- Thema Crash ist wieder aktuell... - Frank1, 01.10.2000, 13:15
Thema Crash ist wieder aktuell...
Hier Artikel Nr. 2 der Sonntagszeitung (CH) von heute:
Die Angst vor dem Oktober-Crash
Der Oktober hat unter Börsianern einen schlechten Ruf - eher zu Unrecht, wie Statistiken zeigen
Zürich - Börsianer lieben Mark Twain. Denn der amerikanische Journalist und Autor fasste trefflich in Worte, was die Investoren aller Länder derzeit mit bangen Vorahnungen erfüllt: «Der Oktober. Das ist einer der besonders gefährlichen Monate, um mit Aktien zu spekulieren.» Auch wenn der notorisch von Geldsorgen geplagte Twain gleich hinzusetzte, dass auch Juli, Januar, September, April, Mai, März, Juni, Dezember, November, August und Februar durchaus gefährlich seien, gilt es in Investorenkreisen als ausgemacht: Der Oktober hat das grösste Potenzial zum Crash-Monat.
Beispiele für diese saisonale Börsentheorie sind schnell zur Hand. Der grösste Börsencrash der Geschichte, dem eine weltweite Wirtschaftskrise folgte, nahm mit dem «Black Friday» vom 29. Oktober 1929 seinen Anfang. 1987 erschütterte der «Blue Monday» die Börsenwelt. Die Kurse an der Wallstreet fielen derart dramatisch, dass der Handel zum ersten Mal in der Geschichte der New Yorker Börse unterbrochen werden musste. Der Crash begann am 19. Oktober. Obwohl die damals dramatischen Kurskorrekturen auf langfristigen Kursgrafiken lediglich einen kleinen, aber scharfen Zacken ausmachen, sitzt der Schock jener Tage vielen Börsianern noch in den Knochen - und regelmässig gegen Ende September keimt die Angst vor einem neuen Oktober-Crash.
Die Macht der Börsenpsychologie erfuhr diese Woche CS-Chef Lukas Mühlemann. Börsenhändler - in der nachrichtenarmen Zeit nach den Halbjahresabschlüssen geradezu begierig auf News lauernd - interpretierten eine Äusserung Mühlemanns an der Generalversammlung der Grossbank als Gewinnwarnung. Da half den Bankern alles nachträgliche Dementieren und Ins-richtige-Licht-Rücken nichts mehr: Der Kurs der CS stürzte ab und schloss um 6,2 Prozent tiefer. Noch brutaler ging die herbstliche Investorengemeinde mit Apple um. Der Computerhersteller warnte, der Unternehmensgewinn könnte «deutlich niedriger» ausfallen als erwartet. Die Börse quittierte diese Nachricht mit einer glatten Halbierung des Kurses der Apple-Aktie.
Die Nerven liegen auch vor diesem Oktober also wieder einmal blank. Dabei hat der Monat seinen schlechten Ruf zu Unrecht, wie eine Studie der ZKB jetzt zeigt. Die Analysten der ZKB haben die Monatsentwicklungen der im Swiss-Performance-Index (SPI) enthaltenen Aktien seit 1988 untersucht. Resultat: Der schwächste Monat war der August, der zweitschwächste der September. Als performancestärksten Monat machten die ZKB-Analysten den Dezember aus. Mit 1,82 Prozent Zuwachs liegt der viel geschmähte Oktober auf Rang 7 der Monatshitparade. Immerhin noch ein ganzes Stück vor dem März (+1,14 Prozent), während dem man - der alten Börsianerregel «Sell in May and go away» folgend - investiert sein sollte.
Die ZKB-Statistik ist allerdings insofern verzerrt, als sie nur die Jahre nach dem Oktober-Crash von 1987 berücksichtigt. Langfristig fuhr in der Vergangenheit tatsächlich besser, wer sich beim Investieren an den Jahreszeiten orientierte und den Oktober ausklammerte. Wer 1950 für 10 000 Dollar in den Dow Jones Industrial investierte und jeweils nur von November bis April an der Börse blieb, kann heute über das Sümmchen von 464 000 Dollar verfügen. Auf nur gerade 20 700 Dollar bringt es, wer das Investment jeweils von Mai bis Oktober hielt.
Nur: Das ständige Kaufen und Verkaufen hätte beim saisonalen Investor einen schönen Teil des Buchgewinnes in der Form von Bankenkommissionen weggefressen. Und letztlich sind auch statistisch gewiefte Halbjahresinvestoren nicht gegen die Unwägbarkeiten der Finanzmärkte gefeit. Gefährlich ist an der Börse nämlich nur eine Jahreszeit: das ganze Jahr.
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