- Wie beurteilt ein namhafter Experte das Phänomen"Erfinder"? - dottore, 05.12.2002, 11:14
- Sehr präzise Beobachtung - nota bene! (owT) - JN++, 05.12.2002, 11:26
- Re: Wie beurteilt ein namhafter Experte das Phänomen"Erfinder"? - Miesespeter, 05.12.2002, 11:56
- Re: Wie beurteilt ein namhafter Experte das Phänomen"Erfinder"? - Zwackelmann, 05.12.2002, 12:09
- Interessante und zutreffende Beobachtung - Miesespeter, 05.12.2002, 14:11
- Re: Eine geschickte Lüge klingt immer besser als die komplizierte Wahrheit - Inventor, 05.12.2002, 16:55
- Re: Wie beurteilt ein namhafter Experte das Phänomen"Erfinder"? - Zwackelmann, 05.12.2002, 12:09
- Re: Sie sind ein geschickter Lügner Herr dottore! - Inventor, 05.12.2002, 15:53
- ohne dem Erfinder zu nahe treten zu wollen: Gehört dottore nun zur Verschwö... - igelei, 05.12.2002, 16:01
- Re: bilden Sie sich Ihr eigenes Urteil. - Inventor, 05.12.2002, 16:12
- Re: Sie sind ein geschickter Lügner Herr dottore! - dottore, 05.12.2002, 19:25
- ohne dem Erfinder zu nahe treten zu wollen: Gehört dottore nun zur Verschwö... - igelei, 05.12.2002, 16:01
- Einspruch, ich weiß nicht mehr wie der Erfinder hieß, - LenzHannover, 06.12.2002, 00:44
- Re: Einspruch, ich weiß nicht mehr ** Bäckermeister aus Hannover - Herbi, dem Bremser, 06.12.2002, 00:56
- Re: Einspruch, ich weiß nicht mehr ** Bäckermeister aus Hannover /Tipp - Herbi, dem Bremser, 06.12.2002, 01:04
- Das war er wohl und er hat einen ganz langen Kampf hinter sich, wobei - LenzHannover, 06.12.2002, 01:27
- Re: Einspruch, ich weiß nicht mehr ** Bäckermeister aus Hannover /Tipp - Herbi, dem Bremser, 06.12.2002, 01:04
- Re: Einspruch, ich weiß nicht mehr ** Bäckermeister aus Hannover - Herbi, dem Bremser, 06.12.2002, 00:56
Wie beurteilt ein namhafter Experte das Phänomen"Erfinder"?
-->Hi,
jemand von Rang und Namen lernt einen Erfinder X kennen, den er für"sehr interessant" hält. Er gibt ihm viel Geld.
Er gibt auch anderen Erfindern Geld, zwei seiner Projekte laufen sehr viel versprechend, sie schreiben bereits schwarze Zahlen, da sich Lizenznehmer gefunden haben und werden demnächst im größeren Stil vermarktet. Das wird die etabliserte Industrie ärgern und ihr schwer Konkurrenz machen. Die Person sagt:"Davon, dass die Industrie irgendwelche Erfindungen und ihre Markteintritt verhindern könnte, kann nirgends eine Rede sein. So etwas wie industrielle Verschwörungen zur Verhinderung bahnbrechender Neuerungen gibt es nicht."
Das Geld, der er Herrn X zukommen ließ, hat er inzwischen abgeschrieben. Was mögen seine Gründe sein?
1. Die Person des Erfinders. Sie hat sich in dem zugegebenermaßen umständlichen Prozess der weiteren Entwicklung der Erfindung bis hin zu deren Vermarktung als nicht kooperativ gezeigt. Erfindungen müssen jedoch in Teams weiter entwickelt werden und dazu war Herr X nicht bereit.
2. Da sich die Erfindungen des X nicht stante pede in großindustrielle Fertigung verwandeln lassen, beginnt dieser, nach Gründen zu suchen, die ihn am sofortigen und durchschlagenden Erfolg hindern. Er kommt schließlich auf verschiedene Verschwörungsvarianten, die sich allmählich bis hin zum Verfolgungswahn steigern, der mit immer abenteuerlicheren Details unterfüttert und weiter gesteigert wird.
3. Dabei wird das Ganze von einer"Geheimdienst-Verschörung" überhöht, womit eine Instanz ins Spiel gebracht wird, die nicht näher untersucht werden kann, womit sich objektive Überprüfungen der entsprechenden Behauptungen von vorneherein erledigen. Jede vernünftige Untersuchung und Beurteilung endet logischerweise, wenn die Behauptung aufgefahren wird,"dahinter" stecke der/ein Geheimdienst. Das Argument mit dem Geheimdienst ist weder zu verifizieren noch zu falsifizieren, weshalb es immer wieder aufgetischt wird. Das Gegenüber ist dem Argument gegenüber hilflos: Akzeptiert er es, wird er gelobt als jemand, der"es" endlich"begriffen" hat. Lehnt er es ab, gilt er als"Teil" der Verschwörung und wird in die Reihe der Bösewichte platziert, als"auch so einer" oder als einer, der von den Verschwörern gezwungen wurde, sich von seinem freien Willen und seiner freien Entscheidungsmöglichkeit zu verabschieden.
