- HeLaBa schreibt heute zum Dollar: ( ich hab's noch nicht ganz gelesen ) - ufi, 27.09.2000, 10:16
- USA - Sascha, 27.09.2000, 12:43
- Re: HeLaBa schreibt heute zum Dollar... die entscheidenden Sätze: - dottore, 27.09.2000, 14:03
- Zwickmühle Zinzen USA: - ufi, 27.09.2000, 15:14
- Re: Zwickmühle Zinzen USA: - 2good4you, 27.09.2000, 15:58
- Zwickmühle Zinzen USA: - ufi, 27.09.2000, 15:14
HeLaBa schreibt heute zum Dollar: ( ich hab's noch nicht ganz gelesen )
Implizierte Risiken in den USA und für den USD
von Folker Hellmeyer, Landesbank Hessen-Thüringen Girozentrale, Frankfurt
Devisenhandel
1. Einleitung
Die Entwicklung an den Finanzmärkten der letzten 20 Monate insbesondere an den Devisenmärkten hat die USA und den USD favorisiert.
Nachdem zunächst Wachstumsdifferenzen und Zinsdifferenzen zu Gunsten des USD sprachen und als Grundlage der positiven wirtschaftlichen Entwicklung die „New Economy" ausgemacht wurde, finden wir uns derzeit in einer Situation, in der diese Grundlagen weitestgehend überholt sind oder aber absehbar sich nachhaltig zu Lasten der USA entwickeln werden. Diesbezüglich besteht die Möglichkeit, dass Euroland die USA im 4. Quartal im Wachstum überholt, auch haben sich die für den USD positiven Zinsdifferenzen deutlich verringert.
Dennoch ist der Euro trotz dieser Entwicklung sogar verstärkt unter Druck geraten. Der Preis von Währungen dient im volkswirtschaftlichen Sinne der optimalen Distribution des Produktionsfaktors Kapital. Nach Ansicht des IWF wie auch anderen supranationalen Institutionen sind die Verwerfungen an den Devisenmärkten so gravierend, dass auch realwirtschaftliche Fehlentwicklungen auf dieser Grundlage nicht auszuschließen sind. Die konzertierten Interventionen am Devisenmarkt belegen diese Haltung und sollten hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit nicht unterschätzt werden.
Daher erscheint es angebracht, die implizierten Risiken der amerikanischen Erfolgsgeschichte näher zu untersuchen. Das Hauptaugenmerk wird dabei auf dem Verschuldungsgrad innerhalb der Vereinigten Staaten, statistischen Erfassungsmethoden und dem ausufernden Leistungsbilanzdefizit liegen. Den Anspruch auf Vollständigkeit kann und soll diese Abhandlung nicht erheben.
2. Verschuldung in den USA
Unterschiedliche Muster im Konsumverhalten ebenso auch im Umgang mit Finanzprodukten sind kennzeichnende Charakteristika zwischen den USA und Kontinentaleuropa
Grundsätzlich bekannt ist die geringe, zuletzt sogar negative Sparquote der amerikanischen privaten Haushalte. In den letzten Jahren ist jedoch nicht nur im Bereich der privaten Haushalte, sondern auch im Bereich der Unternehmen und der Finanzwirtschaft eine nachhaltige Kreditausweitung festzustellen, die für die Prognose zukünftiger Entwicklungen von wesentlicher Bedeutung ist.
Die Entwicklung der privaten Verschuldung lässt sich an nachfolgenden Daten verdeutlichen:
Wertpapierkredite mit Nachschusspflicht NYSE:
Stand 01/95 66.340.000.000, Dow Jones 4500
Stand 06/00 247.200.000.000, Dow Jones 10400 (Höchststand 03/00 278.530 Mio)
Verbraucherkredite (s.b.): per 1995 1095,8 Mrd. USD
per 06/2000 1464,8 Mrd. USD
Hypothekarkredite von Geschäftsbanken in den USA:
per 07/99 1,373,9 Mrd. USD
per 08/00 1.602,6 Mrd. USD
Die Verschuldung im Unternehmensbereich ist in der Zeit zwischen 1995 und dem
1. Quartal 2000 nach Schätzungen der „Bond Market Association" von 1.937,5 Mrd. USD auf 3.100,1 Mrd. USD angestiegen.
Insgesamt ist die Verschuldung des gesamten Finanzsektors innerhalb dieses Zeitraumes um 99 % gewachsen.
