- literarischer? gehässiger Beitrag zur Steuerdebatte und zur Gerechtigkeit - Baldur der Ketzer, 12.12.2002, 18:20
- Feiner Beitrag:-) - stocksorcerer, 12.12.2002, 19:15
literarischer? gehässiger Beitrag zur Steuerdebatte und zur Gerechtigkeit
-->.........es war einmal eine gesunde, glückliche Familie.
Die wohnte in einem idyllischen kleinen Häuschen, das die Großeltern vor langer Zeit gebaut und es ihnen später vererbt hatten.
Vater ging morgens zur Arbeit, dann fuhr er nach deren Ende noch bei Freunden vorbei, um ihnen zur zeite zu stehen bei deren Hausbau (denn sie hatten ihm auch geholfen), und abends besuchte er noch die Abendschule, damit er beruflich weiterkam. Am Wochende fuhr er in das kleine Wäldchen, das noch von Opa war, und machte Holz für den Winter.
Mutter war eine liebe Frau, die sich rührend um die Kinder kümmerte, sie brachte sie morgens in die Schule und holte sie mittags wieder ab, machte mit ihnen Hausaufgaben, erledigte den Schreibkram ihres Mannes, und nebenbei verkaufte sie Plastikhaushaltswaren und machte Fußpflege und Kosmetik.
Das Söhnchen war ein fixes Kerlchen, er bastelte gerne, kümmerte sich für Taschengeld um die Stallhasen des alten Nachbarn, führte die Hunde der alten Dame von gegenüber spazieren, lernte Musikinstrumente zu spielen, kümmerte sich um die Hühner, die im Garten herumliefen, und machte seinen Eltern Freude. Wenn noch Zeit blieb, ging der dem Dorfschlosser zur Hand.
Auch das Töchterchen machte den Eltern Freude, sie war den Kindern ihrer Klasse weit voraus, machte bei *Jugend forscht* mit, verdiente sich ihr Taschengeld durch Babysitten bei Bekannten und Nachbarn, half ihrer Mutter im Kosmetikstudio. Auch um das Gemüsebeet kümmerte sie sich mit Hingabe, denn Pflanzen mochte sie sehr.
Damit war diese Familie sehr glücklich, sie hatten ein herzliches Einvernehmen miteinander, und sie lebten gerne.
Eines Tages, es war wohl im Winter, läutete ein Mann an der Tür, der mit einem LKW und einem Anhänger vorgefahren war und sich als Beamter vom Heizungsamt ausgab: bei Euch raucht der Schornstein, also habt ihr Holz, aber es gibt Leute, die keines haben, gebt mal sofort zwei Ster ab .
Der Bauer wurde von einem Mann in einem weißen Kittel verdrängt, der sich als Arzt vom Gerechtigkeitsgesundheitsamt ausgab und sie aufforderte, sofort zum Blutspenden zu kommen, zwei Erwachsene und zwei Kinder ergeben anderthalb Liter Blut, und das könnten sie ruhig abgeben.
Nachdem auch jeder von ihnen zwei Augen und zwei Nieren hätte, sowie gesundes Knochenmark und intakte Lebern, seien sie gehalten, sich eine freiwillige Transplantationsabgabe zu überlegen, bevor das amtlich verordnet werden müßte; kämen sie freiwillig, bekämen sie immerhin eine Anstecknadel für ihre Spende.
Wie kaum zu erwarten, kam noch ein Gesandter vom Amt für Futterversorgung und forderte ein paar Hühner als Futterspende für die Polizeihundstaffel.
Plötzlich erschien eine resolute Frau hinter dem Doktor, die sich als vom Jugendamt kommend vorstellte und forderte: ihr habt zwei Kinder, aber es gibt so viele Kinderlose, gebt mir ein Kind mit, ihr habt ja noch eines!
Es wird niemanden mehr wundern, daß ihr der Mann vom Einquartierungsamt fast ins Wort fiel und die Räumlichkeiten besichtigen wollte, weil es nicht sozialverträglich sei, daß sie das Häuschen alleine bewohnen würden, zumal sie ja nirgends Miete zahlen müßten. Sie hätten sich mit der Mansarde zu begnügen, der Rest werde jetzt vergesellschaftet.