4. Bei der/den Erfindung(en) des Erfinders X wird wertvolle Zeit verloren und die Geduld jener, die sich für die Erfindung zunächst als Fertiger interessiert hatte, erlischt. Erfinder X. wird als extrem misstrauisch erkannt, als jemand, der ununterbrochen glaubt, jemand wolle ihn übers Ohr hauen. Es fehlt das zwischenmenschliche Give & Take, kurzum der Erfinder wird als nicht teamfähig angesehen.
5. Dann kommt hinzu das Patentproblem. Um ein Patent zu sichern (denn nur dann kann von Lizenzen gesprochen werden), muss es laufend mit namhaften Zahlungen aufrecht erhalten bleiben. Zeitraum 20 Jahre, danach ist das erste Patent ohnehin erloschen, weshalb das projekt durch ständig zusätzliche neue Patente gesichert werden muss.
6. Um eine Erfindung weiter zu entwickeln, bedarf es also laufend neuer Patente, um auch den wirtschaftlich eines Tages relevanten Folgeprozess rechtlich abzusichern. In einem der Erfolgsfälle, an der die Person beteiligt ist, haben sich aus dem Erst-Patent inzwischen 40 weitere Patente ergeben, die selbstverständlich zur Aufrechterhaltung entsprechende zusätzliche Mittel verschlingen.
7. Die endgültige Verwertung setzt Massenproduktion der betreffenden Teile voraus, um die economies of scale, die von der bereits etabliserten Fertigung genutzt werden, auszukonkurrieren.
8. Dies gilt umso mehr bei Hardware, bei der sich etwaige Neuerungen nur sehr langsam und herkömmlich nur marginal durchsetzen lassen, dies natürlich im Markt, der gewissen Trägheiten unterworfen ist ("was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht") und nicht von den auf den Markt als Letztentscheider angewiesenen Herstellern. Daher haben sich in den letzten Jahren revolutionäre Erfindungen eher im Software-Bereich durchgesetzt, da dort ein schnellerer Return zu erwarten war, der auch teilweise eingetreten ist (New Economy war nicht nur für den Müll).
9. In der Mechanik also muss mit relativ großen Zeitintervallen gerechnet werden, bis ein wirtschaftlicher Erfolg eintritt. Der übliche Zeitraum liegt bei 10 bis 15 Jahren. Dies erfordert Geduld und eine entsprechende psychische Bereitschaft bis hin auch zur Leidensbereitschaft, zumal sich immer wieder im Laufe der Vollendung des Produktes Rückschläge ergeben, die auf Stimmung und Gemüt drücken.
10. Bei extrem revolutionären Erfindungen, die sich gegen eingefahrene Herstell- und Vermarktungsprinzipien richten, die in allgemein bekannten Standards gefertigt werden, bedeutet deren Durchsetzung am Markt im Grunde nicht weniger, als dass ganze Industrien umschwenken müssten, was bei diesen natürlich entsprechende Kosten/Nutzen-Analysen verursacht, die aber erst angestellt werden, nachdem das neue, revolutionäre Produkt tatsächlich als Konkurrenz auf dem Markt erschienen ist.
11. Es ist ein Unterschied zwischen einem völlig neuen Produkt, das keine alten Produkte auszukonkurrieren droht und einem Produkt, das nichts anderes leistet als das, was bereits existente Produkte auch leisten. Letzteres hat nicht dieselben Markteintrittschancen, man vergleiche absolute Novitäten, wie Walkman oder Playstations mit der Verbesserung etwa der Empfangsgqualität etwa von TV-Geräten oder dem UMTS-System (sieht man von der dort möglichen Bildübertragung ab ist es ein Handy, das es als Handy, wenn auch in minderer Qualität bereits gibt und auf das notfalls verzichtet werden kann, sofern jemand nur über Handy telefonieren möchte).
12. Irgendwelche Gründe, die die Durchsetzung einer Erfindung verhindern und die außerhalb von Person und Charakter des Erfinders sowie der durchaus vorhandenen Willigkeit, vor allem der finanziellen potenzieller Lizenznehmer liegen, gibt es nicht. Die Vorstellung von"mutwilliger Erfindungsverhinderung" durch wen auch immer, gehört ins Reich der Märchen und nicht in die Realität der tatsächlich existierenden, auf Gewinn und wirtschaftlichen Erfolg arbeitenden Wirtschaft.
Die besagte Person ist von höchstem Renomée, er kennt auch den Erfinder X seit mehr als anderthalb Jahrzehnten. Er bezeichnet die technische Seite der Erfindungen als"durchaus sehr interessant", den Erfinder X jedoch, cum grano salis, als einen"psychisch kranken Menschen", der unter"Verfolgungswahn leidet". Solche Konstellationen seien recht häufig anzutreffen.
Dies als allgemeine Interpretation des Erfinderphänomens, die ich zur Kenntnis genommen habe, wobei ich ausdrücklich betonen möchte, dass ich aus dem einen Fall des Erfinders X keinerlei Rückschlüsse auf irgendwelche konkreten Personen, die hier in Erscheinung getreten sind, ableite.
Sapienti sat.
Gruß!

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