Ohne Frage steht dieser Anstieg der Kreditvergabe mit den positiven Wachstumsraten in den USA in Zusammenhang. Gleichwohl ist in diesem Zeitraum von 1995-2000 das aggregierte Wachstum in den USA lediglich um 16 % gestiegen, das Wachstum der Kredite übertrifft das tatsächliche Wirtschaftswachstum um Längen. Nach Angaben des U.S. Department of Treasury hat sich die Gesamtverschuldung in den USA von 1995 bis 2000 von 10.422,1 Mrd. USD auf 15.040,6 Mrd. USD gestellt, das entspricht einem Wachstum von 44 % ( inklusive dem Abbau der Staatsverschuldung).
Interessanterweise zeigt sich bedingt durch die zumeist verbriefte Form der Kredite dieses Kreditwachstum nicht in den Geldmengenzahlen der US-Notenbank.
Das implizierte Risiko stellt sich also hinsichtlich des aufgebauten Verschuldungsgrades so dar, dass es nach rationalem Ermessen keine weiteren Spielräume zulässt, als auch für den Fall einer konjunkturellen Beruhigung in den USA nachhaltige Kreditausfälle andeutet.
Auch FED Chef Greenspan hat in verschiedenen Reden in der jüngsten Vergangenheit auf die Notwendigkeit von sorgfältiger Kreditüberwachung hingewiesen.
3. Statistische Erfassungsmethoden als Marketinginstrument?
In dem Monatsbericht der Bundesbank per August wird das Thema der statistischen Erfassungsmethoden in den USA und der Bundesrepublik behandelt.
Die Bundesbank verweist völlig zu Recht darauf, dass die deutschen Erfassungsmethoden sich von den Methoden der USA wesentlich unterscheiden und daher eine Vergleichbarkeit der Daten nur teilweise zulässig erscheint.
In den USA wird ein sogenannter „hedonischer Ansatz" zur Deflationierung von
IT-Gütern, Flugzeugen als auch bestimmter Dienstleistungen verwandt.
Ultimativ führt das zu einem Ausweis erhöhten Wachstums, erhöhter Produktivität und geringerer Inflation. Der konservative Ansatz, der in der Bundesrepublik Anwendung findet, unterzeichnet damit Wachstum und Produktivität und überzeichnet die Inflation.
Das von der Bundesbank gewählte Beispiel der Investitionen in EDV- Geräte, ohne Frage ein wesentlicher Aspekt bezüglich der „New Economy", stellt den Unterschied trefflich dar. Der bundesdeutsche Ausweis von einem jährlichen Wachstum von lediglich 6 % im Zeitraum von 1992-1999 verwandelt sich dank des hedonischen Ansatzes in ein Wachstum von 27,5 %, der zwar gegenüber den USA, die in der Zeit ein Wachstum von 40 % zu verzeichnen hatten, immer noch geringer ausfällt, jedoch unterstreicht, dass Deutschland nicht allzu weit hinter den Ansätzen der „New Economy" hinterherhinkt.
Trefflich beschrieb James Grant in der Financial Times vom 4.September 2000 diesen Umstand, indem er ihn mit „wealth through accounting", also Wohlstand durch die Art der Rechnungslegung, beschrieb.
Zwar lässt sich der Unterschied der Ansätze derzeit noch nicht genau quantifizieren, festzustellen bleibt fraglos, dass die Differenzen zu Gunsten der USA aber geringer ausfallen, als das in den gegebenen Zahlen derzeit erscheint.
Mithin besteht die Möglichkeit, dass Investitionsentscheidungen basierend auf Wachstums- und Produktivitätsunterschieden zu Gunsten der USA auf nicht allzu stabilen Fundament basieren.
