- Warum immer Politikerschelte? Wähler und Verhältniswahlrecht sind schuld. - mangan, 01.12.2002, 22:45
- Die Wähler sind schuld? / Das Märchen von der 'kollektiven Verantwortung' - silvereagle, 02.12.2002, 13:51
- Dem kann ich nur voll inhaltlich zustimmen. Thanx a lot. (owT) - Zardoz, 02.12.2002, 14:43
- Die Wähler sind schuld? / Das Märchen von der 'kollektiven Verantwortung' - silvereagle, 02.12.2002, 13:51
Die Wähler sind schuld? / Das Märchen von der 'kollektiven Verantwortung'
-->Hallo,
mangan hat vor kurzem einen interessanten Beitrag geschalten (siehe Link ganz unten), aufgrund dessen sich mir die Gelegenheit bietet, ein wenig über das recht witzige Thema"kollektive Verantwortung" nachzudenken. Die Conclusio am Schluss mag dabei für ein wenig Überraschung sorgen... ;-)
Als Einleitung diene folgendes:
mangan: Denke mal Politiker jeder Partei wissen sehr genau, was wirklich zu tun ist.
Warum sind sie dann nicht alle diese Politiker (legale) Multimillionäre, wenn sie denn genau wissen, was für alle das Beste sein soll? Zumindest für sich selbst sollten sie es dann wohl wissen, oder? ;-) Als ob ein Politiker wirklich die Verantwortung für seine Untertanen übernehmen könnte... Letztlich hat sie eben doch jeder selbst (dazu gleich näher).
mangan: Sie wissen das lange bevor wir Wähler es überhaupt bemerken.
Auch das kann ich nicht so stehen lassen. Sie haben höchstens schneller die Infos, aber mit diesen das Richtige FÜR ALLE zu erkennen, das kann höchstens ein Witz sein... ;-)
mangan: Sie sind Insider.
Das stimmt wohl.
mangan: Die könnten auch sozusagen aus dem Stand die Partei wechseln und sofort die"Ziele" der anderen Partei vertreten.
In der anglikanischen Sphäre gang und gäbe. In Ã- hat gerade der Finanzminister damit angefangen.
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Und jetzt kömmt's so richtig (Hauptteil):
mangan: Wir sollten nicht vergessen, daß alles von uns Wählern so bestellt wurde.
Das ist genau dieses Märchen von der kollektiven Verantwortung. Die gleiche (Selbst-)Täuschung wie der Stehsatz:"Der Staat, das sind wir doch alle."
Nein, es ist eben nicht so. Schuld und Verantwortung können IMMER nur an konkreten Einzelpersonen festgemacht werden. Ein"Kollektiv" kann schon mangels realer Existenz niemals schuld an irgendetwas sein; und selbst wenn, stellt sich die Frage, wer dann dazu berechtigt sein sollte, solch"höhere Wesen" zu beurteilen - andere Einzelpersonen etwa? ;-)
Wenn nun die Schuld bzw. die Verantwortung für jeden Einzelnen individuell betrachtet werden muss, so stellt sich schnell heraus, dass in Wahrheit überhaupt niemand für irgendetwas in diesem System verantwortlich ist: Denn die Stimme des Einzelnen ist so minderwertig, so unausschlaggebend, wie der sprichwörtliche Tropfen auf den heissen Stein. Die einzelne Stimme geht inmitten der Millionen anderen völlig unter; sie wird zwar gezählt, aber sie gab noch nie den Ausschlag - keine einzige! Und selbst den unwahrscheinlichen Fall, SPD und CDU hätten mal nur eine Stimme Unterschied - welche Stimme hätte dann"den Ausschlag gegeben"? Die zuletzt gezählte? Diejenige, wo sich der betreffende Wähler als Letzter entschieden hat? Oder doch alle miteinander? ;-)
Nein, keines von alldem. Der Einzelne ist nicht für das Lotto-Ergebnis einer bundesweiten Wahl verantwortlich zu machen. Nur für seine eigene Stimme, und die hat letztlich nicht viel mehr Bedeutung als ein Fliegensch... ;-) - wie zu beweisen war.
Der Einzelne ist hingegen dann verantwortlich, wenn er dem Abstimmungsmodus, also den Rechtsnormerzeugungsnormen, frei von Gewalt, Täuschung und List zugestimmt hat. Davon kann aber in der sogenannten"Demokratie" nun wirklich nicht die Rede sein.
Fazit:
Wenn sich nun jemand darüber aufregt, dass Politiker in Wahrheit nie wirkliche Verantwortung übernehmen (ein bloßer Rücktritt ist doch geradezu lächerlich! ;-) - kann denn ein normaler Bürger vor Gericht von seinen Missetaten einfach"zurücktreten"? ;-)), sollte sich dieser jemand mal überlegen, ob dies vielleicht mit dem (Wahl)System zusammenhängt... ;-) Als nächstes sollte man sich überlegen, wer diese Regeln denn erlassen hat - und auf welcher Grundlage. Irgendwann kommt man dann an den Punkt, wo man feststellen muss: Es ist leider letztlich alles nichtig. Diejenigen, die das GG usw."erlassen" haben - und zwar ohne die geringste, reale Grundlage - sind lange tot, und können deshalb nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden. Und alle Nachfolger haben sich ganz einfach daran gehalten, was"eben galt" - also sind auch sie nicht verantwortlich.
Frei nach Popper haben also wirklich alle genau die Welt, die sie am liebsten haben: Niemand ist für nichts verantwortlich. Der Politiker nicht, der einzelne Unterworfene nicht. Also niemand.
Wie sollte man denn auch die Verantwortung für Leute übernehmen, die man noch nicht einmal kennt? Das gilt für alle Beteiligten gleichermaßen. Auf verschlungenen Umwegen ist also der libertäre Idealzustand in Wahrheit ständig und ohne Unterbrechung IMMER vorhanden:
Jeder ist und bleibt nur für sich selbst verantwortlich. ;-))) Dies aber in vollem Umfang.
Gruß, silvereagle
<ul> ~ Der Stein des Anstosses</ul>

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