- wie Bürokratie gute Ideen erschwert - Baldur der Ketzer, 30.11.2002, 21:00
- einfach ein Sargnagel mehr....fragt sich nur, wer später wirklich im Sarg liegt? (owT) - Tofir, 30.11.2002, 21:23
- Re: Bürgerministerium gegen Bürokratie - Inventor, 30.11.2002, 23:04
- Re: Bürgerministerium gegen Bürokratie ** Munteres HP-Zählwerk - Herbi, dem Bremser, 30.11.2002, 23:21
- Re: Bürgerministerium gegen Bürokratie ** Munteres HP-Zählwerk - Inventor, 01.12.2002, 00:34
- Re: Bürgerministerium gegen Bürokratie ** Munteres HP-Zählwerk - Herbi, dem Bremser, 30.11.2002, 23:21
wie Bürokratie gute Ideen erschwert
-->Fundsache
Tierarzt als Schmuggler abgestempelt
Der Tierarzt Andreas Barolin aus Mauren ist seit September in seiner Einsatzbereitschaft erheblich eingeschränkt. Denn die österreichische Zollfahndung (MÜG) beschlagnahmte einen grossen Teil seiner Ausrüstung. Mehrere eingeleitete Verfahren behindern den Mediziner seitdem in seiner Tätigkeit.
ec.- Andreas Barolin betreibt in Liechtenstein und Umgebung eine neuartige Form der *Hausbesuchspraxis*. In seinem Spezialambulanzfahrzeug ist er rund um die Uhr abrufbereit. Seit April besitzt der 34-jährige Tierarzt in Mauren eine Tierarztpraxis, wo der konzessionierte Veterinär allerdings nur Bürotätigkeiten abwickelt. Behandelt werden dort keine Tiere, denn der Arzt betreibt eine ganz neue Form der Tierarztpraxis: Der Doktor kommt zum *lieben Vieh*.
Mit seinem speziell ausgerüsteten *Praxismobil*, einem Geländewagen, ist er sieben Tage in der Woche rund um die Uhr einsatzbereit, wo immer es ein Tier zu verarzten gibt. Gleichsam einem Pannendienst kommt der *fliegende Tierarzt* somit zu jedem, der ihn über Mobiltelefon anfordert.
Doch seit September rauben dem Tiermediziner finanz- und steuerrechtliche Vorschriften und deren engstirnige Auslegung den letzten Nerv. Die Zollfahndung beschlagnahmte im September bei einer *zollrechtlichen Intensivkontrolle* in Egg/Bregenzerwald kurzerhand die gesamte tierärztliche Ausrüstung.
Ein zermürbender, langer Kampf um Rückgabe von Maulkörben, Verbandszeug und Medikamenten begann. Langsam geht dem engagierten Helfer nun die Kraft aus, denn er kann nur sehr eingeschränkt arbeiten, hat bereits beträchtliche Anwaltskosten zu berappen und ein Ende - das heisst Rückgabe aller Utensilien - ist noch lange nicht in Sicht.
Gewissenhaft erkundigt
Dabei hat sich der geschäftstüchtige Tierarzt seit Beginn seiner grenzüberschreitenden Tätigkeit immer wieder über Einfuhrbestimmungen und -beschränkungen erkundigt. Bei jedem Grenzübertritt gab er auf Anfrage an, dass er lediglich den erlaubten *Tagesbedarf* an Medikamenten dabei habe. An diesem *Tagesbedarf* stossen sich nun aber die zuständigen Beamten. *Der Amtstierarzt ist überzeugt, dass der Tagesbedarf im vorliegenden Fall deutlich überschritten ist*, so ein Schreiben der Zollwachabteilung Bregenz.
Berechnet wurde der Tagesbedarf anhand der Tagesprotokolle der letzten Tage, so die *Tatbeschreibung* weiter. Und hier fühlt sich Andreas Barolin gröblich missverstanden. *Ich weiss ja nicht, was ausser den vereinbarten Terminen im Laufe des Tages auf mich zukommt. Wird ein Hund auf der Strasse angefahren, ein Pferd schwer verletzt oder ein Zirkuselefant krank, muss ich ja auch für all diese Eventualitäten gerüstet sein. Dafür ist eine komplette und vielfältige Ausstattung unbedingt erforderlich*, rechtfertigt der Mediziner den Inhalt seines gut ausgerüsteten Geländewagens. Die zentrale Frage ist, ob sich der *Tagesbedarf* in der Praxis mengenmässig so absolut beschränken lässt, wie es den Behörden vorschwebt.
Nach der Beschlagnahme im September wurden die Sachen im Keller des Zollamtes Feldkirch eingelagert. Da man dort über zu wenig Fachwissen verfügte, um genau festzustellen, ob die Medikamente den Vorschriften entsprechen, wurden diese nach Bregenz verfrachtet, wo der Amtstierarzt entscheiden muss, ob die Reise der Utensilien nach Wien weitergeht, wo erforderlichenfalls eine Untersuchungsanstalt das Material unter die Lupe nehmen soll.
Barolins Rechtsanwalt Nicolas Stieger, der den erstinstanzlichen Bescheid des Hauptzollamtes Feldkirch immerhin zum Teil erfolgreich bekämpft und somit eine teilweise Rückerlangung erreicht hat, zeigt sich entrüstet über die Unflexibilität der Verwaltungsstellen. *Die Behörden handelten zwar in der gesetzlich vorgeschriebenen Frist von sechs Monaten, allerdings äusserst praxisfremd und ohne Berücksichtigung der besonderen Umstände. Man hätte von Anfang an nach der Registrierung die Gegenstände gegen Hinterlegung einer Kaution ausfolgen können. Dass mein Mandant beruflich auf diese Dinge angewiesen ist und die Medikamente während der Verfahrensdauer zu verderben drohen - darauf wurde keine Rücksicht genommen*, so Stieger.
Klienten setzen sich für den Tierarzt ein
Die zahlreichen Unterschriften zufriedener Klienten konnten dem Tierarzt ebenso wenig weiterhelfen wie die Petitionen, mit der sich der verzweifelte Familienvater an diverse Stellen wandte. Auch die Volksanwaltschaft konnte ihm bislang nicht weiterhelfen. Somit steht dem Tierarzt und Hufschmied noch ein langer, steiniger Weg bevor und es ist für ihn schwer zu verstehen, dass er bei sämtlichen Tätigkeiten in der ganzen Welt noch nie so behindert wurde wie nun durch die österreichische Verwaltung. Der in seiner Existenz Bedrohte wird sich noch lange Zeit mit Tierseuchen-, Tierarzneimittelkontrollgesetz, Eingangsabgabepflichten und anderen Materien auseinander setzen müssen. Und in dieser Zeit ist der sonst so flexible Helfer jedenfalls nicht voll *einsatzbereit*.
Rechtsanwalt Stieger arbeitet mittlerweile an einer Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde und erwägt eine Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, dem letzten Hoffnungsschimmer in diesem langatmigen Streit um Pipetten und Entwurmungspasten.

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