- Optimismus pur? Das Fed-Modell und eine Analyse der DB - Popeye, 23.11.2002, 17:08
- Re: Optimismus pur? Das Fed-Modell und eine Analyse der DB - tas, 23.11.2002, 18:39
Optimismus pur? Das Fed-Modell und eine Analyse der DB
-->Aktien sind gemessen am
Fed-Modell im Vergleich zu
Anleihen günstig
Fed-Modell signalisiert Unterbewertung /"Kein
Kaufsignal" / Zu hohe Gewinnerwartungen
ruh. FRANKFURT, 22. November. Aktien sind derzeit
günstig bewertet. Dieser Schluß drängt sich zumindest auf bei
einem Vergleich der Kurs-Gewinn-Verhältnisse (KGV) der
Dividendentitel mit den Renditen, die mit Staatsanleihen zu
erzielen sind. Marktstrategen der Banken errechnen für den
Dax eine relative Unterbewertung von bis zu 50 Prozent. So
ergeben die Analystenschätzungen der Unternehmensgewinne
auf Basis der kommenden zwölf Monate ein Dax-KGV von
knapp 15. Zehnjährige deutsche Staatsanleihen rentieren
dagegen mit 4,50 Prozent. Das entspricht einem
Kurs-Rendite-Verhältnis von 22. Der Vergleich ist
aufschlußreich, weil Aktien- und Renten-Märkte um das
knappe Geld der Anleger konkurrieren. Die Bewertungen
sollten sich also - so die Theorie - annähern. Doch selbst starke
Abweichungen können lange andauern, heißt es in einer Studie
der Deutschen Bank.
Grundlage solcher Analysen ist das sogenannte Fed-Modell. Es
geht davon aus, daß Veränderungen des Zinsniveaus die
Renditeerwartungen der Aktieninvestoren beeinflussen. Bei
steigenden Anleiherenditen wollen sie demnach bei den
Unternehmen wachsende Erträge sehen, oder sie sind bei
stagnierenden Gewinnen nur dann bereit zu kaufen, wenn der
Preis der Dividendentitel fällt. Auf Basis dieser Betrachtung hat
der amerikanische Notenbank-Präsident Alan Greenspan in den
späten neunziger Jahren erstmals vor"irrationalem
Überschwang" (irrational exuberance) der Aktienmärkte
gewarnt. Damals war die KGV-Bewertung der Aktien zeitweise
70 Prozent höher als die Bewertung der Anleihen.
Inzwischen signalisiert das Fed-Modell eher eine"irrationale
Untertreibung". Die Deutsche Bank hat für europäische Aktien
eine relative Unterbewertung von rund 40 Prozent errechnet.
Das sei der höchste Wert seit 1988. Daraus könne allerdings
nicht abgeleitet werden, daß das Aufwärtspotential der
Aktienkurse ebenso groß ist, sagt Bernd Meyer, Autor der
Studie. Die Gewinnschätzungen der Analysten seien vermutlich
(um 20 Prozent) zu optimistisch, und zudem sei es gut
möglich, daß die Anleiherenditen wieder auf 5 Prozent steigen
werden. Doch selbst wenn diese Faktoren berücksichtigt
würden, betrage die Unterbewertung der Aktien im Vergleich
zu Anleihen immer noch 15 bis 20 Prozent.
"Ein klares Kaufsignal und ein Indiz für eine baldige
Trendwende ist das zwar nicht", sagt Christoph Hott, Leiter
der Anlagestrategie bei der Privatbank Sal. Oppenheim."Aber
es ist zumindest eine Warnlampe: Wir befinden uns in einer
extremen Phase." Auch Hott rät allerdings, die
Gewinnschätzungen der Analysten, mit großer Vorsicht zu
genießen. Ihre Arbeit sei hilfreich, die Prognosen seien aber ein
nachlaufender Indikator. Die meisten Analysten paßten sich mit
ihren Schätzungen der Kursentwicklung mit einer Verspätung
von drei bis sechs Monaten an.
Das Fed-Modell hat dennoch einen - wenn auch begrenzten -
Aussagewert. So haben die Strategen der Deutschen Bank für
die vergangenen 20 Jahre eine signifikante Korrelation
zwischen der Höhe der Unter- oder Überbewertung der
Aktienmärkte und der folgenden Kursentwicklung
nachgewiesen: Wenn in der Vergangenheit die Aktienmärkte,
gemessen am Fed-Modell, unterbewertet waren, gab es in der
Mehrzahl der Fälle in den folgenden drei Monaten
Kursgewinne.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.11.2002, Nr. 273 / Seite 21

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