- Meinungsfabriken und Interessenkonflikte (CSFB) - Popeye, 28.11.2002, 08:46
Meinungsfabriken und Interessenkonflikte (CSFB)
-->Verräterische E-Mails nun auch
bei der Investmentbank CSFB
Verräterische E-Mails in Investmentbanken / Nun auch
CSFB im Visier
lid. NEW YORK, 27. November. Von wegen"stille Post":
Interne E-Mails in Investmentbanken werden imer mehr zu
einer explosiven Angelegenheit. Ermittler holen ständig neue
E-Mails ans Licht, die Interessenkonflikte in den
Wall-Street-Häusern zwischen Analyse und Beratungsgeschäft
dokumentieren. Nun ist der bislang prominenteste Fall
aufgetaucht, der den Star-Investmentbanker Frank Quattrone
von Credit Suisse First Boston (CSFB) betrifft. Ein Analyst der
Bank hatte Quattrone in einer E-Mail angekündigt, er wolle
damit beginnen, Studien über das Unternehmen Agile Software
anzufertigen.
Quattrone soll in seiner Antwort gefragt haben, wieviel
Investmentbanking-Geschäft man dafür von Agile
"herausholen" könnte. Diese E-Mails sind im Rahmen eines
Verfahrens gegen die Investmentbank im Bundesstaat
Massachusetts aufgetaucht. Die CSFB hat dazu bislang nicht
Stellung genommen. Der Analyst hat später eine
Kaufempfehlung für Agile ausgeprochen, allerdings hat CSFB
keine Bankgeschäfte mit dem Unternehmen gemacht.
Erst am Dienstag waren verräterische E-Mails aus dem Hause
des Wettbewerbers Goldman Sachs bekanntgeworden. Hier
sollen sich zwei hochrangige Analysten im August 2000 auf
elektronischem Wege über die nach ihrer Meinung zweifelhaft
hohe Bewertung von Telekommunikationsunternehmen bei
Goldman ausgetauscht haben. Der Abschwung in der Branche
hatte zu diesem Zeitpunkt schon eingesetzt. Einer der Analysten
bezeichnete die Bewertungen als lächerlich, außerdem sagte er,
er habe mit Rücksicht auf das Beratungsgeschäft der Bank sein
Anlageurteil für Adressen wie AT&T oder Worldcom nicht
nach unten korrigiert.
Der bislang wohl eindrucksvollste Fall drehte sich um das
Wertpapierhaus Merrill Lynch. Der New Yorker Staatsanwalt
Eliot Spitzer hat in diesem Frühjahr E-Mails präsentiert, in
denen Analysten für die Internet-Branche Aktien als"Ramsch"
oder"Pulverfaß" verhöhnten. Gleichzeitig haben diese
Analysten, darunter auch der frühere Wall-Street-Star Henry
Blodget, diese Aktien zum Kauf empfohlen. Im Mai hat sich
Merrill Lynch nach einem außergerichtlichen Vergleich zur
Zahlung von 100 Millionen Dollar bereit erklärt.
Frank Quattrone stand schon einmal im Mittelpunkt von
Negativschlagzeilen. So hat die CSFB Anfang des Jahres nach
Vorwürfen unlauterer Praxis bei der Zuteilung von Aktien aus
Börsengängen in einem außergerichtlichen Vergleich einer
Zahlung von 100 Millionen Dollar zugestimmt. Diese Vorwürfe
betrafen in hohem Umfang Quattrone. Die von ihm geleitete
Technology Group galt als das aggressivste Emissionshaus im
Geschäft mit Technologieunternehmen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.11.2002, Nr. 277 / Seite 21

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