Das Gemeindeamt zwangsverpflichtete den Vater zum solidarischen Straßenmüllentsorgen, die Mutter wurde zum freiwilligen Gärtnerbereitschaftsdienst verpflichtet, den Sohn berief die Solidararmee ein, und die Tochter schickte man zwangsweise in die Sozialstation zum Putzen der Sanitärräume von Wohncontainersiedlungen.
Der Steuereintreiber stellte fest, daß sie alle ja Nebenbeschäftigungen ausübten, so daß das Haupteinkommen des Vaters zur Ernährung der Familie gar nicht notwendig sei und es somit der Belastbarkeits-Solidarumlage unterliege, was eine zusätzliche Umverteilungsheranziehung von 33 1/3% bedeute, die er zum Allgemeinglück beitragen dürfe.
Außerdem gebe es jetzt eine Hauseigentümerbeitragspflicht, er müsse drei Monatsgehälter pro Jahr abführen zugunsten des kommunalen Wohncontainerbeschaffungsfonds, und könnte er das nicht, würde das Häuschen gepfändet und versteigert.
Für die Klavierstunden des Sohnes müßte eine Kulturförderungsabgabe entrichtet werden, für die Babysitterstunden der Tochter eine ERziehungsausbildungvergütung, und die Tätigkeit der Mutter als Tapperwähr-Verkäuferin würde eine Nebengewerbe-Sondersteuer für Mehrfachverdiener auslösen, die bei 49% des den sozialen Grundbetrag übersteigenden Betrages, welcher sich nach Anlage 7 Buchstabe b Nummer 4 der Verordnung zur Sicherstellung der staatlichen Aufgaben durch erweiterte Gerechtigskeitsdurchsetzung in der Fassung vom 29.Februar ergäbe.
Und als die Familie fassungslos auf die Nachbarn deutete, an denen die ganzen Amtspersonen achtlos vorbeigegangen waren, zuckten die Eintreiber bloß mit den Achseln.
Denn diese Familie war anders, sie wohnten in einem gemeindeeignenen Container, nein, in einer Containeranlage eben, der Vater seit Menschengedenken arbeitslos, plärrte in der Gegend herum, wenn er besoffen war, und das war praktisch immer, die Mutter stand erst nachmittags auf und soff dann mit ihrem Alten um die Wette, deren Sohn klaute in der ganzen Gegend und war ein gefürchteter Schläger, und die Tochter ging auf den Drogenstrich, weswegen sie kaum nach Hause kam.
Der Container war heruntergekommen, der Garten verwahrlost, und statt in den Sanitärcontainer gingen sie in die Küche über den Spülstein. Müllgebühren zahlten sie nicht, denn sie warfen den Müll der Einfachkeit halber schlicht über den Gartenzaun auf die Straße.
Was solle man von denen schon holen?
Nein, das Holz würde vielmehr an sie, die Nachbarn, rübergehen.
Das Blut brauche man für die nächste Bluttransfusion, wenn der Schreihals wieder mit Biergläsern in der Küche geschmissen und sich daran geschnitten hätte.
Eine Augenhornhaut sei für seine Frau gedacht, weil sie nach dem letzten Fausthieb im Streit erblindet sei, die Tochter hätte durch die Drogenkarriere kaputte Nieren und bräuchte eine Spenderniere, der alte Säufer bräuchte wegen der Leberzirrhose ein Stück Spenderleber, das Knochenmark sei für den Sohn gedacht, weil der einmal am Schrottplatz einen Metalltresor mitgenommen und im Garten aufgebrochen hatte, ohne auf das Strahlungs!-Emblem zu achten, er wußte ja nicht, was das war, denn er konnte weder schreiben noch lesen, weil er schon in jungen Jahren die Schule schwänzte und die Lehrer verdrosch - und jetzt sei sein Blutbild kaputt.
Und einquartiert würde der Bruder des Nachbarn mit seiner Familie, die genauso hilfsbedürftig sei und eben ein Dach über dem Kopf benötige, Container seien keine mehr da.
Da wußte Vater, Mutter, Tochter und Sohn keinen Rat mehr. Und kamen sich vor, als seien sie in einem Land mit Namen Perversistan.
Ob das nur ein böser Alptraum war?

gesamter Thread: