ist krank - und das schon viel zu lange. Die angeschlagenen Banken lähmen seit mehr als einer Dekade ein ganzes Land. Ohne realistische Rendite-Rechnung oder Risiko-Kalkül haben sie umgerechnet mehr als 400 Mrd. Euro an"faulen Krediten" angehäuft. Vielleicht sind es sogar - wenn des Wirtschaftsministers strengere Regeln der Kreditbewertung auferlegt werden - 1,3 Billionen Euro, die unwiederbringlich verloren sind.
Zaghafte Kreditvergabe
Dieser Verlust hat Folgen. Gefangen in alten Fehlern, werden neue Kredite nur noch zaghaft vergeben. Darunter leiden vor allem die kleinen und mittelständischen Unternehmen. Die nötigen Investitionen in wichtige Zukunftsmärkte sind zu gering oder bleiben aus. Der Staat, der 32 japanischen Banken schon einmal - in den Jahren 1998 und 1999 - Eigenkapitalspritzen verabreicht hatte, ist inzwischen so überschuldet, dass er die Aufträge der öffentlichen Hand drastisch kürzen muss. Viele Bau-Unternehmen treibt diese Zurückhaltung in den Ruin. Die Grundstückspreise fallen seit mehr als zehn Jahren. Bauvorhaben werden verschoben, denn in Zukunft könnte es ja noch billiger werden. Dieses Kalkül verfolgen auch die Verbraucher - nach drei Jahren der Deflation. Der Einzelhandel und traditionelle Kaufhäuser stecken in der schwersten Krise der Nachkriegszeit. Versicherungen, Transportunternehmen, viele Gesellschaften der Lebensmittel-Industrie und des Agrarsektors müssen um ihre Existenz fürchten. Sie alle kommen aus Branchen, die von der japanischen Politik so lange behüteten und beschützt wurden.
Doch es gibt auch andere Unternehmen, jene, die zu Weltkonzernen wurden, die sich schon lange ausländischer Konkurrenz stellen. In diesem Wettbewerb kamen nicht alle ungeschoren davon, zumal sich zu der japanischen Malaise noch eine Flaute der Weltkonjunktur gesellte. Einstige Kronjuwelen der japanischen Autoindustrie schrammten knapp am Konkurs vorbei, mussten ausländische Teilhaber, ausländisches Management zulassen. Inzwischen sind diese Sanierungsfälle zu Hoffnungsträgern geworden. Nissans"Kostenkiller" Carlos Ghosn führt den drittgrößten Autobauer Japans von einem Erfolg zum nächsten, Rekorde werden vermeldet. Auch Rolf Eckrodt ist bei Mitsubishi Motors die Trendwende gelungen. In Mitten der Krise vollzieht sich eine kaum für möglich gehaltene Auferstehung. Und der scheinbar niemals schwächelnde Branchenprimus Toyota konnte am diesem Mittwoch sogar als erster japanischer Konzern einen operativen Halbjahresgewinn von mehr als 730 Mrd. Yen vermelden, rund sechs Mrd. Euro.
Die schöpferische Kraft der Krise hat der japanischen Auto-Industrie mehr als gut getan. Auch in der für Japan wichtigen Elektronik-Industrie zeichnet sich eine Wende ab. Sony und Matsushita Electric ließen die Verluste hinter sich, NEC baute den zuvor kläglichen Halbjahresgewinn aus, nur Fujitsu muss weiter kräftig Arbeitsplätze streichen. Der Tiefpunkt der weltweit spürbaren High-Tech-Baisse könnte vorüber sein, sogar die Hersteller von Computer-Chips sehen wieder einen Silberstreif am Horizont.
Die Wachstumsfantasien sind jetzt auf ein realistisches Maß reduziert worden - das gilt auch für die Telekomm-Branche, die wohl noch einige Zeit den Preis für ihre zu hochgesteckten Ziele bezahlen muss.
Hoffnung auf Staatshilfe
Bei den japanischen Finanzinstituten allerdings rührt sich nichts. Nach wie vor gilt die Devise, Vater Staat wird's wohl richten, notfalls mit einer Verstaatlichung, in weniger schlimmen Fällen mit Steuermitteln für das Eigenkapital. Das Resultat dieser verschleppten Krise sind gigantische Banken-Konglomerate, für die freiwillig kein Käufer zu finden wäre, selbst wenn die Aktien dieser Häuser nochmals um mehr als die Hälfte sinken würden. Wenn bei Banken, Brokern und Versicherungen nicht mit strikten marktwirtschaftlichen Kriterien aufgeräumt wird, ist Japans Krise nicht Herr zu werden.
Bernd Weiler

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