- Ist der Kapitalismus krank? - Praxedis, 18.11.2002, 10:45
- Es gab nie - und gibt keinen Kapitalismus. - Burning_Heart, 18.11.2002, 14:31
Es gab nie - und gibt keinen Kapitalismus.
-->Nur Debitismus,und der läuft nach Plan!
Gruss
>Ist der Kapitalismus krank?
>von Paul Foot
>The Guardian / ZNet 13.06.2002
>
>"Ist der Kapitalismus krank?" fragt eine provozierende Schlagzeile in der Sunday Times. Die Antwort die uns über viele Paragrafen hinweg erläutert wird ist nein. Der Kapitalismus, so enthüllt der Artikel für uns, ist wohlauf. Nur gelegentlich werfen gierige und schamlose Kapitalisten einen Schatten auf ihn.
>Der Vorstand von Goldman Sachs, Hank Paulson, alarmierte letzte Woche den Nationalen Presse Club in Washington:"Nie zuvor unterlag die Geschäftswelt einer genaueren Beobachtung und das, um es unbeschönigt zu sagen, verdienterweise". Die Sunday Times zählte in ihrem Artikel dann noch eine Litanei der in letzter Zeit aufgetretenen vielen Skandale auf.
>Es begann mit Enron, deren unehrenhaft entlassener Chef, Kenneth Lay, ein guter Freund von Präsident Bush ist und deren Revisionsabteilung von dem früheren Minister der konservativen Partei, Lord Wakeham, geführt wurde. Einer der mehr ideologischen bezahlten Enron-Berater war Irvin Stelzer, der, dessen ungeachtet, immer noch eine wöchentliche Kolumne in der Sunday Times schreibt.
>Dann die Firma Tyco, vermutlich eine Abkürzung für Tycoon (Industriekapitän), deren ehemaliger Vorsitzender, Dennis Kozlowski, der Steuerhinterziehung angeklagt und dessen Direktor, Lord Ashcroft, ein ehemaliger Schatzmeister der konservativen Partei und freigebiger Spender an das britische staatliche Bildungswesen war. Auf dem ADT-Kolleg, das nach Ashcrofts Firma benannt wurde, werden immer noch Kinder aus South London geschult, aber vielleicht sollte es jetzt seinen Namen ändern, da ADT 1997 von Tyco geschluckt wurde.
>Letzte Woche gab es tolle Nachrichten für ein weiteres großes"A": Bill Allan, Vorstand einer Telekommunikationsfirma mit dem albernen Namen: Thus (deswegen). Allan und seine Kollegen im Vorstand erhielten Bonuszahlungen in Höhe von 70% ihrer Gehälter in Anerkennung ihrer sogenannten"außergewöhnlichen Leistungen für das Unternehmen", vermutlich eine Bezugnahme auf den Fall der Unternehmensaktien um 72 Prozent im letzten Jahr.
>Letzte Woche wurden diese heroischen"A's" noch von einem sensationellen"B" gekrönt -"B" für Bonfield - der in den Ritterstand erhobene ehemalige Vorstand der kränkelnden British Telecom, die erst kürzlich ihr Pensionsprogramm für gewöhnliche Mitarbeiter abwickelte, aber immer noch ein paar Millionen fand um Sir Peter's bereits enorme Pension um 2000 britische Pfund pro Woche zu versüßen.
>Bonfield verfügt bereits wieder über einen ausgezeichneten Arbeitsplatz anderswo. Aber als er British Telecom verließ nahm er ein Jahresgehalt von 820 000 Pfund und einen Bonus von 615 000 Pfund für sich in Anspruch, zweifellos als Anerkennung für seine Höchstleistung als führender Kopf in einer der verheerendsten Privatisierungen der letzten Zeit.
>Diese Firmen und Einzelpersonen, argumentiert Hank Paulson, geben dem Kapitalismus einen schlechten Ruf. Wenn einzelne Kapitalisten nicht lügen, betrügen, vor Gericht keinen Meineid leisten, ihre Taschen nicht mit exzessiven, unrechtmäßig erworbenen Gewinnen füllen würden, das Finanzamt nicht durch den Kauf teurer Gemälde mit dem Geld anderer Leute zu täuschen versuchten, wenn ihre Buchhalter ihre wertvolle Zeit nicht damit verbringen würden immerzu komplizierte Schemen der Steuervermeidung zu erfinden um dann deren dokumentarische Beweise zu vernichten, dann, ja dann könnte sich die wunderschöne Symmetrie des Kapitalismus entfalten. Wenn man nur die faulen Äpfel aus dem kapitalistischen Fass entfernen könnte so würden alle an der Pracht der kapitalistischen Frucht ihre Freude haben.
>Diese Argumentation übersieht geflissentlich das zentrale Merkmal des Kapitalismus: die Aufteilung der Menschenrasse in diejenigen die von menschlichem Bemühen profitieren und denjenigen die davon nicht profitieren. Diese Aufteilung verlangt Freiheit für Arbeitgeber und Disziplin für die Arbeitnehmer; hohe Bezahlung und Bonusse für die Bosse, niedere Bezahlung für die Massen; Reichtum für die Wenigen, Armut für Viele.
>Unter dem Kapitalismus wächst der Abstand zwischen reich und arm unaufhörlich. Der ganze Sinn des Systems ist, dass es gegen Gleichheit, gegen Solidarität arbeitet. Es unterdrückt, beleidigt und kriminalisiert die Ärmsten; es glorifiziert, verwöhnt und entschuldigt die Reichen. Alles menschliche Leben wird in diesem Prozess korrumpiert. Auch wenn man alle die Übeltäter disziplinieren könnte, alle Finanzratgeber des Präsidenten feuern und alle Aufsichtsräte für jeden abgezockten Bonus einsperren würde, es würde uns doch nicht vor dem Kapitalismus zu schützen. Die faulen Äpfel sind das Fass.
>Als ich letzte Woche Paulsons Moralpredigt hörte wurde ich an einige nachdenklich machende Zeilen vom 10. Dezember 1993 im Guardian erinnert. Diese Zeilen warfen ein Licht auf 26 Millionen Menschen die $2.2 Milliarden und eine andere Gruppe von 161 Menschen die $2.6 Milliarden unter sich aufteilten. Die erste Gruppe war die Gesamtbevölkerung Tansanias, die zweite waren die Partner von Goldman Sachs, der Firma der Hank Paulson vorsteht. Und wie sehr er auch seine kapitalistischen Kollegen mit ihren individuellen Missetaten ins Gebet nimmt, er kann nicht und wird nicht die innewohnenden Fehler des ökonomischen Systems, das er repräsentiert, korrigieren, das so offensichtlich durch die Habsucht der Menschen die seine Bank managen symbolisiert wird.
>Ist der Kapitalismus krank? Ja, und zwar auf eine abscheuliche Weise. Die Krankheit ist im Endstadium und wir brauchen dringend eine Alternative.

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