- Consors ist wech - Turon, 14.11.2002, 21:21
Consors ist wech
-->Online-Broker Consors verschwindet vom Börsenzettel
Dreieinhalb Jahre nach der ersten Börsennotierung am Neuen Markt verliert der Online-Broker Consors endgültig seine Eigenständigkeit und verschwindet vom Kurszettel. Der Hauptaktionär, die französische Großbank BNP Paribas, findet die Minderheitsaktionäre mit 11,75 Euro je Aktie ab und wird Alleineigentümer von Consors, das mit der BNP-Tochter Cortal zusammengeschlossen werden soll. Dies beschloss eine außerordentliche Consors-Hauptversammlung erwartungsgemäß am Donnerstag in Nürnberg mit einer Zustimmung von 99,9 Prozent. Der Beschluss war Formsache, da BNP bereits mehr als 95 Prozent der Anteile hielt und damit den so genannten Squeeze-out, das Herausdrängen der verbliebenen Anteilseigner, durchführen konnte. Verbitterte Kleinaktionäre zogen die von Tumulten begleitete Versammlung jedoch mit zahllosen Detailfragen in die Länge. Erst nach knapp sechs Stunden kam es zur Abstimmung.
Mit einer Mischung aus Zorn und Resignation nahmen die Kleinaktionäre die Zwangsabfindung hin."Die Hauptversammlung ist eine Farce, das ist die Beerdigung von Consors", sagte Harald Petersen von der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre. Er forderte BNP Paribas auf, den Aktionären zumindest den Preis von 12,40 Euro zu zahlen, der beim Übernahmeangebot im Frühsommer gezahlt worden war. Andere Aktionäre gingen härter mit der Consors-Vorstandsriege um Karl Matthäus Schmidt ins Gericht, warfen ihr in einer erregten Atmosphäre Unfähigkeit und Betrug vor und sprachen von Enteignung."Diese Leute haben mein Geld gestohlen", schrie ein Kleinaktionär in den Saal. Ein anderer kündigte an, die Höhe der Abfindung gerichtlich überprüfen zu lassen. Dies ist in einem so genannten Spruchstellenverfahren möglich. Als der Versammlungsleiter sogar mit dem Ausschluss von Aktionären drohte, kam es zu lautstarken Buhrufen.
Consors-Chef Schmidt hatte die Höhe der Abfindung zuvor als fair bezeichnet."Mit Consors haben wir gemeinsam gute und schlechte Zeiten an der Börse erlebt", sagte er. Tatsächlich ist der Internet-Wertpapierhändler, der zur später zusammengebrochenen SchmidtBank gehörte, ein Musterbeispiel für Aufstieg und Fall des Neuen Marktes. Die Emission war 18-fach überzeichnet, der Emissionspreis lag bei 33 Euro. Bei der Erstnotiz am 26. April 1999 schnellte das Papier sofort auf 76 Euro.
"Der Boomvirus hatte alle angesteckt", sagte Schmidt."Wer gewarnt hat, wurde verspottet." Im Frühjahr 2000 begann die Talfahrt."In dieser Situation haben wir auch Entscheidungen getroffen, die sich als falsch erwiesen", räumte Schmidt ein. Zwar stand am Jahresende 2000 ein Rekordgewinn von 16,9 Millionen Euro, doch wenig später brach das Geschäft vollständig ein. Die Zahl der Orders ging dramatisch zurück. In 2001 verbuchte Consors 125 Millionen Euro Minus. Die Aktie sank bis auf 6,20 Euro. BNP Paribas übernahm zunächst die Schmidt-Bank-Anteile und erwarb in der Folge mehr als 95 Prozent an Consors.
Mit dem Partner Cortal sieht Schmidt Consors nun stabilisiert. Durch den Zusammenschluss soll der größte europäische Internet-Wertpapierhändler mit 1,2 Millionen Kunden entstehen."Mit dem Ende der eigenen Börsennotierung erlischt nicht die Idee von Consors", sagte der Consors-Gründer tapfer. Für viele Kleinaktionäre war der Imbiss auf der Hauptversammlung aber dennoch nichts anderes als ein Leichenschmaus. (Stephan Maurer, dpa) / (jk/c't)
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