- OT: Ein beinahe vergessener Aufsatz von Daniel Bernoulli (1700-1782) - Popeye, 04.12.2002, 18:22
- @Popeye: Re Daniel Bernoulli - So langsam hast Du alle Anmerkungen aus dem - Galiani, 04.12.2002, 22:34
- Re: @Popeye: Re Daniel Bernoulli - So langsam hast Du alle Anmerkungen aus dem - Popeye, 04.12.2002, 22:46
- @Popeye: Re Daniel Bernoulli - So langsam hast Du alle Anmerkungen aus dem - Galiani, 04.12.2002, 22:34
OT: Ein beinahe vergessener Aufsatz von Daniel Bernoulli (1700-1782)
-->[Specimen Theoriae novae de Mensura Sortis: CP V, 1730/31 (1738), pp. 175-192 -
[Deutsche Ăbersetzung von A. Pringsheim in:] Die Grundlage der modernen Wertlehre: Daniel Bernoulli, Versuch einer neuen Theorie der Wertbestimmung von GlĂźcksfällen, Leipzig: Duncker & Humblot, 1896, pp. 21-60 - [English translation by L. Sommer:] Exposition of a New Theory on the Measurement of Risk: Econometrica 22, n°.1 (January, 1954), pp. 23-36 Werke 2, pp. 223-234.]
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Daniel Bernoulli wurde am 8. Februar 1700 in Groningen (NL) als Sohn von Johann Bernoulli geboren und gewann zehnmal den Preis der Pariser Akademie der Wissenschaften. Er starb am 17. März 1782 in Basel.
Daniel Bernoulli schrieb in Petersburg 1730/1 einen kaum 20-seitigen Aufsatz, der - unbeabsichtigt - zu einem Meilenstein in der der Ă-konomie wurde und dessen Bedeutung fĂźr die Ă-konomie erst sehr viel später erkannt wurde. Daniel Bernoulli gehĂśrte einer Gelehrtenfamilie an, der Ăźber mehr als zweihunderte Jahre eine ununterbrochene Reihe hervorragender Wissenschaftler entsprangen.. Lebensläufe der wichtigsten Bernoullis.
Daniel Bernoullis fraglicher Aufsatz beschäftigt sich mit einer Frage der Wahrscheinlichkeitsrechnung, die unter dem Schlagwort <a href=http://www.mathematik.com/Petersburg/Petersburg.html> St.Petersburger Pardox</a> in der Theorie der Wahrscheinlichkeitsrechnung bekannt ist. [Aber: The term ST. PETERSBURG PARADOX was coined by d'Alembert, who received a solution by Daniel Bernoulli in 1731
and published it in Commentarii Akad. Sci. Petropolis 5, 175-192 (1738). The originator of the St. Petersburg paradox was Niklaus Bernoulli. (Jacques Dutka,"On the St. Petersburg paradox," Arch. Hist. Exact Sci. 39, No.1, 1988) <a href=http://mail.mcjh.kl.edu.tw/~chenkwn/mathword/s.html> Quelle</a>]
Auf dem Weg zu der von ihm vorgeschlagenen LĂśsung fĂźr dieses Problem der Wahrscheinlichkeitsrechnung berĂźhrt Bernoulli zwei Bereiche der Ă-konomie und hinterläĂt - eher beiläufig - dauerhafte Spuren:
"...es ist hier nämlich der Wert einer Sache nicht aus ihrem bloĂen Preise (Geld- oder Tauschwert) zu bestimmen, sondern aus dem Vorteil, den jeder einzelne daraus zieht. Der Preis (Geld- oder Tauschwert) bestimmt sich aus der Sache selbst und ist fĂźr alle gleich; der Vorteil aber hängt von den Verhältnissen des Einzelnen ab. So muĂ es zweifellos fĂźr einen Armen mehr wert sein, tausend Dukaten zu gewinnen, als fĂźr einen Reichen, obschon der Geldwert fĂźr beide der gleiche ist." (Pringsheim, S. 26)
(FĂźr die vielen Lateinliebhaber im Forum der Originaltext:"...nempe valor non est aestimandus ex pretio rei, sed ex emolumento, quod unusquisque inde capessit. Pretium ex re ipsa aestimatur omnibusque idem est, emolumentum ex conditione personae. Ita proculdubio paperis magis refert lucrum facere mille ducatorum diuitis, etsi pretium utrique idem sit.")
Damit war das sog. 1. Gossen'sche Gesetz erstmals klar formuliert. In Tabelle VII des Anhangs im Original (S. 32 der Pringsheim Ăbersetzung) erläutert Bernoulli dann an Hand einer eindeutigen Graphik (angeblich die erste Graphik der Ă-konomie) den abnehmenden Grenznutzen des Geldes.
Bernoulli hatte Vorläufer - u. A. Aristoteles, Thomas von Aquin, Buridanus, einige Autoren der Schule von Salamanca (z.B. Azpilcueta) ebenso wie Autoren der âItalienischen Schule' (z.B. Lottini) haben sich mit dem Wert (Preis) und Nutzen eines (zusätzlichen) Gutes befasst. Aber es war Bernoulli, der den Zusammenhang erstmals präzise formulierte.
Nach Bernoulli, wurde die Theorie des Grenznutzens u.a. von Galiani, Bentham, Turgot, William F. Lloyd und vor allem in der 2. Hälfte des 19.Jh. von Dupuit, Gossen, Menger Jevons und Walras verfeinert und zu einem zentralen Instrument der wirtschaftlichen Analyse perfektioniert.
Der zweite Meilenstein, den Bernoulli in seinem kurzen Aufsatz fĂźr die Ă-konomie setzt ist die theoretische Verbindung von Risiko und Nutzen, die erst in der ersten Hälfte des 20. Jh. wieder von den Proponenten der Spieltheorie insbesondere von John v. Neumann und Oskar Morgenstein in ihren berĂźhmten Buch âTheory of Games and Economic Behavior', Princeton, 1947, aufgegriffen wird.
(Gewarnt durch einschlägige Erfahrungen im Forum mit Spielen, die sich mit Wahrscheinlichkeitstheorie befassen, wßrde eine ausfßhrlichere Erläuterung dieses Meilensteines die Vorstellung der Spielregeln des Petersburger Spieles im Detail erfordern. Das mÜchte ich vermeinden.
Ersatzweise wird folgender <a href=http://plato.stanford.edu/archives/win1999/entries/paradox-stpetersburg/> Link und weitere Links auf der gleichen Seite </a> angeboten.)
(Lesehinweis: Wer sich mit der (zum Teil tragischen) Geschichte der Grenznutzentheorie befassen will dem sei folgendes (schwer erhältliches) Buch empfohlen:
Emil Kauder, A History of Marginal Utility Theory, Princeton, 1965; einen guten Ăberblick bietet auch folgender <a href=http://homepage.newschool.edu/het/> Link</a>.

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