- Nochmalig zu EU und Beitrittskandidaten - Turon, 12.12.2002, 11:20
- Re: Nochmalig zu EU und Beitrittskandidaten - Miesespeter, 12.12.2002, 12:44
Nochmalig zu EU und Beitrittskandidaten
-->Scheinbar bekommt man hier gar nichts mit, wie die Regierungen der Beitrittskandidaten auf die Angebote der EU reagiert haben.
Man ist zwar daran also interessiert der EU beizutreten, allerdings sind die Bedingungen des Beitritts, die von der EU den Kandidaten unterbreitet worden sind, schlicht und einfach nicht ausreichend.
Wie schon mal erwähnt, soll Polen in wenigen Jahren, zu sog. Nettozahler der
Union werden - dagegen wäre ja natürlich nichts einzuwenden, wenn man davor
notwendige Investitionen tätigen würde.
Die Angebote der EU reichen aber noch nicht mal ansatzweise dafür aus, um
andere Forderungen zu erfüllen, die von der Union vermerkt wurden.
Darunter ist Folgendes zu verstehen. Polen soll 17 von 20 Kohlegrubben
schließen. Das bedeutet für schlesische Region alleine einen Verlust von
insgesamt 170.000 Arbeitsplätze (direkt) und schätzungsweise weiteren 100.000
(indirekt). Schlesien als Region wird quasi europaweit mit diesem Schritt
absolut bedeutungslos.
Nach Berechnungen eines führenden polnischen Wirtschaftsinstituts wird unter diesen Voraussetzungen Polen zu Stahlimporteur mutieren (was bereits jetzt
schon der Fall ist).
Noch dramatischer ist die Lage in der Landwirtschaft. Etliche Landwirte
(mehr als 50%) erscheinen in dem vorgestellten Papier als künftige Pleitekandidaten.
Der Gewinn dieser Unternehmen wurde pauschal berechnet.
(Pro Quadratmeter).
Ein Bauer mit einer Bewirtungsfläche von 20 Ha erwirtschaftet heutzutage
etwa 6 Zloty Gewinn pro Quadratmeter. (Darunter arbeiten pauschal alle mit
Verlust). Landwirtschaften mit etwa 20 bis 50 Ha erwirtschaften derzeit Gewinne
in der Höhe von etwa 33 Zloty pro Quadratmeter.
Landwirtschaften ab 200 Ha bis 500 Ha erwirtschaften derzeit einen Verlust von etwa 2 Zloty pro Quadratmeter - allerdings sind es die wenigsten.
Nach dem Beitritt Polens zu der EU soll alles anders werden. Landwirtschaften
ab 200 Ha werden von der EU gefördert, alles was darunter ist soll nur eingeschränkt gefördert werden. Etwa 80% der EU Beihilfen sind aufgrund der
Größe und technischer Ausstattung"förderungswürdig".
Nach dem Vollzug des Beitritts werden also die Großen subventioniert und werden
die Preise diktieren, (Subventionen werden gar dafür gezahlt, damit diese Unternehmen nicht mehr wachsen).
Als Ziel sollen die Großbauern etwa 20 zl pro Quadratmeter an Gewinn erwirtschaften können, bei allen anderen kann man sich auf Verluste in Höhe
20 zl pro Quadratmeter einstellen, und mehr.
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Unterm Strich zeichnet sich dieses Bild nicht nur in Polen ab, sondern auch
in Ungarn, Tschechien etc. Es gibt desweiteren massive Proteste in diesen Ländern - es ist nicht ausgeschlossen, daß diese bis zum Jahr Mai 2004
zu Massenbewegungen mutieren werden.
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Der Tenor:
EU will sich seine östliche Nachbarn einverleiben, um die Altschuldenlast der
Franzosen und der Deutschen auf mehrere Schulter zu verteilen, zumal man dort drüben sich der Tatsache bewußt ist, daß die Länder der Mitteleuropa genau das zu bieten haben, was gemilde gesagt es in Deutschland und Frankreich nicht mehr in dieser Form gibt.
Niedriger privater Schuldenstand, bei der Bevölkerung - und außerdem ist diese
Bevölkerung dazu im Vergleich zu Deutschland sehr jung. Die Maßnahmen die die EU von diesen Ländern fordert sind darüberhinaus mehr als eindeutig - Beitrittskandidaten aus Mitteleuropa sollen nach dem Wunsch der Union dem Fertigungsprozess in der ehem. G6 gar nicht mehr"stören". Sie sollen lediglich
nur noch Konsumenten werden.
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Es gibt daher derzeit direkt in polnischen Parlament zwei Meinungen zur EU.
Die Regierung wie auch Opposition fordert von den Unterhändlern mehr Durchsetzungskraft und Verhandlungshärte, da gegenwärtige Bedingungen für Polen nur gravierende Nachteile bedeuten. Immerhin rückte bereits Blair ein, und hat den Polen zugesagt, daß Polen mit dem Beitritt zur EU sofort (und nicht wie geplant, erst später) Arbeitsfreizügigkeit erhalten werden.
Schröderbaby dagegen zeigte sich nahezu empört, daß Polen überhaupt wagte, an
seinen Vorschlägen rumzumeckern. Andere Staaten dagegen waren lediglich nur"verwundert".
Für den polnischen Ministerpräsidenten sind derzeitige Bedingungen des Beitritts
soweiso nicht ausschlaggebend. Er führte in seine Rede auf, daß es für Polen derzeit kaum eine andere Alternative gibt, daß der Einigungsprozess in Europa
nicht etwa als Geschenk an Polen sei, oder endgültige Entschädigung für das Leid
was den Polen im zweiten Weltkrieg widerfahren ist, und ebenso ist die EU für heutige Beitrittskandidaten nicht wie früher für strukturschwache Länder, so etwas wie"Arbeiterwohlfahrt" zu verstehen.
Wer Luxus haben will, wird dafür künftig noch mehr arbeiten müssen, und wer sich nicht anstrengen will, wird wesentlich eher verarmen als es jetzt schon der Fall sei.
Dennoch - er bat die Bevölkerung zu bedenken (denn bei uns wird es zu diesem Thema auch noch Wahlen geben) - daß für den Beitritt Polens zur EU zwei Gründe
sprechen.
a) die Sicherheit des Landes wird dadurch gestärkt, da Polen ja sowohl zu NATO wie auch zu EU gehört;
b) Zu den Konditionen des Beitritts führte er auf, daß bei dem geforderten späteren Beitritt, ein markanter Grund spricht. Wenn Polen sich für den späteren Beitritt entscheidet, werden die Bedingungen schon alleine deswegen
schlechter werden, weil er dann mit anderen Ländern zusätzlich verhandeln muß,
wie etwa Malta, Tschechei, Ungarn also zusätzlich weitere 9 schwache EU Länder.
In diesem Punkt gebe ich ihm Recht.
Fortsetzung folgt später.
(Ich würde mir wünschen einige Kommentare Eurerseits - zu diesem Thema vorzufinden.)
Gruß.

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