4. Das Leistungsbilanzdefizit
Im Zuge der letzten 20 Monate haben sich die US-Handels- und Leistungsbilanzdefizite kontinuierlich ausgeweitet, ohne auf die Wirtschaft oder den USD negative Auswirkungen zu haben.
In diesem Jahr wird das Defizit der Leistungsbilanz bei 4-5 % der Wertschöpfung der USA liegen. US-Investmentbanker erwarten einen weiteren Anstieg bis auf monatlich 35-40 Mrd. USD Defizit abhängig von der Entwicklung der Ã-lpreise.
Im Zuge des ungezügelten Zustroms von Kapital basierend auf „Produktivitäts"- und „Wachstumsvorteilen" der „New Economy" sind die Defizite der Leistungsbilanz in ihrer Wirkung für den USD ein dämpfender Einfluss in der Aufwärtsbewegung.
Kommt es hingegen zu Gewinnmitnahmen hinsichtlich von Korrekturen an beispielsweise den US-Anlagemärkte, besteht die Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit, dass diese Defizite sich beschleunigend auf eine Abwärtsbewegung des USD auswirken.
Die Bemühungen seitens einiger FED Gouverneure, das Leistungsbilanzdefizit als einen Ausdruck von Stärke zu interpretieren, bedarf einer genaueren Erläuterung.
In der Tat ist ein Ausdruck der starken expansiven Kräfte der US-Ã-konomie, jedoch ist es ein passiver Ausdruck, durch den sich die USA ultimativ in eine noch verstärkte Abhängigkeit gegenüber ausländischen Kreditgebern begeben. Ebenso waren sicherlich die hohen externen Defizite im Vorlauf der Asienkrise Ausdruck hohen Wachstums mit den dann bekannten Folgen.
Insbesondere für die USA mit den liquidesten Anlagemärkten gilt es, sich der Risiken von Kapitalabflüssen, z,B. basierend auf Gewinnmitnahmen, bewusst zu sein.
5. Fazit
Hinsichtlich des Höhenflugs des USD und dem nach wie vor stattfindenden Ausverkauf amerikanischer Unternehmen ist eine kritische Betrachtung dieses
Landes und seines Umfeldes mehr als notwendig.
Der Verschuldungsgrad in den USA lässt verminderte zukünftige Spielräume und eine erhöhte Fragilität gegenüber konjunkturellen Abschwüngen erkennen. Die statistischen Verfahren haben den Vorteil der US-Ã-konomie überzeichnet.
Die Finanzmärkte haben den graduellen Veränderungen des Umfeldes in keiner Form Rechnung getragen und bewegen sich weiter in einer euphorischen Stimmung für die USA.
Nicht nur der Euro ist davon betroffen, ebenso markiert der AUD historische Tiefstkurse, obwohl reich an Bodenschätzen, ausgestattet mit einem Wachstum von 4,7 % und zusätzlich den Olympischen Spielen. Ebenso ist die Bewertung der Schweiz mit einer Arbeitslosigkeit von lediglich 1,8 % und einem Wachstum von
3,8 % im letzten Quartal kaum nachvollziehbar.
In diesem Zusammenhang möchte ich auf die Einlassungen des IWF verweisen, der die Entwicklung an den Devisenmärkten als „Verwerfungen" charakterisiert.
Die latenten Risiken der US-Ã-konomie erscheinen unter Berücksichtigung der genannten Aspekte nachhaltig. Die von Analysten erwartete Abschwächung der US-Konjunktur gefährdet diesbezüglich den gegenwärtigen Status Quo des USD und der US- Finanzmärkte.
Erhöhte Aufmerksamkeit gegenüber obigen Aspekten erscheint erforderlich, sowohl für diejenigen, die bereits in den USA investiert sind, als auch für diejenigen, die Investitionen in den USA planen. Bereits ein Versiegen der bis dato reichlichen Kapitalzuflüsse in die USA kann zu einer nachhaltigen Trendumkehr bei dem USD führen.
Es steht zwar confidential drauf, aber so confidential wird's schon nicht sein.
Gruß
ufi
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